Demonstrationen Iran räumt gewaltsames Vorgehen von Sicherheitskräften bei Protesten ein – wohl über 200 Tote

Bei Protesten im Iran sind laut Schätzungen 208 Menschen getötet worden. Die Regierung in Teheran übernimmt nun erstmals Verantwortung für die Gewalt.

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Der Iran hat erstmals eingeräumt, dass Sicherheitskräfte bei jüngsten Massenprotesten tödliche Gewalt angewandt haben. Sie hätten in mehreren Städten „Randalierer“ erschossen, gab das Staatsfernsehen am Dienstag bekannt. Es war das erste Mal, dass die iranischen Behörden eine Verantwortung für die Gewalt übernahmen, mit der die Proteste niedergeschlagen wurde. Das Eingeständnis erfolgte in einem TV-Beitrag, der internationale Nachrichtenkanäle in persischer Sprache für deren Berichterstattung über die Unruhen kritisierte.

Entzündet hatten sich die Proteste am 15. November an einer Preiserhöhung bei staatlich subventioniertem Benzin. Einen Tag nach deren Beginn wurde das Internet weitgehend blockiert. In der Folge konnten Aktivisten keine Videos oder Informationen über das Geschehen teilen, die Außenwelt bekam wiederum nur begrenzten Einblick in das Ausmaß der Gewalt. In den vergangenen Tagen wurde das Internet in weiten Teilen des Landes wieder freigeschaltet, wodurch neue Videos in Umlauf gekommen sind.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International machte erst am Montag eine neue Schätzung publik, nach der mindestens 208 Menschen bei den Protesten und dem harten Vorgehen der Sicherheitskräfte getötet worden seien. Zu den Todesfällen sei es innerhalb weniger Tage gekommen, teilte eine für Iran zuständige Forscherin der Menschenrechtsorganisation mit.

Das Ausmaß sei in der Geschichte der Menschenrechtsverstöße in der Islamischen Republik „ziemlich beispiellos“. Die iranische UN-Mission bestritt die Amnesty-Zahlen am Dienstag, legte aber keine Belege für das Dementi vor.

Zwar gingen im November nicht so viele Iraner auf die Straße wie nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl 2009. Doch eskalierte die Gewalt bei den Protesten gegen die Benzinpreiserhöhung offenbar schneller als bei vorangegangenen Demonstrationen. Dies werten Experten als Hinweis auf den weit verbreiteten Unmut über die Wirtschaftskrise, die das Land seit Mai 2018 im Griff hält. Damals ließ US-Präsident Donald Trump lähmende Sanktionen gegen den Iran verhängen, nachdem Washington unilateral aus dem Atomabkommen zwischen Teheran und den Weltmächten ausgestiegen war.

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