
Eine Dokumentation über Edward Snowden ist für einen Oscar nominiert. Der Film „Citizenfour“ der US-Regisseurin Laura Poitras geht ins Rennen um die Trophäe als beste Dokumentation, wie die Oscar-Academy am Donnerstag in Los Angeles bekanntgab.
Das Werk dreht sich um die Snowden-Enthüllungen und die Überwachungsprogramme des US-Geheimdienstes NSA. „Citizenfour“ tritt damit in derselben Kategorie an wie die ebenfalls nominierte Doku „Das Salz der Erde“ des deutschen Regisseurs Wim Wenders. Die Oscar-Trophäen werden am 22. Februar verliehen.
Wo die NSA im Ausland spioniert hat
Für Empörung sorgte im Oktober ein Bericht der französischen Tageszeitung „Le Monde“, wonach die NSA allein innerhalb eines Monats – zwischen dem 10. Dezember 2012 und dem 8. Januar 2013 – 70,3 Millionen Telefonverbindungen in Frankreich überwachte. Bereits Anfang Juli hatte der britische „Guardian“ berichtet, der Geheimdienst habe unter anderem Frankreichs diplomatischen Vertretungen in Washington und bei den Vereinten Nationen in New York ausgespäht. Im September berichtete der „Spiegel“ auch von Spähangriffen gegen das französische Außenministerium in Paris.
Die „Washington Post“ und der „Guardian“ berichten Anfang Juni, die NSA und die US-Bundespolizei FBI würden auf Serverdaten der großen Internetkonzerne wie Yahoo, Facebook, Google und Microsoft zugreifen. Der Name des geheimen Überwachungsprogramms: Prism.
Der „Guardian“ berichtet Mitte Juni unter Berufung auf die Snowden-Dokumente, der britische Geheimdienst habe vor vier Jahren Delegierte von zwei in London stattfindenden G-20-Treffen ausgespäht. Ziele waren demnach die Delegationen Südafrikas und der Türkei. Die NSA soll bei der Gelegenheit versucht haben, ein Satelliten-Telefongespräch des damaligen russischen Präsidenten Dmitri Medwedew nach Moskau abzuhören.
In seiner Ausgabe vom 1. Juli berichtet der „Spiegel“, die NSA habe in EU-Vertretungen in Washington, New York und Brüssel unter anderem Wanzen installiert. Auch sollen interne Computernetzwerke infiltriert worden sein. Ende August berichtet der „Spiegel“, die NSA habe auch die Zentrale der Vereinten Nationen in New York ausspioniert. Dem Geheimdienst gelang es demnach, in die interne Videokonferenzanlage der Uno einzudringen.
Der brasilianische Sender „Globo“ berichtet Anfang September, die NSA habe Telefonate und Internetkommunikation von Staatschefin Dilma Rousseff und ihren Mitarbeitern überwacht. Auch Unternehmen wie der Ölkonzern Petrobras und Millionen brasilianischer Bürger sollen ausgespäht worden sein. Verärgert verschiebt Rousseff einen für Oktober geplanten Staatsbesuch in den USA auf unbestimmte Zeit.
Der „Spiegel“ berichtete im Oktober 2014, schon 2010 sei es einer NSA-Spezialabteilung gelungen, in das E-Mail-Konto des damaligen mexikanischen Präsidenten Felipe Calderón einzudringen. Calderóns Nachfolger Enrique Peña Nieto forderte Anfang September Erklärungen von den USA, nachdem Globo berichtet hatte, die NSA habe ihn während des Wahlkampfs 2012 ausgespäht.
In einem Interview mit der Zeitung „South China Morning Post“ aus Hongkong gibt Snowden an, die NSA hätten chinesische Mobilfunk-Konzerne gehackt und Millionen von SMS ausgespäht. Demnach verübte die NSA auch Cyber-Attacken auf die Tsinghua-Universität in Peking. Dort sind sechs zentrale Netzwerk-Schaltstellen untergebracht, über die Chinas gesamter Internetverkehr läuft.
Poitras erhielt Anfang 2013 erste Nachrichten von Snowden. Zu der Zeit hatte sie bereits zwei Filme über die USA nach dem 11. September gedreht. Einer zeigt den Krieg im Irak, ein zweiter spielt in Guantanamo und im Jemen. Ihr Irak-Film „My Country, My Country“ wurde 2007 für den Oscar als beste Dokumentation nominiert. In ihrem dritten Film sollte es um die NSA gehen.
Die Filmemacherin begann 2013, mit dem Fremden zu kommunizieren, der sich „Citizenfour“ nannte. Anfangs hatte sie Sorge, dass ihr jemand eine Falle stellen wollte. Doch dann erkannte sie die Brisanz und begleitete Snowden über einen längeren Zeitraum. Der Film kam im November in die deutschen Kinos.