Brexit-Debatte und Panama Papers Das englische Zugpferd lahmt

David Cameron braucht fünf Tage für das Geständnis, an der Offshore-Firma seines Vaters beteiligt zu sein. Das beschädigt den britischen Premier. In der Brexit-Debatte könnte ihn das teuer zu stehen kommen. Eine Analyse.

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Sein spätes Eingeständnis einer Beteiligung an Offshore-Geschäften bringt den englischen Premierminister in Bedrängnis. Quelle: dpa

London Großbritanniens Premier David Cameron hat im Kampf gegen den Austritt seines Landes aus der EU, der wohl größten Herausforderung seiner Amtszeit, schon länger ein Glaubwürdigkeitsproblem. Denn er hat in den vergangenen Jahren meistens nicht den Eindruck eines überzeugten Europäers gemacht, den er jetzt abzugeben versucht.

Sein Glaubwürdigkeitsproblem hat sich jetzt deutlich verstärkt, seitdem Cameron erst nach Tagen der ausweichenden Antworten am späten Donnerstagabend endlich zugegeben hat, dass er an der Offshore-Firma seines verstorbenen Vaters beteiligt gewesen war. Das kann in der Debatte gegen den Brexit, den Abschied Großbritanniens aus der EU, verheerende Wirkung haben. Schließlich ist Cameron das eigentliche Zugpferd der Brexit-Gegner.

Die Vorwürfe, von den Offshore-Geschäften seines Vaters möglicherweise profitiert zu haben, standen seit Anfang der Woche im Raum, seitdem eine Gruppe investigativer Journalisten die Panama Papers ausgewertet hat und die Ergebnisse publik machte.

Es wäre ein leichtes gewesen, die offenen Fragen schnell und umfassend zu beantworten. Doch Cameron lavierte und rückte nur scheibchenweise mit Informationen heraus. Nein, er profitiere derzeit nicht davon. Nein, er werde in Zukunft nicht davon profitieren. Bis schließlich der lang erwartete Satz kam: Ja, er habe in der Vergangenheit Anteile an der Firma seines Vaters besessen, die er allerdings 2010 verkauft und alle notwendigen Steuern gezahlt habe.

Warum brauchte der Mann fünf Tage für dieses Geständnis, wo er doch nichts Illegales getan hat? Der Mann, der sich auf die Fahnen geschrieben hat, für mehr Transparenz in den britischen Steueroasen zu sorgen wie Guernsey, Jersey & Co. und „moralisch inakzeptables“ Verhalten auszumerzen, wie er selbst mal sagte. Angesichts dieser Strategie ist es kein Wunder, dass die Opposition jetzt seinen Rücktritt fordert.

Doch ein solcher Schritt ist unwahrscheinlich. Camerons Partei, die ohnehin in Sachen Brexit gespalten ist und zuletzt auch noch einen internen Streit über Sozialkürzungen nur mit Mühe bändigen konnte, hat kein Interesse an dem Rücktritt des Premiers vor dem Brexit-Referendum Ende Juni.

Die Tories werden ihn diese Sache bis zum Ende durchfechten lassen. Und entscheidet sich die Mehrheit der Briten gegen den Status quo, ist ohnehin absehbar, dass Camerons Tage als Premier gezählt sind. Sollte es anders kommen, ist die Sache nicht ganz so klar. Cameron hat aber bereits angekündigt, so oder so keine dritte Legislaturperiode anzustreben.

Das heißt aber nicht, dass nichts für ihn auf dem Spiel steht. Er hat sich für den Kampf gegen den Brexit entschieden. Und das muss er jetzt durchziehen. Nur noch etwa zweieinhalb Monate hat der Premier bis zur Abstimmung.

Er täte sich und der Kampagne gegen den Austritt einen deutlich größeren Gefallen, wenn er künftig nicht nur schöne Worte zur Transparenz, moralischen Verantwortung und solchen Themen abgeben würde, sondern auch danach handeln würde.

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