Corona in China Chinas Lockdowns werden zum Horror für die Wirtschaft

VW-Werk Nanjing, nahe Shanghai, China. Quelle: dpa

Die Ausgangssperren in China belasten die Wirtschaft des Landes schwer. Ökonomen rechnen damit, dass die Volksrepublik ihr Wachstumsziel verfehlen wird. Deutsche Unternehmen sind zunehmend verzweifelt.

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Bei Volkswagen hatte man zunächst gehofft, dass Changchun schnell zur Normalität zurückkehren würde. Am 14. März verhängten die Behörden in der nordostchinesischen Metropole einen Corona-Lockdown, von dem Millionen Menschen betroffen sind. Auch die drei Werke des deutschen Autoherstellers mussten die Produktion einstellen. Nur für ein paar Tage, so lautete die Anordnung der Regierung zunächst.

Mittlerweile sind daraus mehr als drei Wochen geworden. Ein Zeitraum, der sich wohl nicht mehr einfach durch Sonderschichten ausgleichen lässt. Neben Changchun steht nun auch noch die Volkswagen-Produktion im Shanghaier Stadtteil Anting seit Tagen still. Die 26-Millionen-Metropole steckt ebenfalls im Lockdown.

Die harten Corona-Maßnahmen der chinesischen Regierung, die unbedingt an ihrer Null-Covid-Strategie festhalten will, treiben chinesische wie auch ausländische Unternehmen in die Verzweiflung. Mehr als die Hälfte (51 Prozent) der deutschen Firmen in China haben vergangene Woche in einer AHK-Blitzumfrage Behinderungen bei Logistik und Lagerhaltung gemeldet. Ganze 46 Prozent leiden unter Störungen der Lieferketten.

Dabei haben nach Angaben der AHK vor allem Maschinenbauer und Hersteller von Industrieanlagen Probleme. Für 54 Prozent waren in diesem Sektor Logistik und Lagerhaltung beeinträchtigt, für 55 Prozent die Lieferketten. Wichtige Vorprodukte kommen bei den Fabriken nicht an. Ebenfalls stark betroffen ist laut AHK die Automobil- und Mobilitätsbranche.

Die Null-Covid-Politik „hat uns in der Vergangenheit sicher gehalten“, räumt der für Südchina zuständige EU-Wirtschaftsvertreter Klaus Zenkel ein. „Die gleiche Politik schnürt uns jetzt die Luft ab.“ Doch ein Strategiewechsel ist nicht in Sicht.

Wollte China plötzlich wie andere Länder „mit dem Virus leben“, würde das unterentwickelte Gesundheitssystem zusammenbrechen. Es müsste mit Zehntausenden oder Hunderttausenden Toten gerechnet werden, je nach Schätzung.

China steckt in einem Dilemma: Dem Milliardenvolk fehlt es an natürlicher Immunität, da es bisher kaum Erkrankungen gegeben hat. Die chinesischen Impfstoffe gelten als nicht so wirksam wie die westlichen Vakzine, die aber in China immer noch nicht zugelassen sind. Zwar ist die Impfrate im internationalen Vergleich hoch, aber Zig-Millionen ältere Chinesen sind nicht oder unzureichend geimpft.

So oder so stehen der chinesischen Wirtschaft also äußerst unangenehme Monate bevor. Das erst im März vom Pekinger Volkskongress beschlossene Wachstumsziel von 5,5 Prozent dürfte nach Ansicht von immer mehr Ökonomen kaum noch zu erreichen sein. Und wenn überhaupt, dann nur durch massive Staatshilfen.

Nicht nur Fabriken stehen still, auch der Dienstleistungssektor leidet enorm, weil sich die Menschen vor dem Hintergrund der unsicheren Aussichten beim Konsum zurückhalten. Der am Mittwoch vom Wirtschaftsmagazin „Caixin“ veröffentlichte Einkaufsmanagerindex (PMI) für den Service-Sektor ging von 50,2 im Februar auf 42 Punkte im März zurück – und brach damit so stark ein wie zuletzt zum Beginn der Corona-Pandemie vor zwei Jahren.

Als Folge des harten Shanghai-Lockdowns – und der sich daraus ergebenen Implikationen für das weitere Vorgehen der chinesischen Behörden – hat auch die US-Investmentbank Morgan Stanley ihre Wachstumsprognose für China scharf gesenkt. Die Bank setzte ihr bereits vor Wochen reduziertes Ziel von 5,1 Prozent weiter auf 4,6 Prozent herab. Morgan Stanley geht in seinem Basisszenario davon aus, dass China das gesamte Jahr an seiner Null-Corona-Politik festhalten wird. Jegliche Lockerungsbemühungen könnten jederzeit durch neue Covid-Ausbrüche zunichtegemacht werden.

Deutsche Unternehmensvertreter hoffen nun, dass zumindest die Situation in Shanghai, dem wichtigsten Wirtschaftszentrum des Landes, bald wieder unter Kontrolle gebracht werden kann. Derzeit sei es jedoch völlig unklar, wie lange der Lockdown noch anhalten wird.

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Hoffnung macht das Beispiel der südchinesischen Tech-Metropole Shenzhen, die zuletzt ebenfalls für acht Tage im Lockdown steckte. Tatsächlich gelang es den Behörden dort, sämtliche Infektionen zu eliminieren. Das Leben ist weitestgehend zur Normalität zurückgekehrt. Allerdings meldete Shenzhen zum Höhepunkt des Ausbruchs auch weniger als 200 Fälle pro Tag. In Shanghai waren es zuletzt über 20.000.

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