China Gabriel darf nicht übers Ziel hinausschießen

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Bewusste Verschleierung?

Doch noch aus einem anderen Grund sollte die Bundesregierung bei chinesischen Investitionsvorhaben in Deutschland künftig genauer hinsehen. Wer sich etwa die Mühe macht, das Geflecht hinter dem vermeintlich privaten Fonds, der Aixtron kaufen will, zu entwirren, stellt schnell fest, dass der Staat bei dem geplanten Kauf die Strippen zieht.

von Matthias Kamp, Anke Henrich, Christian Ramthun, Lea Deuber

Wollte China diese Tatsache mit Hilfe der extrem unübersichtlichen Struktur der Gesellschaft bewusst verschleiern? Die politischen Entscheidungsprozesse in der chinesischen Staatsspitze sind noch immer zu einem großen Teil intransparent. Die Gefahr besteht, dass deutsche Unternehmen, sich im ungünstigsten Fall einer weithin intransparenten Einparteienherrschaft ausliefern.

Es stimmt ja, dass die allermeisten chinesischen Unternehmenskäufe in Deutschland bislang reibungslos funktionieren. Die chinesischen Eigentümer lassen dem deutschen Management freie Hand, stellen neue Mitarbeiter ein, statt zu entlassen und achten deutsche Vorschriften und Gepflogenheiten, etwa zur Mitbestimmung. Bei politischen Krisen in China könnte das aber schnell anders aussehen. Da geht es in letzter Konsequenz ums Überleben des Regimes in Peking, und da können Fertigungen schnell geschlossen werden; Versprechen von gestern zählen da nicht mehr.

Gleichzeitig muss Gabriel aber aufpassen, dass er mit seiner neuen Linie gegenüber chinesischen Unternehmenskäufern nicht übers Ziel hinausschießt. Warum etwa der Ledvance-Verkauf durch die Bundesregierung vertiefend geprüft werden muss, erschließt sich auch auf den zweiten Blick nicht. Leuchtstoffröhren und Glühbirnen sind nicht Schlüsseltechnologien, geschweige denn sicherheitsrelevant – es sind Technologien von vorgestern. Genau deshalb möchte Osram sie ja verkaufen.

Ganz anders sieht es bei Osram selbst aus. Auch dort pirschen sich chinesische Investoren an. Aus gutem Grund: Das Unternehmen ist nach der Neuausrichtung durch seinen Vorstandsvorsitzenden Olaf Berlien kein Lampenhersteller mehr, sondern ein Technologiekonzern, der unter anderem Leistungshalbleiter für wichtige Industrien fertigt. Hier darf Gabriel, wenn es soweit ist, ruhig ein zweites Mal hinschauen.

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