Corona-Pandemie in der arabischen Region In Marokko droht ein neuer Lockdown

Das nordafrikanische Land reagiert mit neuen Einschränkungen auf die steigenden Corona-Zahlen – denn im Winter könnten die Krankenhäuser komplett überlastet sein.

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Die Testzentren des Landes sind derweil zunehmend überlastet. Quelle: dpa

Marrakesch steht still. Wo sonst die Touristen dicht an dicht durch die Gassen strömen, hat die Corona-Pandemie für Leere gesorgt. Um das Virus einzudämmen, setzt Marokko auf gezielte – aber strenge - Beschränkungen, dort, wo sich die Infektionszahlen besorgniserregend erhöhen.

In Casablanca, dem Wirtschaftszentrum des nordafrikanischen Landes, gehören Polizeikontrollen inzwischen zur Tagesordnung. Auf den Märkten, in den Straßen und an abgesperrten Stränden sind die Sicherheitskräfte unterwegs. Gelegentlich sind auch Militärfahrzeuge zu sehen. Sie sollen den Bürgern zeigen: Nehmt die strengen Corona-Maßnahmen ernst!

Wie viele andere Länder verhängte Marokko die ersten Lockdown-Maßnahmen im März und lockerte seitdem wieder. Doch auch hier beunruhigen die steigenden Zahlen an Neuinfektionen und die Behörden reagieren mit neuen Beschränkungen. Mit mehr als 110.000 bestätigten Fällen seit März und rund 2500 Toten meldet Marokko die höchsten Zahlen unter seinen nordafrikanischen Nachbarn, trotz monatelanger Schließung von Luft- und Seegrenzen und der Abriegelung einer Reihe von Städten.

In die Hafenstadt Tanger an der Straße von Gibraltar wurden nun im vergangenen Monat Militärfahrzeuge geschickt, die die örtlichen Behörden unterstützen sollen, die Einhaltung der Corona-Maßnahmen zu forcieren. Der Verkehr zwischen Tanger und anderen Städten ist unterbunden. Auch Casablanca darf nur mit besonderer Genehmigung verlassen oder betreten werden.

Dort wird laut Behörden streng darauf geachtet, dass sich niemand aus der Stadt stehlen kann. Die Polizei habe ein Auge auf Taxis, Busse, Lastwagen und auch auf Krankenwagen privater Dienste, sagt der Polizeichef von Al Fida, Karim el Idrani. Denn es sei bekannt, dass auch solche Fahrzeuge genutzt würden, um die Beschränkungen zu umgehen.

Die Hauptstadt Rabat ist zwar nicht abgeriegelt, an den Zufahrtsstraßen aber sind auch Polizisten positioniert. Wer mit dem Auto in die Stadt fahren will, muss nachweisen, dass er hier wohnt. Oder es muss eine Berechtigung zur Zufahrt vorgelegt werden, vor allem wenn man aus einer der abgesperrten Städte kommt, andernfalls droht eine Geldstrafe.

Die steigenden Fallzahlen sind ein herber Schlag für das Touristenland Marokko, das sich auch erst im September wieder für ausländische Geschäftsreisende öffnete. Vor allem Casablanca ist stark getroffen: 42 Prozent der täglich bestätigten neuen Fälle werden laut Gesundheitsministerium in Casablanca gemeldet, 40 Prozent der schweren Verläufe und 38 Prozent der Todesfälle.

Um das Virus auszubremsen, wurden die Schulen wieder geschlossen, die Öffnungszeiten von Märkten, Cafés, Restaurants und Geschäften eingeschränkt. Die Stadt verhängte weiter eine Sperrstunde zwischen zehn Uhr abends und fünf Uhr morgens. Auf den Straßen richtete die Polizei Kontrollposten und Patrouillen ein.

Die Testzentren des Landes sind derweil zunehmend überlastet. Vor Krankenhäusern und Laboren in den Städten bilden sich lange Schlangen. Die Kliniken kämpfen mit steigenden Zahlen von Patienten, die stationär behandelt werden müssen, und einige Intensivstationen geraten an ihre Kapazitätsgrenze. So sorgten schon vor einigen Wochen Bilder von Covid-19-Patienten in den Korridoren des Ibs-Zohr-Krankenhauses in Marrakesch für einen Aufschrei in den sozialen Medien. Das Gesundheitsministerium hat mit der Einrichtung von Lazaretten reagiert.

Und in den Wintermonaten wird auch in Marokko mit einer Verschlimmerung der Situation gerechnet. Viele Krankenhäuser und Testzentren kämen vermutlich an ihre Grenzen, räumte der Epidemiologie-Chef im Gesundheitsministerium, Mohamed Lyoubi, ein. Auch die Falluntersuchungen und die Kontaktnachverfolgung dürften leiden, mahnte er.

Dann wird Marokko über eine weitere Verschärfung der Corona-Maßnahmen nachdenken. König Mohammed VI. hat bereits angekündigt, dass der Corona-Expertenrat des Landes bei steigenden Fallzahlen durchaus einen neuen Lockdown anraten könnte.

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