China Schritte zum nachhaltigen Wohlstand in China

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Peking: 50 Prozent weniger Luftverschmutzung während der Spiele Quelle: Dirk Krüll für WirtschaftsWoche

Doch will China wirtschaftlich weiter aufsteigen, muss es nicht nur in der Industriepolitik umsteuern, sondern auch den Wohlstandszuwachs seiner Bevölkerung verstetigen. Im internationalen Vergleich gehört das Reich der Mitte zu den Ländern mit mittlerem Einkommen: Es ist nicht mehr arm, aber auch noch nicht reich. In der Rangliste der Pro-Kopf-Einkommen liegt das Land auf Platz 100 von 180. Das Problem: Viele Entwicklungsländer in Lateinamerika und dem Nahen Osten haben den Sprung auf die nächste Stufe der Entwicklung nicht geschafft und verharrten nach Jahren des Booms in der Stagnation. Staatschef Hu spricht darum von einer „entscheidenden Phase“, in der China sich derzeit befinde.

In den kommenden Jahren wird das Riesenreich die Schwelle von einer mehrheitlich ländlichen zu einer städtischen Gesellschaft überschreiten. Weil die Arbeiter in den Städten aber fast dreimal so viel verdienen wie die ländliche Bevölkerung, haben Millionen Bauern ihre Dörfer verlassen, um in den Großstädten ihr Glück zu suchen. Diese Migration hat den Konjunkturmotor in den wohlhabenden Küstenprovinzen angetrieben.

Abwanderung in die Städte schwächt sich ab

Die Abwanderung in die Städte schwächt sich allerdings allmählich ab. Die Menschen müssen nach anderen Möglichkeiten suchen, um höhere Einkommen zu erzielen: durch das Lernen neuer Fertigkeiten, durch höhere Produktivität.

Dies wird langfristig schon deshalb notwendig sein, weil nach Berechnungen der Vereinten Nationen die Zahl der Chinesen im arbeitsfähigen Alter von 2015 an schrumpfen wird – eine Folge der Ein-Kind-Politik, die das Land Ende der Siebzigerjahre eingeführt hat. Als „demografische Dividende“ bezeichnet Wang Dewen, Demografieforscher an der Pekinger Akademie für Sozialwissenschaften, Chinas bislang wachsendes Heer an jungen Arbeitern. Sie seien für ein Viertel des chinesischen Wachstums verantwortlich.

Diese Dividende wird in etwa sieben Jahren auf null fallen, und in den Folgejahren werden die Alterslasten der Beschäftigten dann ähnlich wie in den entwickelten Industrieländern steigen. Die Regierung ist sich des Problems durchaus bewusst. Schon seit einiger Zeit dürfen Familien, deren Eltern beide Einzelkinder sind, zwei Kinder bekommen. Das Gleiche gilt für Familien auf dem Land. Weitere Bestimmungen sollen bald gelockert werden. So gibt es Überlegungen, Familien in einigen Großstädten generell zwei Kinder zu gestatten.

Auch bei der Energie- und Rohstoffpolitik muss China umsteuern. Der Boom der vergangenen drei Jahrzehnte hat zu einer Umweltzerstörung geführt, die nach Ansicht von Experten in einigen Landesteilen bereits irreparabel ist. Noch immer bezieht China zwei Drittel seiner Energie aus der Verbrennung von Kohle, im Schnitt geht jede Woche ein neues Kohlekraftwerk ans Netz, meist ohne wirksame Filteranlage. „Die Schlussfolgerung ist ziemlich klar“, sagt Xu Xiaonian, Professor der China Europe International Business School in Shanghai, „entweder wird Chinas Wirtschaftswachstum wegen Energieengpässen ab einem gewissen Punkt abbrechen. Oder aber China wird seinen Verbrauch reduzieren und die Effizienz deutlich steigern müssen.“

Das Ziel, den Energieverbrauch pro Einheit des Bruttoinlandsprodukts bis 2010 um 20 Prozent gegenüber 2005 zu reduzieren, hat die Regierung bislang verfehlt. Im ersten Halbjahr erreichte China nur eine Energieeinsparung um 2,9 Prozent. Im vergangenen Jahr betrug der Rückgang beim Verbrauch noch 3,7 Prozent. Experten wie Xu fordern deshalb, den Preismechanismus stärker wirken zu lassen und die vom Staat künstlich niedrig gehaltenen Preise für Benzin, Kohle und Strom stärker an den Marktpreisen auszurichten, um die Verbraucher zum Energiesparen zu zwingen.

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