Bürgerkrieg Viele Tote bei mutmaßlichem Giftgasangriff in Syrien – US-Außenministerium prüft Berichte

Bei einem mutmaßlichen Giftgasanschlag nahe dem syrischen Duma sollen Dutzende Menschen getötet worden sein. Staatsmedien wiesen die Vorwürfe zurück.

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Wegen der anhaltenden Angriffe auf die belagerten Gebiete Afrin und Ost-Ghuta in Syrien sind erneut tausende Menschen aus den heftig umkämpften Gegenden geflohen. Quelle: dpa

Beirut/Washington Bei Angriffen der syrischen Armee auf die letzte verbliebene Rebellenhochburg in Ost-Ghuta sind Dutzende Menschen getötet worden. Hilfsorganisationen berichteten in der Nacht zum Sonntag von einem mutmaßlichen Einsatz von Chemiewaffen.

Nach Angaben der Weißhelme hatte ein Hubschrauber am Samstagabend eine Fassbombe mit Chemikalien über der Stadt Duma abgeworfen. Dabei seien mindestens 150 Menschen getötet und mehr als 1000 verletzt worden. Ganze Familien seien in ihren Schutzunterkünften erstickt. Die Zahl der Opfer steige beständig. Auf ihrem Twitter-Konto veröffentlichten die Helfer schockierende Fotos der mutmaßlichen Opfer.

Auch die Hilfsorganisation UOSSM geht von einem Giftgasangriff aus. Sie bezifferte die Zahl der Toten am Sonntag mit „weit über 70“, befürchtet aber, dass sie auf über 100 steigen könnte.

Staatsmedien wiesen die Vorwürfe der islamistischen Rebellengruppe Dschaisch al-Islam zurück, wonach die Armee am Samstag eine Fassbombe mit Giftgas abgeworfen habe. Die Rebellen in Duma stünden vor der Niederlage und verbreiteten Unwahrheiten. Die USA erklärten, sollten die grauenerregenden Berichte zutreffen, müsse die internationale Gemeinschaft umgehend reagieren.

Der Hilfsorganisation SAMS zufolge traf eine Bombe mit Chlorgas ein Krankenhaus in Duma. Dabei seien sechs Menschen getötet worden. Ein zweiter Angriff mit verschiedenen Chemikalien habe ein Gebäude in der Nähe getroffen. Dabei seien 35 Menschen ums Leben gekommen. Die meisten Opfer seien Frauen und Kinder gewesen.

Die Organisation werde mit den Vereinten Nationen sowie den Regierungen in den USA und Europa Kontakt aufnehmen. Im Internet kursierten Videos mit rund einem Dutzend Leichen von Kindern, Frauen und Männern, von denen einige Schaum vor dem Mund hatten.

Regierungstruppen haben seit Februar fast das ganze Rebellengebiet in Ost-Ghuta bei Damaskus zurückerobert. Nur in Duma verschanzen sich noch Aufständische der Islamisten-Gruppe Dschaisch al-Islam. Der von Russland unterstützten syrischen Regierung um Präsident Baschar al-Assad wurde in dem Bürgerkrieg wiederholt der Einsatz von Giftgas vorgeworfen. Die Regierung in Damaskus bestreitet dies.

Das US-Außenministerium kündigte an, die verstörenden Berichte zu überprüfen. Die syrische Regierung habe bereits Giftgas gegen das eigene Volk eingesetzt. Auch Russland trage dafür Verantwortung. „Russland muss seine Unterstützung von Assad sofort einstellen und mit der internationalen Gemeinschaft zusammenarbeiten, um weitere barbarische Chemiewaffenangriffe zu verhindern.“

Syrien hatte 2013 einer von Russland und den USA mit ausgehandelten Vereinbarung zugestimmt, wonach es seine Chemiewaffen zerstört.

Die der Opposition nahe stehende Syrische Beobachterstelle für Menschenrechte teilte mit, sie könne einen Giftgaseinsatz nicht bestätigen. Die in London ansässige Organisation, die sich auf ein Aktivisten-Netzwerk in Syrien stützt, erklärte, sie habe Informationen über elf Tote in Duma. Diese Menschen seien in dichtem Rauch nach einem Angriff mit einer konventionellen Waffe erstickt.

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