Brexit EU fordert 100 Milliarden Euro von Großbritannien

Bei den Brexit-Verhandlungen dürfte die Schlussrechnung für das Vereinigte Königreich einer der Hauptstreitpunkte werden. Laut Medienberichten fordert die EU nun fast das Doppelte. Großbritannien lehnt das strikt ab.

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Für Großbritannien wird der EU-Ausstieg teuer. Quelle: dpa

London/Brüssel Bei den Brexit-Verhandlungen könnte die Europäische Union einem Pressebericht zufolge mehr als 100 Milliarden Euro von Großbritannien fordern – 40 Milliarden mehr als bisher gedacht. Dies meldete die „Financial Times“ am Mittwoch. Ein Sprecher von EU-Chefunterhändler Michel Barnier bestätigte die Summe auf Anfrage nicht, wohl aber, dass Experten interne Berechnungen anstellten. Großbritannien lehnte die Forderung umgehend ab. „Die technischen Arbeiten dauern an und basieren auf objektiven und nachprüfbaren Daten“, erklärte Barniers Sprecher. „Wir diskutieren in diesem Zusammenhang keine Zahlen in der Öffentlichkeit.“

Der britische Brexit-Minister David Davis betonte in einem Fernsehinterview, dass Großbritannien eine so hohe Summe nicht zahlen werde. Sein Land bezahle das, wozu es gesetzlich verpflichtet sei, und „nicht das, was die EU will“, sagte der Politiker dem Sender ITV. „Wir sind keine Bittsteller.“ Es handele sich um Verhandlungen.

Die Schlussrechnung für das Vereinigte Königreich nach mehr als 40 Jahren Mitgliedschaft wurde bislang auf bis zu 60 Milliarden Euro taxiert. Diese ergibt sich unter anderem aus Pensionsforderungen und Anteilen an EU-Projekten, die über das voraussichtliche Jahr des britischen EU-Austritts 2019 hinausreichen. Die „Financial Times“ meldete jedoch, nun verlangten Deutschland und Frankreich weitere mögliche Kostenposten einzuschließen, so dass es zu der höheren Summe komme. Die EU-Verhandlungsführer hätten ihre Kalkulation überarbeitet und dabei die maximalen Forderungen erstellt.

Es geht um Haushaltsverpflichtungen, Zusagen gegenüber EU-Institutionen sowie Pensionskosten für Beamte und etliches mehr. Neu hinzu gekommen sind nach Angaben der „FT“ Agrarhilfen für die Zeit nach dem Brexit sowie EU-Verwaltungsgebühren für 2019 und 2020. Die Schlussrechnung dürfte ein Hauptstreitpunkt in den Brexit-Gesprächen werden, die nach der britischen Parlamentswahl am 8. Juni beginnen. Die britische Regierung lehnt es ab, nach dem Brexit weiter große Summen an die EU zu überweisen.

Davis wies zugleich einen Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS) über ein Abendessen der britischen Premierministerin Theresa May und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zurück. Dem Bericht zufolge ist Juncker nach dem Dinner in London weitaus skeptischer über das Zustandekommen eines Brexit-Deals. Solche Berichte seien Teil von frühen Manövern in den Verhandlungen, sagte Davis. Es sei nicht wahrscheinlicher geworden, dass sein Land die EU ohne ein Abkommen verlasse.

Er widersprach auch der Darstellung der EU-Seite in der FAS, dass Großbritannien nach dem Brexit EU-Bürgern im Vereinigten Königreich nur die Rechte von Personen aus Drittstaaten gewähren wolle. Das Ziel sei, für EU-Bürger, die bereits in Großbritannien lebten, eine großzügige Lösung zu finden, die dem aktuellen Status nahekomme. Die Entscheidung, wie die Gespräche abliefen, würden zudem nicht allein die EU-Unterhändler fällen.

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