Deutsch-chinesisches Verhältnis China-Klischees halten sich hartnäckig

Während das chinesische Deutschlandbild positiv ist, dominieren negative Klischees das Bild der Deutschen vom Land der Mitte. Was wir über China denken.

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Deutsche sehen China als Bedrohung
Wirtschaftsmacht37 Prozent der befragten Deutschen assoziieren mit China vor allem eine starke Wirtschaftsmacht. Faszination und Angst polarisieren hierzulande die Bevölkerung im Bezug auf Chinas ökonomische Stärke. Das Land wird als Schlüsselrolle für die eigene und internationale Entwicklung gesehen und 57 Prozent der Befragten beurteilen die deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen sogar als wichtiger als die zu den USA. Gleichzeitig geht mit dem Wirtschaftsboom Chinas aber auch die Angst einher, chinesische Unternehmen könnten deutsche Firmen von den internationalen Märkten verdrängen. 59 Prozent der Deutschen empfinden Chinas starke Wirtschaft daher als Bedrohung. Quelle: dpa/dpaweb
BevölkerungswachstumBabyboom und Bevölkerungswachstum, daran denken 20 Prozent der Deutschen, wenn sie das Stichwort China hören. Derzeit leben 1,35 Milliarden Menschen in China, die Bevölkerungsdichte beträgt 143 Einwohner pro Quadratkilometer. Doch die Bevölkerung wird noch weiter wachsen, um 0,6 Prozent pro Jahr. Für 2032 rechnen Statistiken mit 1,467 Milliarden Menschen in China, bei einer gleichbleibenden Fertilitätsrate von 1,7 Kindern pro Frau. Viele Deutsche sehen das auch als Bedrohung an. Quelle: REUTERS
Kommunismus15 Prozent fällt spontan der Kommunismus ein, wenn sie an China denken. Während China im ökonomischen Bereich erfolgreich in den internationalen Handel eingebettet wurde und sich für ausländische Investoren geöffnet hat, ist das Land politisch in den Augen der Deutschen weiterhin ein diktatorisches Ein-Parteien-System unter Führung der Kommunistischen Partei. Die ist mit etwa 78 Millionen Mitglieder nicht nur die größte kommunistische Partei der Welt, sondern auch die mitgliederstärkste Partei allgemein. Deutsche verbinden mit ihr ein vornehmlich negatives Bild. Quelle: REUTERS
Chinesische MauerMan kennt sie aus Reiseprospekten und gefühlt jedes zweite China-Restaurant ist nach ihr benannt. Nicht weiter verwunderlich also, dass 15 Prozent der Befragten mit China die Chinesische Mauer assoziieren. Sie gilt als Weltkulturerbe und erstreckt sich über 21.196 Kilometer. Früher sollte die Mauer vor allem zum Schutz vor Völkern aus dem Norden dienen, heute ist sie eine der meistbesuchten Touristenattraktionen Chinas und lockt Reisende aus aller Welt an. 36 Prozent der Befragten haben daher sehr großes oder großes Interesse an China als Reiseland. Quelle: dpa
Chinesisches EssenPeking-Ente, Reis süß-sauer - und das alles mit Stäbchen: 14 Prozent der befragten Deutschen denken beim Stichwort China an chinesisches Essen. Was Viele aber nicht wissen: Chinesisches Essen ist nicht gleich chinesisches Essen. Die meisten der 23 Provinzen Chinas haben ihre eigene Regionalküche. Zu den populärsten gehört die würzige Küche aus Sichuan, die gerne Sojasauce, Ingwer und Frühlingszwiebeln verwendet, die scharfe Xiang-Küche aus Hunan und die kantonesische Yue-Küche, die vor allem durch die Verwendung ungewöhnlicher Zutaten wie Hundefleisch bekannt geworden ist. Übrigens: Die Peking-Ente ist das berühmteste Gericht der chinesischen Küche. Quelle: REUTERS
MenschenrechtsmissachtungEbenfalls 14 Prozent fallen zu China Menschenrechtsverletzungen ein. Auf die Frage, wo sie das Land gegenwärtig und in 15 Jahren beim Schutz der Menschenrechte sehen, ordneten 60 Prozent der Befragten die Volksrepublik in die Schlussgruppe ein, nur 1 Prozent sieht China als Spitzengruppe in Bezug auf Menschenrechte. Auch das Bild Chinas als ein Rechtsstaat stößt auf wenig Zustimmung bei den Deutschen. 49 Prozent stimmten der Aussagen gar nicht zur, nur 1 Prozent sieht China als Rechtsstaat an. 80 Prozent der befragten Bevölkerung geht außerdem davon aus, dass in China kaum oder keine Debatten über politische Themen geführt werden. Quelle: dpa
Diebstahl von Ideen12 Prozent denken, China spioniere deutsche Unternehmen aus und verkaufe die Ideen aus dem Westen als eigene. Nachgebaute Ware aus China, oft zum Spottpreis, macht deutschen Unternehmen das Leben schwer. Auch das Markenimage chinesischer Produkte ist bei den befragten Deutschen schlecht. So assoziieren viele Konsumenten in Deutschland chinesische Produkte mit einfache, technisch wenig anspruchsvolle Billigware. Quelle: dpa

Chinesische Mauer, Zensur und Billigprodukte à la "made in China" - das Chinabild der Deutschen ist noch immer undifferenziert und geprägt von Klischees und Stereotypen. Das hat eine Huawei-Studie zum deutsch-chinesischen Verhältnis ergeben.

Dazu wurden 2600 Personen befragt, je 1000 aus der Bevölkerung, 200 Wirtschaftsentscheider und 100 politische Entscheider. Die Ergebnisse sind eindeutig: Das chinesische Deutschlandbild ist um ein Vielfaches positiver als umgekehrt die Wahrnehmung der Volksrepublik China durch Deutschland. Während rund zwei Drittel der chinesischen Bevölkerung Deutschland als führende Wirtschaftsnation ansehen und als positiv bewerten, sehen Deutsche in China vor allem eine Bedrohung.

Im Chinabild der Deutschen schwingt sowohl Faszination für die chinesische Kultur als auch Angst mit. Kaum ein Land polarisiert die Meinungen so stark wie die Volksrepublik China, die als Gegenmodell zu westlich-liberalen Systemen verstanden wird. So assoziieren 37 Prozent der Deutschen mit China in erster Linie eine aufstrebende Wirtschaftsmacht – mit der gleichzeitigen Sorge, chinesische Unternehmen könnten die deutsche Konkurrenz von einheimischen und internationalen Märkten verdrängen. Nicht ganz zu Unrecht. China hat in zwei Jahrzehnten das nachgeholt, wozu der Westen zwei Jahrhunderte brauchte. In nur zwanzig Jahren hat sich das chinesische Bruttoinlandsprodukt verzweihundertfacht. Vor allem Chinas Aufstieg zum Exportweltmeister führt bei einem großen Teil der deutschen Bevölkerung zu der Sorge, dass einheimische Hersteller durch chinesische Importe verdrängt werden.

Neben dem Bild Chinas als wirtschaftliche Supermacht, denken 14 Prozent der Deutschen bei der Volksrepublik auch an den Kommunismus. Obwohl China seit der Reform- und Öffnungspolitik einen Wandel durchlaufen hat, bleibt das Bild des sozialistischen Ein-Parteien-Staats mit diktatorischen Zügen in den Köpfen der Deutschen haften. Einen großen Teil trägt dazu die prekäre Menschenrechtssituation in China bei. 60 Prozent der Befragten sehen China hinsichtlich des Schutz der Menschenrechte weltweit in der Schlussgruppe. Dabei spielt die Medienberichterstattung eine nicht unwesentliche Rolle. 81 Prozent aller ausgewerteten Artikel stufen China als Diktatur ein, die Menschenrechte und Meinungsfreiheit verletzt und tendenziell dominieren pessimistisch-kritische Medieninhalte die Berichterstattung über China.

Negativimages und Stereotypen

Was Chinesen über Deutsche denken
WirtschaftsmachtDeutsche sehen in China eine aufstrebende Wirtschaftsmacht – offenbar ist das jedoch auch andersherum der Fall. 60 Prozent der Chinesen assoziieren mit Deutschland ein wirtschaftlich starkes Land. 62 Prozent haben großes Interesse an deutschen Produkten und Marken. Auch politisch steht Deutschland in China gut da, 57 Prozent der Befragten nehmen das internationale politische Engagement Deutschlands als positiv wahr.  Im Gegensatz zu den Befragungsergebnissen hierzulande wird die wirtschaftliche Stärke Deutschlands in China nicht mit Sorge wahrgenommen. Quelle: dpa
Automobilindustrie38 Prozent der Chinesen denken beim Stichwort Deutschland an die Automobilindustrie. 86 Prozent ist Volkswagen als Marke bekannt, 85 Prozent kennen BMW. So kommt es, dass deutsche Exporte nach China vor allem aus den Bereichen des Maschinenbau und der Automobilindustrie kommen, während China vor allem Elektronik und Textilien nach Deutschland exportiert. Quelle: dpa
BierWas für uns die Peking-Ente ist, ist für Chinesen das deutsche Bier. 19 Prozent der Befragten fällt als erstes ein kühles Weizen oder ein dunkles Altbier ein, wenn sie an Deutschland denken. Ob es daran liegt, dass 45 Prozent der Chinesen sich vorstellen könnten, in Deutschland zu leben? Quelle: dpa
Industrie/Technologie19 Prozent der Chinesen assoziieren mit Deutschland eine fortschrittliche Technologie. Innovation und technischer Fortschritt sind Schlüsselbegriffe, die mit Deutschland in Verbindung gebracht werden. 83 Prozent der Chinesen halten deutsche Technologieprodukte für international wettbewerbsfähig, 87 Prozent trauen Deutschland die Herstellung von Hightechprodukten zu. Das chinesische Deutschlandbild ist somit um ein Vielfaches positiver als umgekehrt die Wahrnehmung der Volksrepublik China durch Deutschland. Quelle: dpa
CharaktereigenschaftenSpezielle Charaktereigenschaften wie Höflichkeit oder Pünktlichkeit sind gängige Klischees, die in anderen Ländern über Deutschland existieren – offenbar auch in China. Hier fallen 12 Prozent der Befragten beim Thema Deutschland bestimmte Charaktereigenschaften ein. Vor allem Höflichkeit macht das Rennen. 81 Prozent der Chinesen glauben, dass die in Deutschland die größte Rolle spielt. An zweiter Stelle kommt die Familie, die dritte Charaktereigenschaft, die Chinesen mit Deutschland verbinden, ist der Respekt gegenüber dem Alter. Quelle: AP
Deutsche Produkte11 Prozent der befragten Bevölkerung assoziieren mit Deutschland qualitativ hochwertige deutsche Produkte. Als erstes fällt Chinesen dabei oft die Firma Siemens ein, die das bekannteste deutsche Unternehmen in China ist. Generell glauben Chinesen, dass sich deutsche Investitionen auch auf dem chinesischen Arbeitsmarkt als positiv auswirken könnten. Deutschland gilt daher innerhalb Europas als wichtigster chinesischer Handelspartner. Die Huawei-Studie zeigt auch, dass die Zustimmung zu deutschen Produkten sich nach einem Deutschlandbesuch noch einmal deutlich steigert. Quelle: dpa
Natur und UmweltDeutschland als Naturparadies, so sehen zehn Prozent der Befragten unser Land. 63 Prozent haben daher sehr großes Interesse an Deutschland als Reiseland. Auch auf das Bild der Chinesen von der deutschen Umwelt- und Klimaschutzpolitik wirkt sich das aus. 42 Prozent der Befragten glauben, dass Deutschland in dem Bereich  weltweit zur Spitzengruppe gehört. Umgekehrt glaubt das nur 1 Prozent der Deutschen von China. Quelle: dpa

Über die deutschen Medien kamen auch Berichte in den letzten Jahren zum Thema Produktskandale, die die Einschätzung der deutschen Bevölkerung und das Vertrauen in „Made in China“-Produkte beeinflussten. Das Bild von Billigprodukten und Firmen mit menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen ist verhaftet in den Köpfen der Deutschen. Und das, obwohl laut Huawei der Trend zu einer verbesserten Qualität chinesischer Produkte gehe, der sich auch in der Steigerung der Importe aus China wiederspiegle. Trotzdem ist die Spontanassoziation von acht Prozent der deutschen Befragten mit China der Begriff „Billigprodukte“, 53 Prozent schätzen die Qualität chinesischer Ware noch immer als niedrig ein.

Neben wirtschaftlichen und politischen Negativimages verbinden Deutsche jedoch auch Positives mit China: Peking-Ente, Reis süß-sauer und Frühlingsrollen, die Deutschen lieben chinesisches Essen. Und die chinesische Mauer fasziniert uns und ist ein beliebtes Ausflugsziel für alle China-Reisenden. Von den befragten Deutschen können sich 36 Prozent vorstellen, Urlaub in China zu machen.

Auch das wachsende Investitionsengagement chinesischer Unternehmen in Deutschland wird überwiegend mit positiven Beschäftigungseffekten verbunden. So nehmen 42 Prozent der deutschen Bevölkerung an, dass chinesische Investitionen Arbeitsplätze schaffen und sich somit positiv auf den deutschen Arbeitsmarkt auswirken. Dennoch dominieren Negativimages das Bild der Deutschen von der Volksrepublik China.

Durch die Modernisierung und Restrukturierung des politischen Systems des Landes und die Bemühungen durch Reform- und Öffnungspolitik rechtsstaatliche Elemente zu schaffen, so Huawei, seien viele der gängigen China-Klischees bereits ad absurdum geführt. Zumindest offiziell, in den Köpfen der Deutschen scheinen sie sich dennoch hartnäckig zu halten. Um das Image Chinas in Deutschland und generell in Europa zu verbessern, muss daher in Zukunft noch viel passieren.

Vertreter der Volksrepublik in Deutschland wollen künftig stärker an der Imageverbesserung ihres Landes arbeiten und ein differenzierteres China-Bild vermitteln. Britta Heidemann, Regionalwissenschaftlerin mit Schwerpunkt China, meint: „Die politischen und wirtschaftlichen Verflechtungen werden in den nächsten Jahren weiter zunehmen. Damit steigt auch die Anforderung, die gegenseitige Wahrnehmung zu schärfen, stärker aufeinander zuzugehen und Ängste abzubauen. Dies gilt insbesondere auf gesellschaftlicher Ebene.“

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