Bukarest Rumänische Regierungskoalition zerbricht

Neuordnung der politischen Kräfte in Rumänien: Der Koalitionspartner verlässt die Regierung und will die Opposition bei einem Misstrauensantrag unterstützen.

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Rumäniens sozialliberale Regierungskoalition ist angesichts eines Streits vor der anstehenden Präsidentschaftswahl zerbrochen. Der Vorsitzende des kleinen liberalen Koalitionspartners ALDE, Calin Popescu Tariceanu, gab am Montag bekannt, seine Partei werde die Regierung der sozialdemokratischen Ministerpräsidentin Viorica Dancila (PSD) verlassen. Im Fall eines Misstrauensantrags im Parlament wolle ALDE zusammen mit anderen Oppositionsparteien gegen Dancila stimmen, fügte Tariceanu hinzu. Sein Amt als Präsident des Senats, der oberen Parlamentskammer, wolle er niederlegen.

Er verzichte zudem auf eine Kandidatur bei der am 10. November geplanten Präsidentenwahl, sagte Tariceanu weiter. Er unterstütze stattdessen die Präsidentschaftskandidatur des unabhängigen Politikers und früheren Schauspielers Mircea Diaconu. Dieser wird auch von der kleinen linken Oppositionspartei Pro Romania des früheren Ministerpräsidenten Victor Ponta unterstützt.

Hintergrund des Bruchs der seit 2016 regierenden Koalition ist nach Einschätzung von Beobachtern die nahende Präsidentschaftswahl. Die beiden Kleinparteien ALDE und Pro Romania hoffen, bei dieser Abstimmung mit Diaconu einen aussichtsreichen Kandidaten gegen den amtierenden Staatschef Klaus Iohannis ins Rennen zu schicken, der mit rund 41 Prozent in den Umfragen als Favorit für die Abstimmung gilt.

Auch Dancila tritt bei der Wahl an, hat aber gegen Iohannis – der der bürgerlichen Oppositionspartei PNL nahesteht – kaum Chancen. Die Regierungschefin liegt in Umfragen weit zurück.

Tariceanu kritisierte am Montag, Dancila habe zuletzt mit Iohannis besser als mit dem eigenen Koalitionspartner zusammengearbeitet: „Dies hat für mich Fragen aufgeworfen“, sagte er. „Mein Vertrauen wurde gravierend erschüttert, weil Frau Dancila eine Reihe von Entscheidungen ohne Beratung mit mir getroffen, aber nach Beratungen mit dem Präsidenten (Iohannis) hat.“

Bei der Präsidentenwahl dürfte im ersten Wahlgang noch kein Kandidat die absolute Mehrheit erhalten, so dass die Entscheidung erst bei einer Stichwahl am 24. November fallen dürfte. Rumänien kämpft vor allem mit Armut, hohen Sozialausgaben und einer schwachen Infrastruktur.

Mehr: Bluttaten an zwei Mädchen treiben in Rumänien Tausende auf die Straße – und legen politische Gräben frei.

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