Denkfabrik Die globale Schuldenspirale gefährdet den Aufschwung

Der Kampf gegen die Überschuldung der Industriestaaten kommt nicht voran. Das ist gefährlich – vor allem, wenn die Zinsen wieder steigen. Dann drohen höhere Steuern.

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Schuldenuhr des Bundes der Steuerzahler am Mitte 2015 in Berlin Quelle: dpa

Das Problem ist nicht neu, aber von großer Bedeutung – und alle Lösungsversuche waren bisher vergeblich.
Fakt ist: Die Schulden in den meisten Industriestaaten steigen und steigen. In den Vereinigten Staaten hat sich die Staatsschuldenquote laut dem Haushaltsbüro des Kongresses in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt – von 36 Prozent auf rund 74 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP).

Die Haushaltsexperten sagen voraus, dass selbst bei günstigen wirtschaftlichen Annahmen (und ohne neue Programme zur Ausgabensteigerung oder Einnahmenreduzierung) die US-Verbindlichkeiten in zehn Jahren eine Höhe von 86 Prozent vom BIP erreichen. Noch besorgniserregender ist, dass sich die jährliche Defizitquote im nächsten Jahrzehnt auf 4,9 Prozent des BIPs verdoppeln dürfte – was auf lange Sicht eine Gesamtschuldenquote von über 100 Prozent erwarten lässt.

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Ähnlich prekär ist die Lage in Japan. Hier liegt die Gesamtverschuldung bereits bei über 200 Prozent des BIPs. Da das momentane jährliche Defizit des Landes bei sechs Prozent liegt, dürften sich die Haushaltsprobleme Nippons weiter verschärfen, sofern die Politik nicht gegensteuert.

Kein Ende in Sicht

Die Länder der Europäischen Union sind unterschiedlich stark betroffen. Aber immerhin drei der vier größten Volkswirtschaften in der EU – namentlich Frankreich, Italien und Großbritannien – haben derzeit so hohe Schulden und jährliche Defizite, dass ein Abschmelzen ihres hohen Verschuldungsgrads auf absehbare Zeit nicht zu erwarten ist.

All diese Aussichten sind sehr beunruhigend. Denn steigende Staatsschulden binden Mittel, die ansonsten zur Finanzierung produktivitätssteigernder Unternehmensinvestitionen verwendet werden könnten.

Mehr noch: Wenn die Zinsen wieder steigen – was sicher kommen wird! –, sind zur Deckung der höheren Kreditkosten am Ende höhere Steuern nötig. Das wissen natürlich auch die Unternehmen. Dies wiederum führt zu negativen Anreizeffekten und einer sinkenden wirtschaftlichen Aktivität. Andauernde hohe Defizite behindern zudem die Regierungen, in wirtschaftlichen Krisen oder Bedrohungen der nationalen Sicherheit die Ausgaben zu erhöhen.

Defizitverringerung ist Aufgabe der Politik

Die Verringerung der Defizite ist somit eine zentrale Aufgabe für die Politik. Aber auch die Zentralbanken spielen eine Rolle. Die tatsächliche Belastung der Industriestaaten durch Haushaltsdefizite wird ja momentan durch die Niedrigzinspolitik abgemildert. Dies nimmt gleichzeitig den Reformdruck von den Politikern, und die Wähler fühlen sich ermuntert, neue Ausgabenprogramme und Steuererleichterungen zu fordern. Die Zentralbanken sollten daher klar kommunizieren, dass die Zinsen künftig deutlich steigen werden – was es für die Regierungen teurer macht, neue Kredite aufzunehmen oder bestehende Kredite umzuschulden.

Defizite verringern

Um die Defizite zu verringern, muss die Politik entweder die Steuereinnahmen erhöhen oder die Ausgaben senken. Allerdings: Die Erhöhung der Eingangssteuersätze ist politisch unbeliebt und wirtschaftlich schädlich. Besser ist es daher, steuerliche Abzugsmöglichkeiten zu begrenzen. In den USA zum Beispiel erhalten Bürger, die sich ein Elektroauto kaufen, eine kräftige Steuerreduzierung von 7000 Dollar. Zu den größeren Abzugsmöglichkeiten in den USA gehören auch die Absetzbarkeit von Hypothekenzinsen sowie der Ausschluss der vom Arbeitgeber bezahlten Krankenversicherungsprämien vom steuerpflichtigen Einkommen.

Mehreinnahmen generieren

Zwar scheint mir die völlige Streichung dieser Steuerabzugsmöglichkeiten Politisch unmöglich zu sein. Doch selbst durch eine Begrenzung ließen sich erhebliche Mehreinnahmen erzielen. Ich tue derzeit mein Bestes, um meine republikanischen Freunde im amerikanischen Kongress davon zu überzeugen.

Denn schon eine relativ kleine Verringerung der jährlichen Defizite kann eine Volkswirtschaft auf den Weg zu einer erheblich geringeren Schuldenquote führen. In den USA etwa würde eine Senkung des Defizits von den geplanten 4,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf 3,0 Prozent die Gesamtschuldenquote auf 60 Prozent zurückführen.

Es ist höchste Zeit, dass sich alle G7-Staaten eine solche Politik auf ihre Fahnen schreiben.

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