Deutsche Sanktionen gegen Nordkorea Wie Touristen in Berlin Kim Jong-Un finanzieren

Deutschland zieht im Streit um Pjöngjangs Atomprogramm die Daumenschrauben für Nordkorea enger. Mit einer Maßnahme, die vor allem Jugendliche aus Europa trifft, verschärft Berlin die Sanktionen gegen Kim Jong-Uns Regime.

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Das City Hostel Berlin, neben dem Sitz der Botschaft Nordkoreas, ist bei Touristen eine beliebte Unterkunft. Quelle: dpa

Berlin Viele junge Menschen füllen die Kassen des Raketen-Bauers Kim Jong-Un – ohne es zu wissen. Das City Hostel in Berlin-Mitte ist eine beliebte Absteige vor allem bei jungen Europäern, die in der In-Metropole Berlin billig ein paar Tage verbringen wollen. Nun droht das Aus. Denn das Hostel dient als Devisen-Einnahmequelle für das klamme Nordkorea: Das Hostel steht auf dem üppigen Gelände, in einem Teil des Gebäudes der Botschaft Nordkoreas. Genau dort im Herzen Berlins, wo Helmut Kohl einmal die neue CDU-Zentrale bauen ließ, die die Union dann nie bezog – dafür Wirtschaftsverbände und zwischenzeitig auch einmal die deutsche Staatsbank KfW.

Im 1970er-Jahre Plattenbau entfaltet sich ein besonderer Charme mit Hochbetten, Billard-Tisch, Nudel-Partys und unverzolltem Alkohol. 17 Euro pro Nacht in einem Bett in den 4- bis 8-Bett-Zimmern sollen Touristen dafür bezahlt haben. Nach einem Bericht von „Süddeutscher Zeitung“, WDR und NDR soll ein Geschäftsmann monatlich 38.000 Euro Pacht an die nordkoreanischen Vertretung gezahlt haben.

Damit soll nun Schluss sein. Denn nach dem fünften Atomtest seines Regimes hat der Weltsicherheitsrat im November 2016 den Uno-Mitgliedstaaten solche Vermietungsgeschäfte Nordkoreas untersagt. Dem Diktator Kim Jong Un sollen so die Gelder für sein Atom- und Raketenprogramm gekappt werden. In der Resolution heißt es unter anderem: „Alle Mitgliedstaaten sollen es Nordkorea verbieten, Immobilien, die es auf ihrem Staatsgebiet besitzt oder pachtet, für andere Zwecke als diplomatische oder konsularische Tätigkeiten zu nutzen.“

Die Bundesregierung reagiert nun offenbar auf Druck aus Südkorea und den USA, die Herberge an der Berliner Glinkastraße zu schließen: Wenn ein Unternehmen, etwa der Hostel-Betreiber, gegen die Sanktionen verstößt, dann muss er künftig mit einem Bußgeld rechnen. Grundlage dafür ist die Novellierung eines entsprechenden Bundesgesetzes durch das Bundeswirtschaftsministerium, das damit eine EU-Verordnung vom 27.Februar umgesetzt hat. Das teilte das Ministerium dem Handelsblatt auf Anfrage mit.

Martin Schäfer, Sprecher des Auswärtigen Amts betonte am Mittwoch, dass es sich dabei ausdrücklich um eine gemeinsame Maßnahme der gesamten Bundesregierung handele. Kommerzielle Aktivitäten seien nach dem Beschluss des Sicherheitsrats ausdrücklich untersagt. Die beanstandeten Aktivitäten Nordkoreas in Berlin – Schäfer nannte das City Hostel – erfüllen „eindeutig den Tatbestand, dass es sich eben nicht um diplomatische oder konsularische Aktivitäten handelt“. Die jetzt eingeleitete Maßnahme sei eine Beteiligung an der Erhöhung des Druckes auf Nordkorea durch die Eindämmung von Investitionsmitteln.

Deutschland war im Zugzwang die Sanktionsbeschlüsse der UN von Ende November 2016 umzusetzen, heißt es in Berlin. Eigentlich hätte die Schließung sogar schon Ende Februar passieren müssen. Es habe aber noch zur juristischen Absicherung dieses Schritts die sogenannte Außenwirtschaftsverordnung geändert werden müssen Die Nordkoreaner können laut Regierungskreisen nun rechtsstaatlich dagegen klagen. Ob Pjöngjang dies tut, bleibt abzuwarten.

Insgesamt will Deutschland im Konflikt  auf der koreanischen Halbinsel verstärkt Flagge zeigen und wird das in den nächsten Wochen auch noch auf höchster Ebene deutlich machen. Der Pächter oder ein anderer Verantwortlicher waren am Mittwochmorgen nicht zu sprechen. Die Angestellten können – oder dürfen – nichts dazu sagen. Aber eine Gruppe Schüler unterhält sich nach einem Bericht des Berliner „Tagesspiegels“ im Foyer des Hostels gerade über die Geschichte, von der sie in der „Tagesschau“ gehört hat. Die Zehntklässler aus Münster sind in Berlin auf Abschlussfahrt. „Anders fühle ich mich hier jetzt nicht“, sagt der 16-Jährige Lars. „Aber freiwillig würde ich diese Diktatur niemals unterstützen!“ Finde sich keine andere Möglichkeit, sollte man das Hostel auf jeden Fall schließen, findet er. Klassenlehrer Arno Stratmann sagt, er habe bei der Buchung nichts von der finanziellen Verbindung zu Nordkorea gewusst – sonst hätte man sicher woanders eine Unterkunft gefunden.

Die USA drohen Nordkorea inzwischen mit militärischen Mitteln, sollten die Atomversuche nicht beendet werden. In Südkorea wurde ein US-Raketenabwehrsystem installiert und gemeinsam ein Großmanöver abgehalten. China soll nach dem Willen Washingtons stärker Druck auf Nordkorea ausüben. Peking ist Pjöngjangs mit Abstand wichtigster Wirtschaftspartner. Die USA befürchten, dass Kim alle sechs bis sieben Wochen einen neuen Atomsprengkopf bauen lässt.

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