Countdown zum „Fiscal Cliff“ Der Charme eines kleinen Klippensprungs

Noch zwei Tage haben Demokraten und Republikaner Zeit, den Haushaltsstreit zu lösen und Amerika vor dem Sturz von der Fiskalklippe zu retten. Die US-Korrespondenten von Handelsblatt Online zählen den Countdown herunter.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Was soll die ganze Politshow in Washington? Lasst Amerika über die Klippe springen, dann ist endlich Schluss mit dem Drama. Tag ein, Tag aus dreht sich alles nur noch um diese blöde Fiskalklippe. Von Angela Hennersdorf.

Es ist ein ungewöhnlich geschäftiges Wochenende in Washington. Bis Montag Tage haben die beiden Parteien Zeit, einen Kompromiss zu finden und den Sprung über die „Fiscal Cliff“ zu vermeiden. Bis in die Nacht wurden am Samstag Papiere hin und her geschoben, über Details verhandelt und über neue Steuersätze debattiert. Am Sonntagnachmittag – spätestens – wollen die führenden Demokraten und Republikaner im Senat einen Deal ausgearbeitet haben. Vorher wird noch einmal kräftig die Werbetrommel gerührt: Senatoren füllen die Stühle auf den sonntäglichen Talk-Shows. Präsident Obama persönlich wird im Presseclub „Meet the Press“ auftreten, um noch einmal auf eine Einigung zu drängen.

Alles konzentriert sich auf eine kleine Lösung in letzter Minute, die die schlimmsten Folgen der Fiskalklippe abwendet. Einen umfassenden Deal im Haushaltsstreit wird es in diesem Jahr wohl nicht mehr geben, obwohl Amerikas Politiker mehr als ein Jahr dafür Zeit hatten. Doch auch eine kleine Lösung ist noch längst nicht sicher. Für so manchen Politiker wäre es sogar attraktiver, das Land „über die Klippe“ springen zu lassen – zumindest für ein paar Tage.

Die USA zittern vor der „Fiskalklippe“

Denn schon Anfang Januar könnten die großen Fragen um eine stärkere Besteuerung der Reichen und um einen sinnvollen Schuldenabbau geklärt sein. Dann nämlich tritt der neu gewählte Kongress zusammen. Und sowohl für Obamas Demokraten als auch für die Republikaner gibt es Argumente, abzuwarten und nach dem 3. Januar erst eine Lösung zu finden, statt sich zu einem überstürzten Kompromiss drängen zu lassen.

Auch für Demokraten attraktiv

Für Republikaner hätte ein kleiner Klippensprung einen besonderen Charme: Ohne einen Kompromiss würden die Steuern für alle Amerikaner steigen. Und nach dem 3. Januar könnten Republikaner dann dafür stimmen, die Steuern für einen großen Teil der Bevölkerung wieder zu senken. Das ist für die konservative Partei attraktiver, als jetzt dafür zu stimmen, die Steuern für die wohlhabenden Amerikaner zu erhöhen. Steuererhöhungen sind grundsätzlich ein rotes Tuch für viele Politiker der Partei. Einige haben sich sogar öffentlich dazu verpflichtet, niemals die Steuern zu erhöhen.

Die größten Pleitekandidaten der USA

Der Sprecher im republikanisch geführten Repräsentantenhaus, John Boehner, wird am 3. Januar wiedergewählt. Danach, so heißt es in Washington, hätte er mehr Freiheiten, einen Deal auszuarbeiten. Jetzt würde er nichts tun, was seine Wiederwahl gefährden könnte. Boehner hatte vor Weihnachten die Verhandlungen platzen lassen und die Verantwortung auf den demokratisch geführten Senat abgewälzt.

Auch für Demokraten wäre dieser Weg attraktiv. Sie werden nach dem 3. Januar mehr Stimmen im Repräsentantenhaus haben. Und auch sie wollen sich jetzt nicht in einen Kompromiss drängen lassen, der Reichen eine Steuererhöhung erspart oder bei den Sozialsystemen zu harte Einsparungen durchsetzt.

Der Zeitdruck bleibt: Denn wenn der Countdown ausgelaufen ist, werden die Märkte Druck auf Washington machen. Die Politiker sind schon darauf eingestellt. „Ich glaube, die Märkte werden uns für unser Scheitern bestrafen“, sagte der demokratische Abgeordnete Peter Welch im US-Fernsehen. „Und sie sind vielleicht der einzige Weg, um uns noch zu einer Einigung zu bewegen.“

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%