
Angesichts der seit Wochen stockenden Brexit-Verhandlungen drängt Großbritannien die EU zu mehr Flexibilität – insbesondere in der Nordirland-Frage. Der freie Warenverkehr zwischen der britischen Provinz und dem Rest Großbritanniens müsse aufrechterhalten bleiben, betonte Kabinettsminister Michael Gove am Donnerstag vor dem Parlament. London habe sich bereits in dieser Frage bewegt, nun sei die EU am Zug. Er setze auf den Pragmatismus der EU-Verhandler.
Die britische Regierung hat mit Blick auf Nordirlands künftigen Status einen umstrittenen Binnenmarktgesetz-Entwurf auf den Weg gebracht. Das geplante Gesetz soll laut Premierminister Boris Johnson als Sicherheitsnetz dienen, falls die laufenden Verhandlungen mit der EU keine abschließende Regelung über den Warenhandel zwischen der britischen Insel, Nordirland und über die offene Grenze zum EU-Mitglied Irland erzielen.
Das Gesetz würde London die Möglichkeit geben, die im Brexit-Vertrag festgeschriebene Regelung auszuhebeln, nach der in Nordirland auch künftig EU-Zoll-Regeln gelten sollen. Das britische Oberhaus ließ die Vorlage jedoch nicht passieren und verlangte Änderungen, mit denen sich das Unterhaus nun befassen muss.
Nach dem offiziellen EU-Austritt ist Großbritannien bis Ende 2020 in einer Übergangsphase, in der noch EU-Regeln gelten. Über die künftigen Beziehungen samt Freihandelsabkommen wird seit Monaten gerungen – bislang ohne Ergebnis, weshalb die Wirtschaft ab Anfang 2021 Chaos und steigende Zölle befürchtet. Als größte Knackpunkte in den Verhandlungen gelten die Fischerei-Rechte sowie Garantien für einen fairen Wettbewerb.