China gegen die Philippinen Der Inselstreit berührt auch deutsche Handelsinteressen

Ein Haager Schiedsgericht hat im Streit um Inselgruppen im südchinesischen Meer gegen China und für die Philippinen entschieden. Peking ignoriert das. Auch für Deutschland könnte eine weitere Eskalation Folgen haben.

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Ein Bild zeigt Flieger der südkoreanischen Marine bei einem Überwachungsflug über Dokdo Islets im südchinesischen Meer, im April 2010. Quelle: dpa

Wer die Spratly-Inseln kontrolliert, beherrscht auch den Großteil des Südchinesischen Meeres mit seinem riesigen Fischreichtum und großen Rohstoffvorkommen. Vietnam, Malaysia, Taiwan und die Philippinen erheben Anspruch auf Teile der Inselgruppen. Und vor allem: China beansprucht mehr als 80 Prozent der Inseln. Am Dienstag hatte das UN-Schiedsgericht in Den Haag entschieden, dass es für die chinesischen Gebietsansprüche keine Grundlage gibt. Chinas Vize-Außenminister erklärte das Urteil daraufhin zu einem "Stück Altpapier". Am Mittwoch drohte Peking damit, eine Flugüberwachungszone einzurichten, wenn der Grad der Bedrohung zunehme.

Das Haager Urteil beendet den Streit also nicht, der schon seit einigen Jahren schwelt. Was dabei oftmals übersehen wird ist, dass am Ausgang dieses Territorialkonfliktes nicht nur die Anrainerstaaten, sondern auch die USA und Europa ein großes Interesse haben. Sebastian Eder, China-Experte am Mercator Institut in Berlin, sieht in den aktuellen Entwicklungen bereits jetzt eine direkte Beeinträchtigung deutscher Wirtschaftsinteressen.

Milliarden-Investitionen aus China fließen nach Europa und besonders gern nach Deutschland. Gesprochen wird meist nur über strategisch wichtige Unternehmenskäufe. Die meisten Chinesen aber treiben ganz andere Motive.
von Lea Deuber, Konrad Fischer

„China untergräbt mit seiner Ablehnung des Urteils die internationale Rechtsordnung. Diese Ordnung ist allerdings die Grundlage, auf der Deutschland weltweit Handel betreibt, und eine der zentralen Säulen gemeinsamer europäischer Außenpolitik.“  Als Handelspartner ist China für Deutschland von großer Bedeutung. Allein das Exportvolumen in die Volksrepublik, betrug im vergangenen Jahr über 70 Milliarden Euro.

Eine Eskalation würde dazu führen, dass der politische Druck auf Berlin wächst, sich klar zu positionieren. Es würde zunehmend schwieriger werden, „nur“ eine Mittlerrolle einzunehmen und zu vermeiden, dass die Beziehungen zu den USA, vor allem aber zu China, Schaden nehmen.
Warum sind die Inselgruppen im südchinesischen Meer so wichtig? Und warum sind die Gebietsansprüche nicht eindeutig? Wir haben die wichtigsten Fragen für Sie zusammengestellt.

Deutsche sehen China als Bedrohung
Wirtschaftsmacht37 Prozent der befragten Deutschen assoziieren mit China vor allem eine starke Wirtschaftsmacht. Faszination und Angst polarisieren hierzulande die Bevölkerung im Bezug auf Chinas ökonomische Stärke. Das Land wird als Schlüsselrolle für die eigene und internationale Entwicklung gesehen und 57 Prozent der Befragten beurteilen die deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen sogar als wichtiger als die zu den USA. Gleichzeitig geht mit dem Wirtschaftsboom Chinas aber auch die Angst einher, chinesische Unternehmen könnten deutsche Firmen von den internationalen Märkten verdrängen. 59 Prozent der Deutschen empfinden Chinas starke Wirtschaft daher als Bedrohung. Quelle: dpa/dpaweb
BevölkerungswachstumBabyboom und Bevölkerungswachstum, daran denken 20 Prozent der Deutschen, wenn sie das Stichwort China hören. Derzeit leben 1,35 Milliarden Menschen in China, die Bevölkerungsdichte beträgt 143 Einwohner pro Quadratkilometer. Doch die Bevölkerung wird noch weiter wachsen, um 0,6 Prozent pro Jahr. Für 2032 rechnen Statistiken mit 1,467 Milliarden Menschen in China, bei einer gleichbleibenden Fertilitätsrate von 1,7 Kindern pro Frau. Viele Deutsche sehen das auch als Bedrohung an. Quelle: REUTERS
Kommunismus15 Prozent fällt spontan der Kommunismus ein, wenn sie an China denken. Während China im ökonomischen Bereich erfolgreich in den internationalen Handel eingebettet wurde und sich für ausländische Investoren geöffnet hat, ist das Land politisch in den Augen der Deutschen weiterhin ein diktatorisches Ein-Parteien-System unter Führung der Kommunistischen Partei. Die ist mit etwa 78 Millionen Mitglieder nicht nur die größte kommunistische Partei der Welt, sondern auch die mitgliederstärkste Partei allgemein. Deutsche verbinden mit ihr ein vornehmlich negatives Bild. Quelle: REUTERS
Chinesische MauerMan kennt sie aus Reiseprospekten und gefühlt jedes zweite China-Restaurant ist nach ihr benannt. Nicht weiter verwunderlich also, dass 15 Prozent der Befragten mit China die Chinesische Mauer assoziieren. Sie gilt als Weltkulturerbe und erstreckt sich über 21.196 Kilometer. Früher sollte die Mauer vor allem zum Schutz vor Völkern aus dem Norden dienen, heute ist sie eine der meistbesuchten Touristenattraktionen Chinas und lockt Reisende aus aller Welt an. 36 Prozent der Befragten haben daher sehr großes oder großes Interesse an China als Reiseland. Quelle: dpa
Chinesisches EssenPeking-Ente, Reis süß-sauer - und das alles mit Stäbchen: 14 Prozent der befragten Deutschen denken beim Stichwort China an chinesisches Essen. Was Viele aber nicht wissen: Chinesisches Essen ist nicht gleich chinesisches Essen. Die meisten der 23 Provinzen Chinas haben ihre eigene Regionalküche. Zu den populärsten gehört die würzige Küche aus Sichuan, die gerne Sojasauce, Ingwer und Frühlingszwiebeln verwendet, die scharfe Xiang-Küche aus Hunan und die kantonesische Yue-Küche, die vor allem durch die Verwendung ungewöhnlicher Zutaten wie Hundefleisch bekannt geworden ist. Übrigens: Die Peking-Ente ist das berühmteste Gericht der chinesischen Küche. Quelle: REUTERS
MenschenrechtsmissachtungEbenfalls 14 Prozent fallen zu China Menschenrechtsverletzungen ein. Auf die Frage, wo sie das Land gegenwärtig und in 15 Jahren beim Schutz der Menschenrechte sehen, ordneten 60 Prozent der Befragten die Volksrepublik in die Schlussgruppe ein, nur 1 Prozent sieht China als Spitzengruppe in Bezug auf Menschenrechte. Auch das Bild Chinas als ein Rechtsstaat stößt auf wenig Zustimmung bei den Deutschen. 49 Prozent stimmten der Aussagen gar nicht zur, nur 1 Prozent sieht China als Rechtsstaat an. 80 Prozent der befragten Bevölkerung geht außerdem davon aus, dass in China kaum oder keine Debatten über politische Themen geführt werden. Quelle: dpa
Diebstahl von Ideen12 Prozent denken, China spioniere deutsche Unternehmen aus und verkaufe die Ideen aus dem Westen als eigene. Nachgebaute Ware aus China, oft zum Spottpreis, macht deutschen Unternehmen das Leben schwer. Auch das Markenimage chinesischer Produkte ist bei den befragten Deutschen schlecht. So assoziieren viele Konsumenten in Deutschland chinesische Produkte mit einfache, technisch wenig anspruchsvolle Billigware. Quelle: dpa


Worum geht es in dem Inselstreit?
„Eine der wichtigsten internationalen Handelsrouten zieht sich durch das Gebiet, das zudem über einen großen Fischbestand verfügt. Im Boden werden reiche Öl- und Gasvorkommen vermutet“, sagt Eder. Tatsächlich geht es auch um strategische Überlegungen. Die Volksrepublik sieht sich zur See von zwei Inselketten umgeben. Die eine zieht sich von Japan über die Philippinen bis Indonesien, die andere von den Aleuten bis zur Marianeninsel Guam.

Diese Territorien sind entweder Verbündete oder, wie Guam, selbst Teil Amerikas. Peking lässt innerhalb der Zone Inseln aufschütten, Streitkräfte errichten Häfen und Flugpisten und stationieren Raketen.  Das lädt den Konflikt zusätzlich auf.

Warum sind die Gebietsansprüche nicht geregelt?
Seit den 1950er Jahren kommt es so immer wieder zu Territorialkonflikten im südchinesischen Meer. Eigentlich haben die Vereinten Nationen geregelt, wem was gehört. Nach dem internationalen Seerechtsübereinkommen stehen jedem Land 200 Seemeilen vor der Küste als exklusive Wirtschaftszone zu.

„China beansprucht im Südchinesischen Meer ein Gebiet, das mehr als tausend Kilometer von seiner Küste entfernt liegt. Und beruft sich dabei auf die sogenannte Neun-Striche-Linie aus den 40er-Jahren“, erklärt Eder. Ein riesiges U, das zwischen Vietnam und den Philippinen im Meer liegt. Danach gehören rund 80 Prozent des Südchinesischen Meeres zu China.

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