Coronavirus Wissenschaftlerin hält Testpflicht für chinesische Reisende nicht für notwendig

Südkorea hat damit begonnen, COVID-19-Tests für Einreisende aus China am internationalen Flughafen Incheon, dem Tor zu Südkorea, vorzuschreiben. Quelle: imago images

Einige Staaten ziehen erste Konsequenzen aus Chinas riesiger Coronawelle und fordern negative Corona-Tests bei Einreise von Chinesinnen und Chinesen. Am Mittwoch berät auch die EU darüber. Eine Expertin hält eine Testpflicht für unnötig.

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Während in Deutschland pünktlich zu Weihnachten der Beginn der endemischen Welle eingeläutet wurde, kämpft China derzeit mit hohen Corona-Inzidenzen. Krankenhäuser sind überlastet, Krematorien können die Leichen nicht schnell genug einäschern.

Die jüngsten chinesischen Infektionszahlen erinnern an die Anfänge der Pandemie: Steigende Zahlen in China, ruhigere Situation in Europa. Rund um den Globus verschärfen Staaten wie Südkorea, Australien und die USA die Einreise-Regeln für chinesische Passagiere. Auch EU-Staaten wie Italien, Spanien und Frankreich schließen sich an. So soll es an französischen Flughäfen gar stichprobenartige PCR-Tests bei Passagieren geben, um mögliche neue Coronavirus-Varianten feststellen zu können. Französische Staatsbürger sollten außerdem von nicht unbedingt notwendigen Reisen nach China absehen. 

Für den heutigen Mittwoch hat nun die schwedische EU-Ratspräsidentschaft eine Krisensitzung einberufen. Findet Europa eine gemeinsame Linie gegenüber China? Oder trifft jedes Land alleine seine Entscheidungen – so wie zur chaotischen Anfangszeit der Pandemie?

Deutschland hält sich jedenfalls bisher mit vergleichbaren Maßnahmen zurück. Der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hält Testpflichten bei Einreisen aus China aktuell für „noch nicht notwendig“. Wie sinnvoll wäre eine Testpflicht aus wissenschaftlicher Sicht überhaupt?

Annette Beck-Sickinger ist Professorin für Biochemie und Bioorganische Chemie an der Universität Leipzig, ihr Forschungsschwerpunkt liegt im Bereich biomedizinische Forschung. Sie hält eine Testpflicht für Chinesinnen und Chinesen für unnötig, da die Bevölkerung hier im Westen nach über zwei Jahren Pandemie ausreichend geschützt sei. Die stetig wachsenden Impfzahlen und überstandene Infektionen in Deutschland hätten zu einer Immunität geführt, immer weniger Menschen steckten sich an. „Die Bevölkerung wurde langsam an das Virus gewöhnt, was zu der endemischen Situation führt, in der wir jetzt sind“, sagt sie. Das sei der übliche und zu erwartende Verlauf von Pandemien: Selbst wenn Menschen sich jetzt noch infizieren würden, seien keine schweren Verläufe mehr zu erwarten.

Doch wie hoch ist die Gefahr, dass bei Millionen chinesischer Erkrankungen neue, gefährlichere, Varianten entstehen? „Jedes Virus entwickelt sich weiter, bei jeder Vermehrung kann etwas schief gehen, woraus neue Varianten entstehen“, meint Beck-Sickinger. Trotzdem sei die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Eskalation sehr gering: „Viren werden in ihrer Entwicklung zwar infektiöser, aber auch weniger gefährlich. Dass neue Varianten unseren Schutz untergraben, ist äußerst unwahrscheinlich“, sagt die Biochemikerin. Damit bestehe vor allem noch eine Gefahr für Personen, die weder geimpft sind, noch eine Infektion durchgemacht haben.

Die angespannte Lage in China erklärt die Biochemikerin mit der monatelangen Null-Covid-Strategie: Die Menschen hatten nur wenig Kontakt zum Virus, haben sich nicht infizieren und damit keine Immunität aufbauen können.

Auch die chinesische Impfstrategie sei ein Grund für die hohe Ansteckungsrate: „Während in Deutschland die besonders gefährdeten Menschen, also diejenigen, die ein sehr schwaches Immunsystem haben, zuerst geimpft wurden, wurden in China zuerst Menschen geimpft, die im Alltagsleben sehr aktiv sind.“ Die chinesischen Impfstoffe seien dazu bei weitem nicht so effektiv, wie die hierzulande genutzten RNA-Impfstoffe. Statt der Vakzine von Moderna und Biontech werden in China nur Impfstoffe genutzt, die in der Volksrepublik selbst entwickelt und produziert werden, dabei handelt es sich um klassische Tot-Impfstoffe. Die mRNA-Impfstoffe seien den „klassischen überlegen und bieten einen effektiveren Schutz“.

Die Biochemikerin vergleicht die Corona-Situation in China mit der aktuellen Krankheitswelle in Deutschland: „Womit die Chinesinnen und Chinesen jetzt kämpfen, kämpfen wir gerade auch.“ So hätten wir in Zeiten des Lockdowns zwei Jahre lang unser Immunsystem nicht trainiert. Die Folge: In Deutschland wüten nun andere, altbekannte Erreger wie Influenza oder RSV. Die Chinesinnen und Chinesen erleben das nun eben erstmals mit dem Sars-Cov-2-Virus, vor allem, weil von heute auf morgen die Strategie geändert wurde. 

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Das bevölkerungsreichste Land der Erde hatte vor knapp einem Monat abrupt ein Ende seiner Null-Covid-Politik verkündet. Die Kehrtwende wurde damit begründet, dass die Infektionen mit den neuen Omikron-Varianten nicht mehr so schwer verliefen. „Ein Immunsystem ist ein System, das ständig lernt, und praktisch immer wieder mit einem Erreger exponiert sein muss. Dann lernt es und schützt uns“, erklärt Beck-Sickinger. Während man vor einigen Erregern ein Leben lang geschützt sei, müsse der Körper die Veränderung anderer durch neuerlichen Kontakt mitbekommen.

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