In Südostasien und Osteuropa verfolgt das Land bereits seit längerem eine aggressive Politik mithilfe gewaltiger Investitionspakete wie der Seidenstraßen-Initiative mit einem Volumen von einer Billion Dollar. Thailand, Sri Lanka, Myanmar und Pakistan folgen inzwischen fast widerstandslos Peking. Dafür profitieren sie von Investments. In Asien wehren sich nur noch Japan, Indien und Taiwan gegen Chinas aggressiven Politikstil. Und auch in Europa funktioniert diese Rechnung Pekings: Ende vergangenen Jahres sagte die Regierung über eine ihrer Staatsbanken den 16 Ländern des ehemaligen Ostblocks Infrastruktur-Investitionen in Höhe von drei Milliarden Dollar zu. Vor allem Ungarn und Griechenland gelten in Berlin und Brüssel als Staaten, die sich klar von China beeinflussen lassen.
„Es steht zu befürchten, dass chinesische Investitionen in Athen nicht nur wirtschaftliche, sondern auch politische Abhängigkeiten schaffen“, sagt Jo Leinen (SDP), Vorsitzender der Delegation für die Beziehungen zu China im Europäischen Parlament. Im vergangenen Juni etwa weigerte sich Griechenland, eine EU-Stellungnahme zu Menschenrechtsverletzungen in China im UN-Menschenrechtsrat zu unterstützen – wohl auch, weil die Chinesen, denen inzwischen der Hafen in Piräus gehört, hinter den Kulissen Druck machten.
Und selbst in Hollywood mischen chinesische Unternehmen auf Geheiß Pekings mit. 4,78 Milliarden Dollar flossen 2016 aus China in die amerikanische Filmindustrie. Finanziert mit chinesischem Geld spielt der vierte Teil der Transformers-Serie sogleich nicht mehr in New York, sondern in Hongkong. Während Roboter die chinesische Sonderverwaltungszone in Schutt und Asche legen, wurde eine Szene mit Hongkonger Beamten hineingeschnitten, die gespielt hilflos erklären, man müsse nun die Zentralregierung in Peking um „Hilfe“ bitten.
Parallel fluten Chinas Staatsmedien das Internet mit süßen Panda-Fotos. Auch die Bundesregierung macht mit. So wie im Sommer, als die Pandas Meng Meng und Jiao Qing in den Berliner Zoo umzogen. Der „Riesenpanda ist nachtaktiv, hat dunkle Augenringe und verzehrt große Mengen vegetarischer Speisen“, erklärte das Auswärtige Amt in Berlin fröhlich. Wo sonst Mitteilung wie die Kritik an der Festnahme des chinesischen Bürgerrechtsanwalts Yu Wensheng veröffentlicht werden, plötzlich nur noch Panda-Poesie. Wie konnte es soweit kommen?
An dieser Stelle kommen Trier und die Marx Statue ins Spiel. Das Atelier von Künstler Wu Weishan ist ein riesiger Raum im Westen der chinesischen Hauptstadt. Die Stadtregierung hat die Backsteinhäuser zum offiziellen Künstlerviertel ausgewiesen. In einem Glaskasten hängen Benimmregeln für „gute“ Bürger. In der Halle, in der das Atelier von Herrn Wu liegt, steht neben Marx ein Ebenbild des chinesischen Staatsgründers Mao Zedong. Sie ist einen halben Kopf größer als Marx.
Während Wu die Gesichtszüge des Modells nachzieht, referiert der Trierer Baudezernent Ludwig über China. Berührungsängste habe man in Deutschland, findet er. Geht es nach ihm, brauche es einen Dialog miteinander, um Missverständnisse auszuräumen. Dafür sei er auch die Tage nach Peking gekommen. Der Dialog, von dem Ludwig spricht, findet allerdings nicht statt. Das Programm wird von der chinesischen Seite erstellt. Ludwig darf an einer Pekinger Universität lediglich über deutsche Architektur sprechen – und über die deutsch-chinesische Freundschaft. Dabei umarmt er Künstler Wu.
Woher das Geld für die Skulptur kommt? Das weiß Ludwig nicht. Da habe jemand aus Frankfurt vom chinesischen Konsulat angerufen, erklärt er, als er wieder vom Gerüst geklettert ist. Merkwürdig findet er das nicht. Die Chinesen seien sehr freundlich, findet er.
In seiner Heimatstadt ist indes die Verärgerung über so viel Naivität groß. „Für China ist das ein Mosaiksteinchen einer größeren Soft-Power-Politik. Wir machen uns zu deren Handlanger“, schimpft Reiner Marz, oppositioneller Ratsherr in Trier, über so viel Naivität. „Ich hätte mir erhofft, dass die Stadt sagt: danke für das Angebot, aber wir müssen das Geschenk aber ablehnen aufgrund der Menschenrechtslage im Land.“ So aber überlasse man nun einer Diktatur die Interpretation des berühmtesten Sohnes der Stadt.