China und die USA Der geheime Handelskrieg

Im Verborgenen ist der Konflikt zwischen China und Amerika schon längst eskaliert. In den politischen und wirtschaftlichen Zirkeln Chinas wächst der Frust über die Amerikaner. Ein Handelskrieg könnte drohen.

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China und die USA: Der geheime Handelskrieg Quelle: Reuters

Peking Für die chinesische Geschäftswelt fing das neue Jahr sehr schlecht an: Zuerst blockierte die amerikanische Regierung die Übernahme des US-Zahlungsabwicklers Moneygram, durch die Alibaba-Tochter Ant Financial, eine Woche später kam heraus, dass ein Deal zwischen AT&T und Huawei ebenfalls geplatzt war. Inzwischen, so berichtet die Nachrichtenagentur Reuters, will die US-Regierung sogar, dass der Telekommunikationskonzern alle Geschäftsbeziehungen mit dem chinesischen Smartphone-Hersteller kappt. Die Begründung: Bedenken wegen der nationalen Sicherheit.

Ein Vorbehalt, der in den vergangenen Monaten immer öfter zu hören ist. Für viele Beobachter amerikanisch-chinesischer Beziehungen sind diese Blockaden die ersten Anzeichen dafür, dass sich der Handelskonflikt zwischen Peking und Washington gefährlich zuspitzt. Demnächst könnten die Reibungen ihren Höhepunkt erreichen.

CFIUS, die US-Behörde für Auslandsinvestitionen, prüft jeden geplanten Kauf einer US-Firma durch Unternehmen aus Übersee, auf nationale Sicherheitsbedenken. Laut der Marktanalysefirma Dealogic wurden in den letzten zwei Jahren fast 30 Übernahmen chinesischer Firmen entweder von CFIUS geblockt oder noch nicht bearbeitet. Das ist soviel, wie alle anderen G7 Staaten zusammen genommen vorweisen.

Zu den abgewehrten oder noch nicht genehmigten Deals gehören: Die Übernahme des Halbleiterherstellers Lattice Semiconductors durch eine US-Beteiligungsgesellschaft mit Verbindungen nach China; der Einstieg einer chinesischen Investorengruppe beim digitalen Kartendienst Here; und HNA Capitals Kauf von SkyBridge Capital, dem Hedge Funds des ehemaligen Kommunikationschefs des Weißen Hauses, Anthony Scaramucci. Bernd Egbers, Partner bei der Transaktions-Kanzlei Ashurst, die internationale Firmenübernahmen betreut, weist bei den Statistiken jedoch darauf hin, dass die absolute Zahl der Übernahmen durch chinesische Firmen insgesamt gestiegen sei. Laut Deloitte wurden 2016 ganze 90 nordamerikanische Unternehmen von chinesischen Investoren aufgekauft, fast vier Mal so viel wie vor vier Jahren.

Egbers stellt aber auch fest, dass es immer schwieriger werde, die Zuständigkeiten der US-Behörde abzugrenzen. „Alles hat plötzlich eine strategische Bedeutung“, sagt er. „Und in der Praxis ist CFIUS wesentlich restriktiver geworden – vor allem vor dem politischen Hintergrund der Trump-Administration mit ihrer ‚America First‘-Strategie.“

Zu konkreten Fällen möchte sich Egbers nicht äußern. Dabei betreut seine Firma auch den deutschen Blutplasma-Hersteller Biotest, deren amerikanische Tochtergesellschaft 2017 von der chinesischen Creat Gruppe für eine Milliarde Euro übernommen werden sollte. Anfang November letzten Jahres verkündete CFIUS allerdings, dass sie Sicherheitsbedenken hatte. Laut Pressemitteilung zog Biotest die Transaktion zurück und meldete ein beschleunigtes Prüfungsverfahren an. Ob es jedoch genehmigt wird, könne man nicht garantieren.

Die CFIUS-Blockaden bleiben auch der chinesischen Seite nicht verborgen. Der Sprecher des chinesischen Handelsministeriums Gao Feng konstatierte in der Pressekonferenz nach dem geplatzten Huawei-AT&T-Deal, dass „der Protektionismus in den USA erstarkt ist und manchmal sogar den Ton angibt“. Und bei der geplatzten Moneygram-Übernahme hieß es, man „bedauere sehr“, dass „mal wieder sogenannte nationale Sicherheitsbedenken die eigentlich reguläre Übernahme eines amerikanischen Unternehmens durch ein chinesisches verhindern“. Peking habe nichts gegen Sicherheitskontrollen, befürchte aber, dass Washington „die nationale Sicherheit als eine Art ‚Glaswand‘ gegen ausländische Investitionen benutzt“.

Der chinesische Staatspräsident Xi Jinping hatte noch am Montag in einem Telefonat mit dem US-Präsidenten gesagt, dass man „auf eine konstruktive Art und Weise vorgehen“ solle und gemeinsam eine Lösung für die Wirtschafts- und Handelskonflikte finden müsse, um „die Märkte füreinander zu öffnen“. Sowohl Washington als auch Brüssel beschweren sich bereits seit Jahren über den begrenzten Marktzugang für ausländische Firmen in China und den schlechten Schutz des intellektuellen Eigentums.

Donald Trump wiederum ließ ihn wissen, dass er „enttäuscht darüber sei, dass das amerikanische Handelsdefizit mit China weiter gewachsen ist“. Laut der chinesischen Zollverwaltung wuchs der Überschuss Chinas im Warenhandel mit den USA um rund neun Prozent auf 275,8 Milliarden US Dollar – ein Rekordhoch.

Li Wei, der als Direktor des Amerika-Instituts an der Denkfabrik des chinesischen Handelsministeriums arbeitet, sagte in einem Gespräch mit dem Handelsblatt: „Solange Washington nur einzelne Deals blockiert, ist es kein großes Problem. Aber wenn die Amerikaner unseren Produkten tatsächlich Strafzölle auferlegen sollten, dann wird China auch handeln.“ Zu den möglichen Maßnahmen meinte er: „Die Amerikaner exportieren Lebensmittel und Flugzeuge nach China. Wir könnten zum Beispiel auch Tarife für diese Produkte einführen.”

Trotzdem kündigte Trump in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch an, dass er im Handelsstreit mit China schon bald Maßnahmen verkünden werde. Vor Ende des Monats wollte er auch bekanntgeben, ob er Strafzölle für ausländische Solarmodule einführen wolle. Fast 90 Prozent von ihnen werden in China produziert. Ähnliche Entscheidungen stehen im Januar auch für die Einfuhr von Stahl und Aluminium an. Auf die Frage, ob ein Handelskrieg zwischen den zwei Nationen ausbrechen könnte, sagte Trump: „Ich denke nicht. Ich hoffe es nicht. Aber wenn es ihn gibt, dann gibt es ihn.“

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