Mike Pence gegen Tim Kaine - die Namen sagen laut Umfragen jedem zweiten Amerikaner nichts. Gerade deshalb könnte das TV-Duell der Vize-Kandidaten über die Wahl der diesjährigen Präsidentschaftswahl mitentscheiden.
Denn anders als sonst mussten der demokratische Kaine und der republikanische Pence das Image ihrer Chefs aufpolieren. Sowohl Donald Trump als auch Hillary Clinton sind bei den Wählern äußerst unbeliebt. Kaine und Pence hatten Dienstagabend die Chance zur Imagekorrektur.
Und die gelang vor allem dem Republikaner Pence gut. Trumps "running mate" punktete insbesondere beim wichtigen Thema Wirtschaft. Pence ist seit 2013 Gouverneur des US-Bundesstaates Indiana und gilt als werte-konservativer Kandidat. Er hat Indiana einem strikten Sparkurs unterzogen, gleichzeitig aber den Bildungsetat erhöht. Die Arbeitslosenzahlen habe er "halbiert". Die Argumente wirkten in der Debatte überzeugend.
Wenn Amerika am 8. November einen neuen Präsidenten wählt, werden die Themen Jobs und Wirtschaft eine große Rolle spielen. Pence verspricht, die Steuern für kleine und mittlere Unternehmen zu senken und Bürokratie zu reduzieren. Damit spricht er Wähler an, die hinter den traditionellen republikanischen Werte stehen.
Anders als sein Chef reüssiert Pence vor allem mit seiner Art. Er bleibt hart in der Sache, aber gemäßigt im Ton. Damit stellt er verloren gegangenes Vertrauen in die Partei wieder her. Mit einem republikanischen Präsidenten, so die unmissverständliche Botschaft, werde der Staat schlanker und stärker sein. Viele Wähler, die sich durch das sprunghafte und flegelhafte Verhalten Trumps abgestoßen fühlen, könnten sich durch Pence überzeugen lassen.
Pence ist kein Unbekannter in der Partei. Er galt 2008 sogar mal als Anwärter auf die Präsidentschaftskandidatur bei den Republikanern. Sollte Trump dieses Jahr nicht gewinnen, hätte Pence sicher gute Aussichten bei der Wahl 2020.
Pence distanziert sich sogar von Trump, wenn auch nur indirekt. Während Trump Putin einst als starken Führer gelobt hat, warnte Pence vor dem Millionenpublikum, der "russische Bär" sei niemals tot, sondern befinde sich nur "im Winterschlaf". Auf die Frage, ob Trump die nukleare Waffenarsenal ausbauen werde, spricht Pence von einer "Modernisierung". Sechs Mal wirft ihm Kaine in konkreten Punkten vor, sich zu weigern, Trump offen zu verteidigen. Pence ging nicht weiter auf die Vorwürfe ein.
Der Demokrat Kaine, der aggressiver auftrat, versuchte die offenen Flanken des Tandems Trumps/Pence geschickt zu nutzen. Dennoch ist es Pence gelungen, ein Korrektiv zum aufbrausenden Charakter Trump aufzubauen. Es war auch seine Aufgabe, den verbalen Querschlägen von Trump den Anschein der Vernunft entgegen zu stellen.
Doch am Ende zeigt die Debatte auch, dass es bei der anstehenden Wahl um zwei unterschiedliche Staatsmodelle geht. Jeder Zuschauer dürfte sich daher in seinen Überzeugungen bestätigt fühlen. Der Demokrat Kaine wirbt für einen fürsorgenden Staat, der die soziale Sicherheit im Alter sicherstellt, der Ausländern die Einwanderung erleichtert und viel Geld in die marode Infrastruktur steckt.
Der Republikaner Pence hingegen fordert mehr private Fürsorge, mehr Geld für innere Sicherheit und Grenzsicherung. Außerdem ist er gegen das Recht der Frauen auf Abtreibung.
Bei der Wahl geht es mehr denn je darum, die Wähler für sich zu gewinnen, die sich bislang noch nicht entschieden haben. Wer den Republikanern nahe steht, aber bislang mit Trump fremdelte, hat sich durch Pence womöglich wieder überzeugen lassen.