Denkwürdige Pressekonferenz Donald Trumps (un)geschicktes Ablenkungsmanöver

Krise, welche Krise? Donald Trump versucht von seinem Fehlstart im Weißen Haus abzulenken und liefert sich erneut ein Scharmützel mit der Presse. Doch viele wichtige Fragen bleiben unbeantwortet.

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Diese Pressekonferenz von Donald Trump sorgt für Schlagzeilen. Quelle: AP

Donald Trump lügt – vor laufenden Kameras und Millionen Zuschauern. Kein Präsident seit Ronald Reagan habe so viel Wahlmänner hinter sich vereinigen können wie er. Binnen Sekunden lässt sich das nachprüfen. Es ist schlichtweg falsch.

Barack Obama, Bill Clinton und George W.H. Bush feierten klarere Siege als Trump. Der Präsident weiß, wie knapp er gegen Hillary Clinton gewonnen hatte und behauptet dennoch das Gegenteil.

Die gestrige Pressekonferenz des amerikanischen Präsidenten war bizarr. Zum wiederholten Male attackierte er Medien und Reporter und forderte Fragen von „einem freundlichen Reporter“ ein. Selbst dem eher Trump-zugeneigten Fernsehsender Fox News ging dieser Auftritt zu weit. „Es ist verrückt, was wir da jeden Tag sehen, komplett verrückt“, sagte Moderator Shephard Smith nach der 77-minütigen Pressekonferenz.

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Auf kritische Fragen zu seinem Verhältnis zu Russland reagierte der Präsident ausweichend und mit einem Standardsatz, den er schon seit Monaten nutzt: „Ich habe mit Russland nichts zu tun, ich habe keine Geschäfte in Russland. Das sind Fake News.“ Vor allem ist das keine Nachricht, weil er nichts Neues sagt.

Was aber von dieser Pressekonferenz bleibt: Trump attackiert die Medien und die machen das zum wichtigsten Thema. Ob New York Times, Washington Post, Politico oder Vox: Sie thematisieren, wie absurd Trumps Auftritt war. Der Stil steht im Vordergrund, der Inhalt wird ebenfalls besprochen, spielt aber eine nachgeordnete Rolle. Das ist verständlich, schließlich hat es eine solche Präsidentschaft noch nie gegeben.

Was das Ausland von Trump erhofft und erwartet

Trumps Kommunikationsstil hat Methode. Ob bewusst oder unbewusst – der Präsident will über die vielfachen Krisen hinwegtäuschen, mit denen er den ersten vier Wochen seit seinem Amtsantritt konfrontiert ist – auch wenn er selbst von seiner Regierung als einer „gut abgestimmten Maschine“ spricht.

Die amtierende Justizministerin hatte er gefeuert, weil die sein Dekret zur Einreise von Ausländern boykottiert hatte. Wenig später stoppte ein Gericht seine Präsidialverfügung. Dazu kommen historisch schlechte Umfragewerte: Nur noch 39 Prozent bewerten Trump positiv. Zuletzt musste Trump seinen Nationalen Sicherheitsberater feuern, weil der öffentliche Druck zu stark wurde.

Die Pressekonferenz sollte von all diesen Problem ablenken. Zum Teil funktioniert das. Schließlich regen sich viele über Trump auf, wichtige Fragen bleiben aber unbeantwortet – drei Beispiele.

Auf diese Fragen bleiben Trumps Antworten aus

Erstens: Wann wusste Donald Trump, dass Michael Flynn, sein geschasster Sicherheitsberater, mit Russland verhandelt hatte?

Flynn wurde entlassen, weil er über ein Telefonat mit dem russischen Botschafter unwahre Angaben gemacht hatte. Als Trumps Regierung noch gar nicht im Amt war, hatte Flynn bereits mit dem Botschafter über ein Ende der Sanktionen gegen Moskau verhandelt – womöglich war das eine Straftat, die die Behörden nun aufklären müssen. Für Trump ist das aber gar nicht das Problem: „Er hat seinen Job gemacht, er hat andere Länder angerufen“, sagte Trump gestern lapidar. Doch die Flynn-Affäre kann für Trump heikel werden. Der Vorwurf des Landesverrats steht im Raum.

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Zweitens: Welche außenpolitische Agenda verfolgt Donald Trump?

Erst lässt der Präsident ausrichten, die israelische Siedlungspolitik sei nicht hilfreich, um im Nahen Osten Frieden zu erreichen. Nur einen Tag später rückte er dann von der Zwei-Staaten-Lösung ab. Zweites Beispiel Russland: Schon im Wahlkampf hatte Trump klar gemacht, dass er sich um eine neue Entspannungspolitik mit Moskau bemühen werde. Doch dann intervenierte Russland erneut in Syrien, was das Weiße Haus scharf verurteilte. Zuletzt forderte Trump gar, Russland müsse die Krim an die Ukraine zurückgeben. Viele Wortmeldungen aus Washington widersprechen sich, ein einheitlicher außenpolitischer Ansatz ist nicht zu erkennen.

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Drittens: Wie will Trump sein Konjunkturpaket durchbringen, zugleich Steuern senken und die Staatsverschuldung im Griff behalten?

Bis zu 1.000 Milliarden US-Dollar will der US-Präsident ausgeben, um die amerikanische Infrastruktur zu erneuern und Jobs zu schaffen. Ein ähnliches Konjunkturpaket hatte Barack Obama bereits vor acht Jahren durch den Kongress gebracht. Damals kämpften die USA mit der Weltwirtschaftskrise und gegen eine Rezession – viele Republikaner machten dennoch gegen das Ausgabenpaket mobil. Warum die Abgeordneten nun für noch mehr schuldenfinanziertes Wachstum stimmen sollen – in Zeiten einer verhältnismäßig guten Konjunkturlage und niedriger Arbeitslosigkeit – muss Trump ihnen erst noch erklären.

Zu all diesen Themen wurde Trump gestern von US-Journalisten befragt. Nur Antworten liefert er so gut wie keine. Stattdessen zieht er die Aufmerksamkeit auf sich und seinen Regierungsstil. Irgendwann wird er die Probleme aber lösen und die Fragen beantworten müssen.

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