Tansania ist da ein gutes Beispiel. Dort soll ein chinesisches Unternehmen für elf Milliarden Dollar den Hafen Bagamoyo neu bauen, wo der deutsche Kaiser einst seine Flagge hissen ließ. Nebenan baut China die Wirtschaftszone. Schon übergeben ist das neue Stadion der Großstadt Daressalam, wobei die Regierung in Peking die Hälfte der Kosten trug – mit der Hoffnung auf Folgeprojekte wie den Hafen. „Wir können davon ausgehen, dass sich China viele dieser Bauprojekte mit Rohstoffverträgen versilbern lässt“, sagt Stefan Reith, der das Büro der Konrad-Adenauer-Stiftung leitet. Wie stark der Einfluss Chinas ist, lässt sich an Zahlen ablesen: Der Deutsch-Tansanische Businessclub zählt sechs aktive Mitglieder – der chinesische mehr als 3000.
Roland Moos war schon in Tansania, als China noch unter der Kulturrevolution litt. 1976 war das, der Ingenieur aus Karlsruhe baute damals schon Anlagen zur Wasseraufbereitung – für Hersteller, die es heute längst nicht mehr gibt. 1989 gründete er die Firma Merrywater, die in Tansania Wasseraufbereitungsanlagen plant und installiert – von der kleinen Pumpe im Pool bis zur Entsalzungsanlage für Coca-Cola.
Natürlich war es nicht einfach, einen Betrieb in Tansania aufzubauen, wo bis in die Neunzigerjahre nur zwei Handelsvertreter Lizenzen für den Import deutscher Waren besaßen. Roland Moos, ein inzwischen tief entspannter Mann Anfang 60, klappt sein Notebook auf und zeigt dem Besucher Verkaufszahlen aus zwei Jahrzehnten: „Hier sind mer ein bisserl rumgedümpelt, aber da ging’s steil bergauf.“ Als Merrywater mal einen Verlust auswies, habe das Finanzamt so lange gerechnet, bis Gewinne auftauchten – und Steuern zu zahlen waren. Seit ein paar Jahren kennen seine Graphen aber nur eine Richtung: nach oben.
Womöglich ist Afrikas Unberechenbarkeit der Grund, weshalb Roland Moos fast der einzige Deutsche ist, der in Tansania auf eigenes Risiko investiert: „Die Deutschen wollen von Anfang an Prognosen sehen“, sagt er, vor allem die Konzerne. „Afrika funktioniert anders: Manchmal läuft’s, manchmal nicht.“ Man müsse einen langen Atem haben. Dann führt er durch das Rückgrat seiner Firma, das Lager. Im Hochregal stapeln sich wuchtige Generatoren, Wasserfilter, Rohre und Pumpen, kurz: Millionenbeträge. „Das habe ich im Geiste alles einmal abgeschrieben“, sagt Moos.
Das Risiko der Enteignung ist nie wegzudenken, ein Regierungswechsel kann zu Chaos und Blutvergießen führen. In Daressalam aber ist nie etwas passiert – die Friedfertigkeit der Tansanier hat den Unternehmer selbst überrascht. Moos ist heute Tansanias größter Anbieter von Premiumanlagen zur Wasseraufbereitung. Als er abends seinen Jeep durch Daressalam lenkt, geht der Zeigefinger ständig hoch: da, die russische Botschaft, ein guter Kunde, und dieses Hotel dort auch.
Der Erfolg von Roland Moos mag mitunter auch daran liegen, dass er im Markt präsent ist, statt bloß seine Kataloge nach Daressalam zu schicken. So sieht das jedenfalls Dino Stengel: „Die deutschen Unternehmen brauchen sich nicht zu wundern, dass sie in Afrika keine Geschäfte machen, denn sie sind nicht vor Ort.“ In Afrika hänge ein Geschäft an Beziehungen zum Kunden. Nur so könne man gegen die Chinesen Boden gutmachen. Stengel ist in Tansania Chef des Bremer Handelshauses Achelis, das für Carl Zeiss Medizintechnik oder für Bomag aus Boppard Baumaschinen vertreibt.
„Das Tolle an Tansania ist, dass es hier fast nichts gibt“, sagt Stengel. Was für ihn bedeute, dass er in Tansania alles Mögliche verkaufen könne. Zumal im Land Goldgräberstimmung herrscht, seit im Süden Öl gefunden wurde. Außer dem Hafen will die Regierung auch eine neue Eisenbahnlinie bauen sowie Straßen und Kraftwerke. Die Wirtschaft wächst mit rund sieben Prozent kräftiger als Kenia, die politische Lage ist stabil. Und es ist nicht so, dass bei Bauwerken nur Chinesen zum Zuge kämen. Norwegens Energiekonzern Statoil und die britische BG Group planen eine Anlage zur Gasverflüssigung für zehn Milliarden Dollar. „Deutsche Unternehmen können im Windschatten dieser Konzerne gute Geschäfte machen, aber sie haben Angst“, sagt Stengel. Er fragt sich bloß, wovor?