
Die EU-Kommission will das umstrittene Freihandelsabkommen mit Kanada nicht von den Parlamenten der Mitgliedstaaten ratifizieren lassen. Darüber informierte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker nach Angaben von EU-Diplomaten die 28 Staats- und Regierungschefs beim Brüsseler Gipfel. Die alleinige Zuständigkeit für das Ceta-Handelsabkommen liege bei der EU, daher reiche es, wenn das EU-Parlament und der Rat der Mitgliedstaaten darüber abstimmten.
Ceta sei ein Lackmustest für die europäische Handelspolitik, begründete Juncker die Entscheidung in der Runde. Wenn die EU zögere, mit einem engen Verbündeten wie Kanada ein Abkommen zu schließen, dann stelle sich die Frage, mit wem die EU überhaupt Handelsabkommen schließen könne. Beim Abkommen mit Südkorea habe sich die Ratifizierung durch die Mitgliedstaaten vier Jahre lang hingezogen.
Die demokratische Legitimität sei auch durch EU-Parlament und Rat gewährleistet, argumentiert Juncker. Das sieht Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel allerdings anders. Er werde dem Vertrag im EU-Rat „nur zustimmen, wenn der Bundestag vorher beraten hat“ und dieser eine Zustimmung für richtig halte, betonte Gabriel noch vor wenigen Tagen. Auch andere Regierungen pochen auf die Zustimmung ihrer Parlamente. Andere unterstützen wie Italiens Premier Matteo Renzi hingegen die Juncker-Linie.
Ceta ist in Deutschland vor allem deshalb umstritten, weil viele Aktivisten es als Präzedenzfall für das TTIP-Abkommen sehen, das die EU derzeit mit den USA verhandelt. Angesichts der massiven Kritik aus einigen Mitgliedsstaaten an der Kommission fragte Juncker laut EU-Diplomaten, ob seine Institution das ihr von den Staaten erteilte Verhandlungsmandat für TTIP zurückgeben solle. Frankreichs Präsident Francois Hollande regte daraufhin an, beim EU-Gipfel im Oktober grundsätzlich über die Handelspolitik in der Gemeinschaft zu diskutieren.