Britische Kronkolonie stemmt sich gegen Brexit Wie Spanier und Briten um Gibraltar ringen

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Spanien straft Gibraltar mit Ignoranz

Der Flughafen am Ortseingang von Gibraltar und auch das Fußballstadion zeigen, wie eingeschränkt die Briten trotz aller steuerrechtlichen Vorteile zumindest bei der Logistik sind. Bei jedem Start oder Landung eines Flugzeugs muss der gesamte Grenzverkehr gestoppt werden. Und die Spanier wollen keinen Pfennig investieren, um das zu ändern, auch wenn es für sie wegen der wirtschaftlichen Verknüpfungen sinnvoll wäre. Auch die eigene Fußball-Liga anzuschauen ist in Gibraltar nicht leicht. Das „Victoria Stadium“ liegt direkt neben dem Flughafen und einer der zahlreichen Tankstellen.

Gibraltar will in der EU bleiben

Viele Besucher wie Rivas kommen nur zum Tanken auf den Felsen, weil der Sprit hier wesentlich billiger ist. Oder zum Tabakkauf: Zigaretten sind auf dem britischen Gibraltar um fast 50 Prozent billiger. Weshalb es auch organisierte Schmuggler gibt. Den Ärger damit hat in diesem Fall wieder die spanische Polizei. Seit im Juni 2017 ein Polizist bei der Verfolgung eines Schmugglers ums Leben kam, ist auch der Blick der internationalen Medien auf das „Campo de Gibraltar“ gerichtet. Das freut den Bürgermeister von La Linea de Concepción, Juan Franco: Er kämpft gegen die Unsicherheit und Armut in seiner Stadt, was seiner Ansicht nach auch an der Ignoranz der spanischen Regierung liegt: „Die Region hier wurde bisher vernachlässigt“.

In Gibraltar gibt es alles - nur keinen Platz. Auf sechs Quadratkilometer Felsen muss man gut organisieren. Der Flughafen liegt zwischen Grenzeingang und Stadt. Wenn ein Flugzeug landet oder startet, muss der Verkehr gesperrt werden.Foto: Stefanie Claudia Müller

Damit es mehr Zusammenarbeit gibt, meint Kommunikationsprofi dass Spanien alter Vorurteile beiseitelassen sollte: „Gibraltar will seinen Beitrag zu mehr Sicherheit in der Region und zu ihrem wirtschaftlichen Aufschwung leisten“, versichert er. „Die Briten dort sind wie ihr Ministerpräsident mitten in Europa groß geworden. Sie wollen den Brexit nicht, sie wollen müssen aber dem britischen Referendumsergebnis folgen. Die von der EU verlangten Verhandlungen zwischen Briten und Spaniern wie die post-Brexit Zukunft Gibraltars ausschauen sollte, bietet eine Chance die Beziehung Gibraltars zu seinem Hinterland ins 21. Jahrhundert zu bringen. Und zwar unter Auslassung der Souveränitätsfrage,“ sagt Vermehren. Knapp 96 Prozent sprachen sich in der Kronkolonie im Referendum im Juni 2016  gegen den Austritt aus der EU aus. „Wir hätten klare Nachteile zum Beispiel bei der Gesundheitsversorgung unserer Bürger in Spanien und auch bei vielen alltäglichen Dingen. Wir sind hier pro-europäisch“, gesteht Byrne vom Unternehmerverband.

Für die Spanier, die in Gibraltar arbeiten, ist der Brexit schon Realität. Durch den Wertverlust des britischen Pfunds gegenüber dem Euro haben sie vom ersten Tag an Einkommensverluste erlitten. „Spanien und die EU sollten nicht nur gegen Gibraltar kämpfen, auch die wirtschaftlichen Vorteile sehen, die die Kronkolonie bietet“, wirbt Vermehren für sein Land. Schon heute trägt Gibraltar um 25% des Bruttoinlandprodukts der spanischen Grenzregion bei. Das könnte sich vervielfachen mit modernen grenzüberschreitenden Vereinbarungen.

Nach viel Ärger beim Fußball - Spanien wollte bisher nicht, dass Gibraltar auf spanischem Boden spielt - setzen viele in beiden Ländern jetzt auf den Sport als zukünftigen Vermittler. Einer der Clubs der eigenen Liga in Gibraltar hat es jetzt ins UEFA-Turnier geschafft. Die spanischen Proteste halfen nichts. Die FIFA will das bisher sehr kleine „Victoria Stadium“ ausbauen, damit die Kronkolonie demnächst zuhause spielen kann und nicht wie manchmal für internationale Begegnungen nach Portugal ausweichen muss.

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