Chinas Wirtschaftsstrategie „China geht es nicht nur um Technologie, sondern auch politischen Einfluss“

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Was sollte aus Ihrer Sicht passieren?

Die Weltgemeinschaft muss China klarmachen, dass es die gezielte Übernahme von Branchen mittels unlauteren Mitteln nicht toleriert.  Wettbewerb ja, aber nicht über Diebstahl und Preisdumping. Wenn China das nicht akzeptiert, wird es sanktioniert.

Damit wird seit vielen Jahren gedroht, warum sollte ausgerechnet jetzt etwas passieren?
Ich bin sehr optimistisch. Die Politik hat alle Mittel dazu in der Hand. Ich bin sehr positiv überrascht, was Europa plant. Die Idee, ausländische Unternehmen, die staatliche Hilfen bekommen haben, von Aufträgen innerhalb der EU auszuschließen und ihnen die Übernahme von EU-Unternehmen zu verbieten, ist der richtige Ansatz. Er geht sogar über das hinaus, was die USA derzeit praktizieren.

Was sollte Deutschland tun, wenn sein Einfluss Ihrer Meinung nach so stark in der EU ist?
Dieses Vorgehen unterstützen. Margrethe Vestager und andere EU-Politiker sind dort meiner Meinung nach in ihrem Handeln Angela Merkel weit voraus. Ich habe nie verstanden, warum die deutsche Bundeskanzlerin so zögerlich mit China umgeht. Ich kann mir das nur so erklären, dass der Druck Chinas wirkt. Alle einflussreichen Staatsführer weltweit haben Chinas Taktik verstanden. Australien, Kanada und jetzt auch Großbritannien werden Huaweis Technologie in ihren Kommunikationsnetzen nicht zulassen. Jeder, der etwas davon versteht, weiß, dass Komponenten sich nicht einfach so abschirmen lassen.

Es gibt Zweifel, dass die USA noch ein verlässlicher Partner sind. Wenn Europa sich jetzt vorwagt, wer hindert Trump daran, einen besseren Deal mit seinem „Freund“ Xi Jinping heraus zu handeln?
Das wird nicht geschehen. Man sollte die Person Trump einfach mal außen vorlassen. Unsere Zukunft steht auf dem Spiel. Es ist klare Linie in der US-Politik, dass man Chinas Geschäftsmodell nicht mehr tolerieren wird.

Wird sich diese Leitlinie gegenüber China nach der Wahl im November wieder ändern?
Nein. Ganz unabhängig davon, wer gewinnt. Dafür ist der Druck im US-Senat zu groß.

Ist China nicht längst in der Lage, dank seiner vielen Ingenieure und Wissenschaftler eigene Innovationen auf die Beine zu stellen?
In den vergangenen Jahrzehnten haben sie das zumindest nicht demonstriert. Es gibt viele Erkläransätze, warum das so ist. Einer ist, dass schon in der Kindheit eingeimpft wird, dass das Kollektiv wichtig ist und nicht das Individuum. Disruptive Innovation stellt jedoch immer Normen und Althergebrachtes in Frage.



Hat Covid-19 die Einstellung gegenüber China verändert?
Ganz eindeutig. Der Ärger darüber, dass China Informationen unterdrückt und verzögert hat, ist weltweit so groß, dass die sonst übliche Charmeoffensive nicht mehr zieht. Deshalb hat China jetzt seine Taktik geändert und tritt mit seinen Botschaftern wesentlich härter auf, die in ihrem jeweiligen Land klare Ansagen machen sollen, was China will und erwartet.

Warum die härtere Gangart?
Weil innerhalb Chinas das Wachstum der Wirtschaft und damit die Macht der Partei auf dem Spiel steht. Die heimische Wirtschaft hatte schon vor Covid-19 Wachstumsprobleme und deshalb hat der Staat seine Belt and Road Initiative vorangetrieben. China braucht die Auslandsmärkte und enge internationale Verflechtung, um zu wachsen.

Was treibt Sie eigentlich persönlich an, so vehement vor China zu warnen?
Wenn sich ein System durchsetzt, das auf dem Diebstahl von intellektuellem Eigentum beruht, dann leidet der Fortschritt. Das tut es jetzt schon. Welcher Erfinder oder Unternehmer wird noch Risiken eingehen, wenn sein Produkt einfach geklaut wird und zur Hälfte des Preises angeboten? Wenn nur noch gestohlen wird, ist bald nichts mehr zum Klauen übrig.

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