Breitbart News Network Extrem rechts – und extrem erfolgreich

Donald Trump hat seinen Wahlerfolg in den USA auch der rechtskonservativen Website „Breitbart News Network“ zu verdanken. Nun will die Nachrichtenseite auch in Deutschland und Frankreich im Wahlkampf mitmischen.

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Nach den Ereignissen in der Silvesternacht in Köln legte Breitbart den Deutschen nahe, die Zurechnungsfähigkeit Angela Merkels in Frage zu stellen. Quelle: Screenshot

New York Empfängnisverhütung macht Frauen hässlich und verrückt, Feminismus ist eine Krankheit, Politiker verschleiern muslimische Vergewaltigungspraktiken: Diese und ähnliche Behauptungen prägen eine von Amerikas erfolgreichsten Nachrichtenseiten: Breitbart News Network. Zum bevorstehenden Wahljahr in Deutschland und Frankreich will das rechtskonservative Medium Europas Leser erobern.

Der Name ist nicht mehr ganz unbekannt, denn gerade hat Donald Trump den Kopf der rechtskonservativen Website Breitbart, Stephen Bannon, als zukünftigen Chefstrategen ausgerufen. Der „Trump-Flüsterer“, wie ihn die US-Medien nennen, hatte im August den Wahlkampf des künftigen Präsidenten übernommen. Seitdem ist er zwar aus dem aktiven Tagesgeschäft ausgeschieden, bleibt aber weiterhin Vorstandsvorsitzender.

Seine Seite machte er der Einfachheit halber schon vor Monaten zum verlängerten Arm der Trump-Kampagne. Die Wahlkampftasse mit zwei Motiven auf Vorder- und Rückseite ist denn im hauseigenen „Breitbart-Shop“ auch ausverkauft. Entkoffeiniert steht über dem Konterfei von Hillary Clinton, „schwach und bitter“ darunter. Auf der anderen Seite lächelt Trump hingegen „mutig und entschieden“.

Als Andrew Breitbart die Website vor neun Jahren gründete, begann sie als antiautoritäre, rechtspopulistische Kritik an „denen da oben“, die die „echten Amerikaner“ hinters Licht führten, mit „Big Government“, „Big Hollywood“ und „Big Media“. Dabei richtete sie sich nicht nur gegen die Demokraten – Breitbart stürzte den Kongressabgeordneten Anthony Weiner, als er dessen anzüglichen Tweet veröffentlichte –, sondern auch gegen etablierte Republikaner. Und verkörpert damit all das, was Trump für sich im Wahlkampf zu nutzen wusste.

Andrew Breitbart starb 2012 an einem Herzinfarkt und Bannon rückte nach. Unter seiner Führung zeigt sich die Seite heute offen sexistisch, rassistisch und noch deutlich rechter als der konservative Nachrichtensender Fox News. Breitbart News Network wird heute der sogenannten Alt-Right zugerechnet, einer Bewegung aus jungen weißen Rechten, denen der „Mainstream-Konservatismus“ nicht weit genug geht. Überschriften wie „Es gibt keine Vorurteile gegen Frauen in technischen Berufen. Sie sind einfach scheiße in Interviews“, sind da keine Seltenheit.

Seit seiner Gründung hat Breitbart eine beachtliche Entwicklung hingelegt. Es besitzt ein US-weites Netzwerk mit Büros in New York, Los Angeles und Texas. Im Oktober gab die Website an, mit 37 Millionen Besuchern einen neuen Höhepunkt erreicht zu haben und rückt damit auf eine Ebene mit den Online-Auftritten der TV-Riesen ABC und CBS. Etwa 75 Mitarbeiter hat das Unternehmen, mittlerweile auch in London und Jerusalem. Jetzt sollen Deutschland und Frankreich dazukommen.


Die AfD reibt sich die Hände

Alexander Marlow, Breitbarts Chefredakteur, legte seine Expansionspläne kürzlich in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters offen. Vor allem wegen der bevorstehenden Wahlen wolle man in Deutschland und Frankreich aktiv werden. 2017 stehen in Frankreich Präsidentschaftswahlen an, in Deutschland wird ein neuer Bundestag gewählt.

In welche politische Richtung die Berichterstattung gehen wird, daran ließ er keinen Zweifel. Breitbart werde in Frankreich die Kandidatur Marine Le Pens und der rechtsnationalen Front National unterstützen.

Ziel sei es, gewählte rechtspopulistische Politiker in beiden Ländern zu unterstützen. Mit der Alternative für Deutschland (AfD) wäre auch in hier ein entsprechender Kandidat gefunden. Die freut sich derweil schon auf Twitter: „#Breitbart kommt nach Deutschland. Fantastisch! Das gibt ein Erdbeben in unserer verkrusteten Medienlandschaft“, schreibt die Heidelberger AfD.

„Da ist einfach eine unterversorgte Leserschaft. Es sind dieselben Menschen, die schon in Großbritannien und in den USA ignoriert worden sind“, sagte der 30-Jährige. Von Deutschland und Frankreich, wo die Unterstützung für nationalistische und rechtspopulistische Parteien wächst, erhoffen sich die Breitbart-Macher viele neue Leser.

Wie gut diese Strategie aufgehen kann, hat Breitbart in London bewiesen. Je populärer der Brexit wurde, desto mehr Menschen besuchten die Website. 2013 entschied sich Bannon für den jungen, konservativen Aktivisten Raheem Kassam, um die britische Ausgabe zu unterstützen. Nach einer kurzen Auszeit, in der er Nigel Farage während seiner Brexit-Kampagne beraten hat, ist der junge Brite mittlerweile Chefredakteur für Breitbart in London und Mitglied der nationalkonservativen Ukip-Partei – mit Ambitionen, in die Führungsebene aufzusteigen.

Am 23. Juni 2016 hat Großbritannien für den Austritt aus der Europäischen Union gestimmt. Es war der Tag, an dem Breitbart laut eigener Aussage die meisten Klicks bekommen hat, sowohl in Großbritannien als auch in den Vereinigten Staaten. Mit Deutschland befasst sich die populistische Seite schon jetzt ausgiebig. An ihrer Ausrichtung bleiben dabei kaum Zweifel.

Unter dem Schlagwort „Germany“ (Deutschland) erhält man aktuell (Stand: 15. November 2016) mehr als 89.000 Treffer. Viele Artikel beschäftigen sich mit Flüchtlingen und den laut Breitbart „überproportional hohen Kriminalitätsraten durch Migranten“, während deutsche Medien und Regierung sich nur auf „rechte Gewalt“ konzentrierten. Oder wie „blinde Eliten eine einst große Nation zerstören“ und Deutschland seine Bildungsstandards senke, um Flüchtlinge zu finanzieren. Nach den Ereignissen in der Silvesternacht in Köln legte Breitbart den Deutschen nahe, doch einmal die Zurechnungsfähigkeit Angela Merkels in Frage zu stellen.

Wann genau die rechtspopulistische Seite hierzulande an den Start geht, ist noch nicht bekannt. Gespräche mit möglichen Autoren soll es allerdings schon gegeben haben. Anfragen ließ der konservative Internetdienst unbeantwortet. Das deutsche Pendant, das Magazin Compact bestätigte allerdings, dass man bereits wegen einer Kooperation in Kontakt stehe.

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