Das Geschäft mit Lumpen Wie mit unseren Altkleidern Profit gemacht wird

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Warum asiatische Altkleider die europäischen verdrängen

In Daressalam lagern Dohmanns „Mitumba“-Packen aus den Malteser-Containern mit ihren rund 40 Kilogramm Gewicht direkt neben asiatischen Ballen mit dem doppelten Gewicht. Der Preis ist fast der gleiche. In einer Holzhütte mitten im Markt von Daressalam sitzt Ali Mualim Urembu. Der kahle Mittfünfziger ist am Markt von Mchikichnini einer der wichtigsten Männer, er leitet die Abteilung für Gebrauchtwaren.

„Der Stückwaren-Absatz läuft gut, aber die Qualität der Waren wird immer schlechter, und die Margen sinken“, sagt der Marktmanager. „Die Großhändler drücken billige Klamotten aus China und Südkorea in den Markt“, sagt er. Wer Europas Mitumba kaufen wolle, habe schlechte Karten: „Unsere Großimporteure arbeiten fast nur noch mit Asiaten zusammen, weil auch für sie die Gewinne dabei größer sind“, erzählt Urembu.

Lila für die Ladys

Ähnliches berichtet Silvano Nyakapala, der auf verschlungenen Pfaden zu seinem Verkaufsstand führt. Flink bewegt er sich durch den verwinkelten Markt aus Tausenden Blechcontainern und Holzhütten. Er springt über Pfützen, biegt links und rasch wieder rechts ab. „Ich kaufe kaum noch Ware aus Europa, weil die Größen für unsere Frauen zu groß sind“, sagt der Händler. „Außerdem tragen die Asiaten gern lila, so wie unsere afrikanischen Ladys.“

Der Altkleidermarkt ist heute zwar globalisiert wie jeder andere, aber der Gang von Informationen ist hier nach wie vor ein ziemlich unübersichtlicher. Da es keine zentralen Handelsplattformen oder Börsen gibt, verbreiten sich Preise nur über informelle Wege. Mit anderen Worten: Wer keinen Kontakt in Daressalam hat, der erfährt viel zu spät, wie es um seine Absätze steht.

Für Horst Tschöke könnte die ganze Geschichte daher noch zu einem großen Ärgernis werden. Er investiert gerade in Container, bald auch in Fahrzeuge und Personal. Wenn die Preise wie prophezeit sinken, würde all das die ohnehin hoch verschuldete Stadt weiter belasten.

Der Berliner Hafenplatz mit seinen vielen Containern ist kein Schmuckstück in der schmucken Hauptstadt. Seinen vielversprechenden Namen hat er aus einer Zeit, als hier noch Waren umgeschlagen wurde, das einstige Hafenbecken aber ist längst zugeschüttet, ein reizloser Park und eine donnernde Hauptstraße sind an die Stelle getreten.

Als Reiseziel für lernwillige Ökonomen, geläuterte Stadtkämmerer und gegängelte Unternehmer aber ist er trotzdem eine Reise wert. Ein bisschen dreckig, aber mit viel Freiheit und Profitchancen für jeden, der sich streckt. Richtig schön kapitalistisch eben.

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