Der Fall Comey Die Un-Reality-Show

Der Fall Comey lenkt von den wahren Problemen der Trump-Regierung ab. Seine Gegner spielen sein Spiel mit, statt sich auf seine Politik zu konzentrieren. Ein Kommentar.

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Die Russland-Connections lassen die Anhänger des US-Präsidenten offenbar kalt. Quelle: AP

New York City In Amerika beobachten wir gerade großes Theater: Public Viewing in Washingtons Lokalen für die Aussage des gefeuerten FBI-Chefs James Comey. Trump, der ankündigt, ebenfalls unter Eid Aussagen zu wollen. Ein wahres Eid-Duell. Abgehörte Gespräche, die vielleicht existieren oder auch nicht. Trump will es uns bald wissen lassen. Stay tuned !

Der Fall Comey ist besser als jede Reality Show. Und es ist genau das Metier, das der US-Präsident bestens beherrscht. Der Unternehmer, der mit „The Apprentice“ weltweit noch bekannter wurde, weiß, was das Publikum will. Vor allem sein Publikum.

Trump-Wähler lassen die Russland-Connections des US-Präsidenten kalt. Sie unterbrachen ihre Arbeit nicht am Donnerstag, um den Worten von Comey im Senat zu lauschen. Das überließen sie den Demokraten und den Polit-Junkies in Washington. Die streiten jetzt auch über die juristischen Konsequenzen der Aussage. Da der FBI-Chef nämlich bestätigt hat, dass gegen Trump selbst nicht ermittelt wird, ist es gar nicht sicher, ob dem Präsidenten überhaupt Behinderung der Justiz vorgeworfen werden kann.

Aber er hat doch versucht, in laufende Ermittlungen einzugreifen! Ja, das stimmt. Aber nach Ansicht vieler Juristen hat er dazu durchaus das Recht als Präsident. Ebenso wie dazu, den FBI-Chef zu feuern.

Einmal ganz abgesehen von der Frage, wie viele Geheimdienste in anderen Ländern den Mut hätten, im Umfeld ihres Präsidenten zu ermitteln: Für seine Fans ist Trump der Verfolgte. Weil die Demokraten nicht akzeptieren können, dass sie die Wahlen verloren haben, versuchen sie ihn nun, mit juristischen Kniffs zur Strecke zu bringen. Den Outsider in Washington. Das ist die Lesart der Trump-Anhänger. Solange keine eindeutige Straftat vorliegt, bestätigt sie jeder Versuch, Trump und seinem Clan Interessenkonflikte vorzuwerfen oder die Russland-Connection zu beleuchten, nur in ihrer Ansicht.

Und die Demokraten und die Medien drohen, das Spiel genau so mitzuspielen, wie es Trump passt.

Während Comey im Senat aussagte, haben die Republikaner im Abgeordnetenhaus mal eben die strengeren Regeln für die Wall Street – den Dodd-Frank-Act – rückgängig gemacht. Das Gesetz war eine Revolution, die nach der Finanzkrise die Finanzinstitute strenger regulierte, um die Sparer zu schützen. Nun soll es weg. Gemerkt hat es kaum jemand. Man war ja so beschäftigt mit Comey.

Dabei wären die neuen Regeln zugunsten der Banken und zum Schaden der vielen einfachen Menschen mit ihren Investitionen für die Rente viel überzeugender, wenn man Trump vor seinen Anhängern an den Pranger stellen will. Das gleiche gilt für die geplante Umkehr der Gesundheitsreform von Obama, die Millionen von Trump-Wählern ihre Krankenversorgung nehmen würde.

Wenn Staatsanwälte oder Juristen die Ära Trump beenden wollen, dann steigt der US-Präsident in den Augen seiner Fans zum Märtyrer auf. Wenn seine Politik und deren Konsequenzen dagegen im Mittelpunkt sind, stehen die Chancen gut, dass enttäuschte Wähler beim nächsten Mal nicht das Kreuz für ihn setzen.

Trumps Feinde und die Medien sollten sich daher stärker auf seine Politik konzentrieren. Oder die (Un)-Reality geht noch lange weiter.

Nicht Juristen, sondern die Bevölkerung sollte in einer Demokratie über das Schicksal der Regierung entscheiden. Auch bei Trump.

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