Corona-Ausbruch in Peking Warum deutsche Firmen jetzt ganz genau hinschauen

Auf einem Großmarkt der chinesischen Hauptstadt wurden bei anfangs 500 Tests schon 45 Infektionen entdeckt. Quelle: dpa

China ist früher aus der Coronakrise gekommen als der Rest der Welt. Nun gibt es in Peking eine neue Infektionswelle. Die Stadt wird teilweise abgeriegelt, die Warnstufe erhöht. Deutsche Firmen verfolgen nervös die Entwicklungen.

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Chinas Chef-Epidemiologe Wu Zunyou steht die Anspannung ins Gesicht geschrieben. „Wer infiziert ist, dürfte in den nächsten zwei Tagen Symptome zeigen. Wenn die Zahl der Infektionen bis dahin nicht stark ansteigt, kann man davon ausgehen, dass die Epidemie im wesentlichen stabilisiert ist“, sagte Wu am späten Montagabend im Interview mit Chinas Staatssender CCTV. Die Behörden in Peking hätten den neuen Ausbruch zwar am frühestmöglichen Punkt erkannt, allerdings könne erst an diesem Donnerstag klar gesagt werden, ob eine Eindämmung gelungen sei – und damit ein größerer Ausbruch verhindert werden könne.

Nun heißt es also, geduldig warten und die Fallzahlen beobachten, nachdem über das Wochenende in Peking das passiert ist, was Chinas Führung um jeden Preis verhindern wollte: Über viele Wochen verzeichnete die Volksrepublik kaum noch neue Erkrankungen. Doch dann kam es auf dem Großmarkt Xinfadi in der chinesischen Hauptstadt zu neuen Ansteckungen.

Der Ort könnte kaum ungünstiger sein: Der Xinfadi-Markt lieferte vor seiner Schließung rund 90 Prozent des Gemüses und Obsts der 20-Millionen-Metropole. Mehr als Zehntausend Menschen gingen dort ihrer Arbeit nach. Dass der Direktor des Marktes sowie zwei Beamte der Pekinger Lokalregierung prompt entlassen wurden, ändert nichts am angerichteten Schaden. Mehr als 130 Infektionen hat Peking bis Mittwoch gemeldet. Als Reaktion riefen die Behörden am Dienstag die zweithöchste Sicherheitsstufe aus, womit Peking teilweise abgeriegelt wird.

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von Sebastian Kirsch

Nervös verfolgen nun auch deutsche Unternehmen die Entwicklung in China. Was auf dem Spiel steht, verdeutlicht das Beispiel Volkswagen. China ist derzeit der wichtigste Stabilitätsfaktor für den Autobauer, der im Mai weltweit gut ein Drittel weniger Autos verkaufte als im Vorjahr, in China aber schon wieder um sechs Prozent zulegen konnte.

In China hatte der Lockdown wegen der Ausbreitung der Lungenkrankheit früher begonnen, mittlerweile produzieren die Autofabriken wieder nahezu auf dem Niveau vor der Krise – und das vielfach im Drei-Schicht-Betrieb. Viele Automanager hatten sich zuletzt optimistisch gezeigt, dass in China die Käufer wieder schnell die Autohäuser aufsuchen werden, weil sich Nachfrage aufgestaut habe. Auch aus anderen Branchen ist von deutschen Firmen ähnliches zu hören.

Kann ein neuer Corona-Ausbruch in China die kurze Erfolgsstrecke der vergangenen Wochen tatsächlich zunichte machen? Jörg Wuttke, Präsident der Europäischen Handelskammer, bleibt vorerst optimistisch.

„Die Vorbereitung und Bewältigung neuer Covid-19-Ausbrüche ist die neue Geschäftsrealität unsere Mitglieder“, sagt Wuttke. Laut der Kammer würden sich Unternehmen darauf einstellen, mit neuen Infektionswellen sowohl in China als auch in Europa umzugehen.

Erforderlich sei dafür Transparenz in der Kommunikation der Behörden sowie angemessene Reaktionen, welche die öffentliche Gesundheit schützen und gleichzeitig wirtschaftliche Belastungen minimieren.

Soll heißen: Vertuschungsversuche wie einst in Wuhan, wo das Coronavirus erstmals im Dezember auf einem Wildtiermarkt nachgewiesen wurde, oder Lockdowns ganzer Provinzen darf es nicht mehr geben.

China habe viel Erfahrung im Umgang mit dem ursprünglichen Ausbruch gesammelt, heißt es bei der Kammer. Deshalb gehe man davon aus, dass die Behörden nun über genauere Mechanismen verfügen, um die Folgen einer neuen Welle zu mindern.

Tatsächlich scheint es, dass Peking derzeit alles versucht, um einen weitflächigeren Lockdown zu verhindern. Zehntausende Menschen wurden innerhalb der letzten zwei Tage auf das Virus getestet. Bewohner aus Gegenden von Peking, die als Hochrisikogebiet eingestuft wurden, sollen die Stadt nicht mehr verlassen, um zu verhindern, dass sich der neue Ausbruch auf andere Teile des Landes ausweitet. Auch alle anderen Pekinger dürfen nur noch Reisen, wenn sie einen negativen Coronatest vorlegen können. Flüge aus und in die Hauptstadt wurden drastisch reduziert.

Wer Peking in den letzten Tagen verlassen hat, muss sich so bald wie möglich bei den örtlichen Gesundheitsämtern melden. Begrenzt wurde auch die maximal erlaubte Anzahl von Fahrgästen in Bussen, Zügen und U-Bahnen. Wie der Staatssender CGTN berichtete, strichen Airlines mindestens 850 Flüge. Masken müssen wieder getragen werden. Die Behörden schlossen erneut die Schulen.

Ob das alles reicht? Laut Epidemiologe Wu wissen wir am Donnerstag mehr.

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