




Gut eine Woche ist es her, da betonte US-Präsident Barack Obama, wie wichtig es sei, die richtige Balance zwischen dem Schutz der Privatsphäre, dem Informationsbedürfnis der Bürger und der nationalen Sicherheit zu finden. Vielleicht war diese Aussage, die sich im Nachhinein als pure Worthülse entpuppte, der Grund dafür, warum der Amerikaner Edward Snowden sich entschloss, den Amerikanern die Augen zu öffnen, und die Wahrheit darüber zu erzählen, wie weit Amerika, der vermeintliche Hort von Rechtstaatlichkeit und Demokratie, tatsächlich geht - und nicht nur die eigenen Staatsbürger bespitzelt, sondern Daten von Telefongesprächen und die Internet-Kommunikation im großen Stil weltweit abfängt.
Ein junger Mann, Schulabbrecher, ehemaliger Mitarbeiter des US-Geheimdienstes, zuletzt in den Diensten des Militärberatungsunternehmens Booz Allen Hamilton, wo er Zugang zu sensiblen Geheimdienstinformationen hatte, bringt US-Präsident Barack Obama nicht nur national, sondern auch international in größte Bedrängnis. Der 29-jährige gab sich als der Informant preis, der den Medien enthüllte, dass der US-Geheimdienst NSA ein weltumspannendes Netz – Codename PRISM – geknüpft hat. Mit diesem überwachen die Amerikaner global E-Mails, Telefongespräche und die Kommunikation im Internet – mit direkter oder indirekter Hilfe über die Computerserver der amerikanischen Internet-Giganten Google, Yahoo, Facebook, Apple & Co.





Snowdens Motiv klingt ähnlich wie das des US-Soldaten Bradley Manning, der seit drei Jahren in US-Untersuchungshaft sitzt, weil er geheimdienstliche Informationen aus dem Irakkrieg an die Internetplattform Wikileaks weitergab. Er habe, so Snowden, die Öffentlichkeit über die „massive Überwachungsmaschine“ und den Verlust der Privatsphäre informieren wollen.
Kampf dem Terror – der Zweck heiligt die Mittel
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Flugs betonte Obama er stünde zu dem Überwachungsprogramm als Kampf gegen den Terror. Auch das Gros der US-Politiker im Kongress verteidigte die Schnüffelei und verurteilte die Enthüllung des geheimen Programmes durch den jungen Computermitarbeiter der Beratungsfirma Booz Allen Hamilton als Verrat. Senator McCain, Republikaner des Bundesstaates Arizona sprach sich gar für eine Ausweitung des Überwachungsprogramms aus, weil die Gefahr des Terrorismus weltweit eher zu- als abnehmen werde. Für die meisten amerikanischen Politiker ist Snowden ein Spion im Dienste des Feindes, der hinter Schloss und Riegel gehört.
So lesen Deutsche Behörden mit
Fakt ist, auch der BND durchkämmt massenhaft E-Mail-Nachrichten. Das bestätigte die Bundesregierung bereits im Mai 2012 in einer Antwort auf eine Anfrage der Bundestagsfraktion der Linken. Der Dienst durchforste elektronische Nachrichten nach tausenden Suchbegriffen, heißt es darin. Im Jahr 2010 wurden damit 37 Millionen Nachrichten herausgefiltert, bei den E-Mails stellten sich jedoch 90 Prozent als Spam heraus. Auch verschlüsselte Kommunikationen könnten deutsche Geheimdienste teilweise entschlüsseln.
Ob Gesetze der USA den US-Behörden Zugriff auf die Daten europäischer Nutzer erlauben, wollte die Linke in einer weiteren Anfrage wissen. Dazu „liegen der Bundesregierung nur Hinweise aus öffentlich zugänglichen Quellen vor“, hieß es im März knapp im Antwortschreiben der Regierung.
Grundsätzlich gilt: Wer Privates privat halten will, sollte es nicht im Netz teilen. Aber wenn man persönliche Details vor dem Zugriff Dritter schützen will (oder auch nur verhindern, dass dazu automatisiert passende Werbung angezeigt wird), dann sollte man seine Nachrichten verschlüsseln. Zusatzsoftware oder auch die erforderlichen Zertifikate, mit denen man die entsprechenden Funktionen aktivieren kann, gibt es für viele externe E-Mail-Programme, wie Outlook oder Thunderbird. Wer dem nicht zustimmt, muss den Anbieter wechseln, denn das alte spionagefreie Angebot ist abgeschaltet.
Aktuell gilt ein 923 Bit umfassender E-Mail-Schlüssel als am sichersten. Aufgrund der Größe ist er kaum zu knacken. Forscher benötigten in einem Text 148 Tage und 21 Rechner, um hinter den Schlüssel zu kommen.
Das Volk ist gespalten. Nichts hassen die Amerikaner mehr als das Eindringen des Staates in ihre Privatsphäre – Kampf gegen den Terror hin oder her. „Die Amerikaner sind grundsätzlich skeptisch allem gegenüber, was die Regierung tut – da herrscht wenig Vertrauen bei den Amerikanern“, sagt etwa der renommierte TV-Journalist Wolf Blitzer. Allerdings haben die Amerikaner nach den Terrorangriffen am 11. September 2001 alle neuen Sicherheitsvorschriften seitens der Regierung kampflos hingenommen.
Seit 9/11 herrscht etwa in New York City Sicherheitsstufe 1. In öffentlichen Gebäuden werden Menschen und Taschen wie am Flughafen durchleuchtet. Besucher müssen sich ausweisen und in Unterschriftenlisten eintragen. Die ganze Gegend rund um die Wall Street gleicht einem Hochsicherheitstrakt: in die Straßen rund um die Börse sind Blockaden eingebaut – mit dem Auto reinfahren darf man hier nur mit Sondergenehmigung. In der U-Bahn stehen regelmäßig Polizisten und durchsuchen willkürlich Taschen von Passanten. Die Amerikaner nehmen es gelassen – vor alle seitdem die Angst vor Terrorangriffen nach dem Bombenanschlag in Boston wieder neu aufgeflammt ist.