Das Geschäft mit Lumpen Wie mit unseren Altkleidern Profit gemacht wird

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"Südkoreaner und Chinesen haben Preise verdorben"

Horst Tschöke hat noch eine andere Reaktion beobachtet. „Seit einige unserer Nachbarstädte begonnen haben, gegen Altkleidercontainer vorzugehen, tauchen bei uns in Herne immer mehr auf.“ Die karitativen Sammler hingegen setzen zumeist noch auf Kooperation. Immerhin haben sie das starke Argument der guten Tat. Damit gelingt es ihnen, den Städten zumindest einzelne Stellplätze oder einen Anteil an den Einnahmen abzuringen.

Doch je größer die Haushaltsnot ist, desto geringer wiegen diese Argumente. Oder, wie es die Monopolkommission in ihrem aktuellen Bericht ausdrückt: „Kommunale Entsorger weiten ihre unternehmerischen Tätigkeiten in jüngster Zeit deutlich aus. Im Ergebnis werden die vorrangigen Ziele der veränderten Regelungen zu gewerblichen Sammlungen – die Stärkung des Wettbewerbs sowie eine Verbesserung der Qualität und Quantität des Recyclings – gerade nicht erreicht.“

IV. Asymmetrische Information

Auch wenn ihr Geschäft in Gefahr gerät, zumindest ein wenig Schadenfreude könnte den gewerblichen Sammlern am Ende bleiben. Denn die Mühlen der Verwaltung malen langsam. So vergeht zwischen der Entscheidung der Stadt Herne, in die Altkleiderentsorgung einzusteigen, und der Aufstellung des ersten Containers, mehr als ein halbes Jahr. Und damit gehört die Stadt noch zu den schnelleren. Doch während die Verwaltung prüft, genehmigt und vollzieht, stehen auch die Absatzmärkte nicht still.

Die beiden Sprösslinge Frank und Wolfgang der Familie Dohmann sind Dortmunder Lumpensammler seit 1926. Einst verarbeiteten sie alte Textilien zu Rohrdichtungen für die Schwerindustrie. Doch mit dem Niedergang der Industrie geriet auch ihr Geschäftsmodell in Gefahr. Sie entdeckten, dass sie mit den Textilien deutlich mehr verdienen konnten, wenn sie die brauchbaren Teile weiterverkauften. Verträge mit den Wohltätigkeitsorganisationen der Region sichern ihnen heute einen zuverlässigen Zustrom an Waren.

Ihre Aufgaben haben die beiden klar aufgeteilt: Wolfgang Dohmann kümmert sich zu Hause darum, dass die Sortieranlage stets Futter bekommt. Frank Dohmann, sein jüngerer Bruder, ist der Weltenbummler mit Kontakten zu Händlern und Häfen in Afrika und Asien. Wenn es gut läuft, reist er dafür zwei- oder dreimal im Jahr nach Daressalam. Aber gut läuft es gerade nicht, deshalb ist Dohmann fast permanent in Afrika. „In Ostafrika dominieren Südkoreaner und Chinesen den Markt“, klagt Dohmann, „die haben uns die Preise verdorben.“

Was deutsche Kämmerer noch nicht ahnen: Westliche Händler drohen im Handel mit Gebrauchtklamotten ins Hintertreffen zu geraten. Schon vor rund zehn Jahren gab es einmal einen heftigen Preiseinbruch, als die Ostafrikaner reihenweise auf importierte Neuware von chinesischen Herstellern umstellten. Die Qualität dieser Waren erwies sich jedoch als so minderwertig, dass viele Kunden wieder auf europäische Zweitware umstiegen.

Nun hat die Konkurrenz dazugelernt, die günstigen Neuwaren sind besser geworden. Hinzu kommt: Allein China produziert jedes Jahr für den eigenen Markt 43 Millionen Tonnen Kleidung – und jährlich landen 26 Millionen in der Tonne. Langsam beginnt man auch dort, die gebrauchten Klamotten weiterzuverwenden. Da die Transport- und Logistikkosten deutlich niedriger als in Europa liegen, kommt die getragene Ware gut 30 Prozent günstiger in Afrika an.

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