




„Es gibt immer noch Leute, die glauben, dass wirtschaftlicher Erfolg auf mehr Regeln und Soziale Wohltaten basiert“, kritisiert Cameron. „Ich glaube nicht dran.“ Es sei schade, dass es immer noch Parlamentarier in der EU gebe, „die immer neue Gesetze herausgeben wollen“. „Wir können nicht immer mehr Regeln schaffen, die Unternehmen müssen flexibel agieren können“, so der britische Premier.
Cameron fordert weniger Europa, weniger Einschränkungen (etwa beim Fracking), weniger Bürokratie. Das stößt nicht nur bei der Wirtschaft, sondern auch bei den Bürgern auf offene Ohren. In der Heimat macht die europakritische und rechtsgerichtete United Kingdom Independence Party von Nigel Farage dem Premier Druck. Cameron braucht dringend Ergebnisse, um eine Abwanderung seiner Wähler hinzu Farage zu verhindern. Doch nicht nur in Großbritannien, quer durch Europa dürften Brüssel-kritische Parteien zum Teil massiv an Stimmen zugewinnen. Bis zu einem Drittel aller Abgeordneten könnten nach Straßburg entsendet werden, die Europa am liebsten rückabwickeln wollen.
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David Cameron zählt sich selbst nicht dazu. Er wolle die EU nicht auflösen. Ihm gehe es darum, Europa zu stärken, dort wo es stärker sein muss. „Wir brauchen den Binnenmarkt, wir brauchen Freihandelabkommen zwischen Europa und anderen Wirtschaftsregionen und wir müssen unsere Interessen in der globalisierten Welt mit einer Stimme vortragen“, so der britische Premier.
Gleichzeitig will der Brite weniger Europa dort, wo Brüssel seiner Meinung nach ungerechtfertigt viel Einfluss hat. „Ich glaube, dass es die Rolle von Großbritannien in Europa ist, frei von der Leber zu sprechen und ganz klar zu sagen, was nicht passt“, so Cameron. Zu viel Bürokratie sei einer dieser Punkte, über die man streiten müsse.
Das Weltwirtschaftsforum
Bei öffentlichen Seminaren sowie bei vertraulichen Begegnungen geht es um Lösungsansätze für globale Herausforderungen. Das dabbei mögliche „Networking“, das Knüpfen beruflicher und geschäftlicher Kontakte, gilt als wichtiger Nebeneffekt.
Gegründet wurde das WEF von dem Wirtschaftsexperten Klaus Schwab. 1971 organisierte der im oberschwäbischen Ravensburg geborene Sohn eines Schweizer Fabrikdirektors auf eigenes finanzielles Risiko ein Symposium für europäische Unternehmer. Später legte er den Schwerpunkt auf allgemeine wirtschaftliche und politische Fragen und gründete die WEF-Stiftung.
Das Jahrestreffen in Davos ist deren bekannteste Aktivität, aber längst nicht die einzige. Zum WEF-Jahresreigen gehört das Treffen der „New Champions“ in China. Auch zu diesem „Davos für Schwellenländer“ reisen Entscheidungsträger aus etlichen Staaten an. Hinzu kommen spezielle Treffen für Südamerika, Ostasien und Indien, den Nahen Osten, Eurasien sowie Afrika.
Dem Forum gehören 1000 der weltgrößten Unternehmen sowie 200 kleinere als Mitglieder oder Partner an. Der Jahresbeitrag liegt - je nach Größe der Firma und Umfang der Beteiligung - zwischen 50 000 und 500 000 Franken (derzeit 410 000 Euro). Das als Nonprofit-Unternehmen angelegte WEF hat seinen Hauptsitz in Cologny am Genfer See und beschäftigt weltweit rund 500 Mitarbeiter.
Und ja, auch das gehört zur Wahrheit. In der belgischen Hauptstadt haben es sich Tausende EU-Verwaltungsbeamte gemütlich gemacht. Menschen, die an einem zentralisierten Europa gut verdienen und Entscheidungen an sich ziehen, die nicht in ihre Hand gehören, aber ihren Arbeitsplatz festigen. Kompetenzen zurückzuverlagern, das Subsidaritätsprinzip wieder vermehrt in den Fokus zu rücken, so wie es Cameron fordert ist daher nicht ketzerisch, sondern für alle Seiten von Vorteil. Vor Ort zu entscheiden, was vor Ort wichtig ist, stärkt die Demokratie und schont den Geldbeutel. Und Brüssel hat die Chance, von seinem schlechten Image wegzukommen: von einer Behörde, die den Krümmungsgrad einer Gurke festlegt und Olivenölkännchen in Restaurants verbieten will.