US-Präsident Donald Trump hat bei den US-Kongresswahlen mit seinen Republikanern das Repräsentantenhaus an die Demokraten verloren. Das Regieren dürfte damit künftig schwerer werden für ihn. Ihre Mehrheit im Senat verteidigten die Republikaner aber. Die Demokraten werden damit erstmals seit acht Jahren in der anderen Kammer, dem Repräsentantenhaus, wieder das Sagen haben - und damit bei Gesetzesvorhaben ein gewichtiges Wort mitreden. Darüber hinaus können sie künftig Untersuchungen gegen den Präsidenten einleiten.
Die Verluste der Republikaner blieben vergleichsweise moderat. Trump jubelte daher auf Twitter: „Großartiger Erfolg heute Abend.“ Die Demokraten hatten auf eine „blaue Welle“ gehofft, die ausblieb. Blau ist die Farbe der Partei. Im Wesentlichen deckte sich der Ausgang der Zwischenwahlen - nach zwei Jahren Amtszeit von Trump - mit den Vorhersagen der Wahlforscher.
Wegen der vielen Zeitzonen in den USA hatte sich die Wahl über insgesamt 18 Stunden erstreckt. Bis das endgültige Ergebnis feststeht, wird es noch einige Tage dauern, weil beispielsweise in Kalifornien Briefwahlstimmen erst in den Tagen nach der Wahl gezählt werden.
Besonders ermutigend dürfte für den Präsidenten sein, dass in den insgesamt 470 Rennen um Plätze im Repräsentantenhaus und im Senat vor allem Bewerber seiner Partei positiv abschnitten, die er selbst unterstützte. Allerdings waren im Senat die Voraussetzungen für die Republikaner auch günstig, weil bei den Zwischenwahlen, den sogenannten Midterms, nur 35 von 100 Posten zur Wahl standen - und die meisten von Demokraten gehalten wurden. Darüber hinaus wurden alle 435 Sitze im Repräsentantenhaus vergeben.
Um etwa dem neuen Senator Mike Braun zu helfen, war Trump allein vier Mal nach Indiana gefahren. Im Rennen um das Amt des Gouverneurs in Florida war der glühende Trump-Anhänger Ron DeSantis erfolgreich. Parteiinterne Trump-Gegner wie etwa Carlos Curbelo in Florida taten sich dagegen schwer.
Dem Wahltag war ein intensiver und teilweise bis an die Grenze der Fairness reichender Wahlkampf vorausgegangen. Trump, der selbst nicht zur Wahl stand, hatte nach Angaben des Weißen Hauses auf 50 Kundgebungen gesprochen, davon alleine 30 in den vergangenen beiden Wochen. Trump hatte vor allem auf das Thema Migration gesetzt und - ohne Belege zu nennen - düstere Szenarien gewalttätiger Einwanderer gezeichnet. Nachwahlbefragungen des Senders CNN gingen allerdings davon aus, dass für die Wähler besonders das Thema Gesundheitspolitik eine Rolle spielte.
Zu den prominenteren Verlierern bei den Demokraten gehörte die Senatorin Heidi Heitkamp in North Dakota. Sie hatte gegen ihren Widersacher Kevin Cramer schon seit Wochen fast hoffnungslos in Umfragen zurückgelegen. Joe Donelly muss in Indiana nach sechs Jahren seinen Senatssitz abgeben. In Texas schaffte es der demokratische Hoffnungsträger Beto O'Rourke um Haaresbreite nicht, den Amtsinhaber und früheren Präsidentschaftsbewerber Ted Cruz aus dem Amt zu hieven. In Utah konnte der frühere Gegenkandidat von Barack Obama, Mitt Romney, den Sitz für die Republikaner erwartungsgemäß locker halten.
Die traditionelle Abstimmung zur Hälfte der Amtszeit eines Präsidenten ist immer auch ein Referendum über dessen Politik. Bei Trump gilt das in besonderer Weise, weil er das Land so stark polarisiert hat. Der 72-Jährige war bis zum Schluss des Wahlkampfes im Dauereinsatz gewesen und hatte nach Ansicht vieler Wahlforscher erfolgreich seine Anhängerschaft mobilisiert. Trump bezeichnete die Demokraten als Gefahr für das Land und warnte vor einer „Invasion“ von Migranten. Seine Gegner warfen ihm vor, gesellschaftliche Gräben zu vergrößern und das politische Klima zu vergiften.
Die Mehrheit im Repräsentantenhaus bietet den oppositionellen Demokraten neue Möglichkeiten: Sie können Aussagen erzwingen und sich interne Papiere vorlegen lassen. Somit könnten die Demokraten versuchen, Trump zur Vorlage seiner ausstehenden Steuererklärungen zu zwingen. Dies wiederum könnte theoretisch die Grundlage für ein Amtsenthebungsverfahren („Impeachment“) bilden, das mit der einfachen Mehrheit im Repräsentantenhaus beschlossen werden kann.
Allerdings ist die sich abzeichnende Mehrheit der Demokraten nach Ansicht vieler Experten möglicherweise wegen potenzieller interner Abweichler zu gering. Allgemein wird erwartet, dass sich die 78 Jahre alte Nancy Pelosi als Führerin der Mehrheitsfraktion noch einmal zur Vorsitzenden der Kammer wählen lassen will.
Zu Siegern im Rennen um Senatsposten auf Seiten der Demokraten zählen unter anderem auch der parteilose Senator Bernie Sanders, der meist mit den Demokraten stimmt. Auch die möglichen Präsidentschaftskandidatinnen Elizabeth Warren und Kirsten Gillibrand sowie Hillary Clintons Ex-Vizepräsidentschaftskandidat Tim Kaine (Virginia) und Bob Menendez (New Jersey) gehörten zu den Gewinnern.
Das sagen Ökonomen zum Ausgang der US-Kongresswahl
"Es wird ungemütlich für Trump, aber Verbesserungen für Europa im Streit über Zölle und Militärausgaben erwarte ich nicht. Die demokratische Mehrheit im Repräsentantenhaus hat meines Erachtens drei Konsequenzen. Erstens wird Trump weitere Steuersenkungen, die er plant, nicht durchsetzen können. Zweitens muss im März 2019 die Obergrenze für die Staatschulden erhöht werden. Die Demokraten könnten dafür Maßnahmen zum Abbau des Budgetdefizits verlangen, also eventuell Steuererhöhungen. All das bedeutet, dass der schuldenfinanzierte Boom in den USA schneller enden könnte als bislang erwartet. Drittens werden die Demokraten Trump mit Untersuchungsausschüssen unter Druck setzen, eventuell sogar ein Verfahren zur Amtsenthebung einleiten. Wirklich stürzen können sie den Präsidenten nicht, weil die Republikaner den Senat beherrschen.
Prinzipiell wären die Demokraten wie Trump daran interessiert, ein Investitionsprogramm für die US-Infrastruktur auf den Weg zu bringen. Das könnte ein gemeinsames Projekt sein. Aber einen solchen Erfolg werden die Demokraten Trump kaum gönnen, deshalb wird das wohl nichts. In der Handelspolitik wird sich wenig ändern. Viele Demokraten sind eher protektionistisch orientiert. Es kann sogar sein, dass Trump gegenüber Europa und China noch aggressiver wird, um davon abzulenken, dass er innenpolitisch unter Druck gerät und nicht mehr viel bewegen kann."
"Die deutsche Industrie muss sich auch zukünftig auf rauen Gegenwind aus Washington einstellen. Wir haben wenig Zuversicht, dass sich an der protektionistischen Ausrichtung der amerikanischen Handelspolitik etwas ändern wird. Viele Demokraten unterstützen die Handelsagenda des Präsidenten. Der Konfrontationskurs der US-Regierung ist und bleibt eine Gefahr für die Weltwirtschaft.
Ein schärferer Handelskonflikt nutzt niemandem, auch nicht den amerikanischen Unternehmen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Strafzölle der US-Regierung auf die heimische Konjunktur negativ durchschlagen.
Nationale Alleingänge und Zölle unter dem Deckmantel der nationalen Sicherheit sind falsch. Europäische Exporte gefährden nicht die nationale Sicherheit in den USA. Die USA sollten sich konstruktiv für eine Reform der Welthandelsorganisation einsetzen und dazu beitragen, moderne Handelsregeln zu schaffen."
"Der Wahlausgang in den USA zeigt, dass die Politik Donald Trumps auch im eigenen Land nicht unumstritten ist. Gerade in der Handelspolitik sind die Herausforderungen aktuell besonders groß - Handelskonflikt mit China, Strafzölle, WTO. Auch die deutsche Wirtschaft ist hiervon direkt betroffen. Nach dem Ausgang der Wahl ist immerhin zu erwarten, dass die innenpolitische Auseinandersetzung zu diesen gerade für die deutsche Wirtschaft so wichtigen Themen wieder kontroverser wird. Das ist ein kleines Zeichen von Hoffnung. Insgesamt stehen die Zeichen für das Thema Handelspolitik und die Sanktionen der Vereinigten Staaten von Amerika nicht auf Abkehr vom bisherigen Kurs."
"Bei der Abstimmung über den Haushalt wird es eine starke Opposition geben und absehbar eine Blockade der Politik mit dem Risiko, dass es zu einem Regierungsstillstand kommt. Das Defizit und die Schulden des US-Bundesstaats werden weiter steigen. Dies könnte die Gefahr ungünstigerer Finanzierungsbedingungen und einer Rezession erhöhen."
"Dieses Ergebnis bedeutet, dass es zu einer stärkeren Blockade der Regierungspolitik kommen wird. Diese kann abgemildert werden, wenn es gemäßigten Republikanern gelingt, eine stärkere Stimme in ihrer Partei zu werden. Da die Demokraten das Repräsentantenhaus kontrollieren, wird Trump die US-Wirtschaft nicht durch zusätzliche wirtschaftspolitische Schritte überhitzen können. Er dürfte auch größere Schwierigkeiten haben, andere, schwächere Länder dazu zu bringen, den USA bessere Handelsabkommen zu gewähren und Einwanderer genauso hart wie bisher zu behandeln."
"Da große Überraschungen ausblieben, nimmt man den Wahlausgang an den Finanzmärkten gelassen. Deutliche Kursreaktionen sind bislang nicht auszumachen. Der Euro kann gegenüber dem US-Dollar leichte Zugewinne verbuchen. US-Staatstitel notieren ebenfalls etwas im Plus.
Die Demokraten werden nun versuchen, das Leben des Präsidenten so schwer wie möglich zu machen. Viele Gesetze bedürfen der Zustimmung beider Häuser des Kongresses. So ungern Donald Trump Kompromisse eingeht, spätestens bei der Verabschiedung neuer Haushaltsgesetze braucht er die Zustimmung der Demokraten. Die laxe Finanzpolitik des US-Präsidenten kann von den Demokraten ausgeschlachtet werden. Aber auch neue Untersuchungsausschüsse können den Chef des Weißen Hauses in Bedrängnis bringen. Es brechen also ungemütlichere Zeiten in der Regierungszentrale an."
"Dass der US-Präsident nun weiterhin seine republikanischen Impulse setzen kann, dabei aber etwas mehr Gegenwind von den Demokraten im Repräsentantenhaus bekommt, könnte sich als optimale Konstellation für die Märkte herausstellen. Denn grundsätzlich trauen die Börsen den Republikanern mehr Wirtschaftskompetenz zu als den Demokraten – doch Donald Trump hat es durch seine zuweilen aggressive Vorgehensweise geschafft, diesen Bonus zu verspielen. So sehr die Märkte republikanische Politik grundsätzlich zu schätzen wissen, so wenig mögen sie Unsicherheit und Instabilität."
"Das Wahlergebnis hat neue fiskalpolitische Impulse in den kommenden zwei Jahren unwahrscheinlich gemacht. Zwar gibt es kleinere gemeinsame politische Anliegen, deren Umfang sollte aber nicht groß genug sein, um unser Konjunkturbild zu ändern. Daher dürfte der Impuls der letzten Steuerreform die US-Wirtschaft noch bis zum Frühjahr 2019 tragen, danach sollte jedoch die Konjunkturdynamik an Fahrt verlieren. Durch die Reform wurden in erster Linie Investitionen und Konsumausgaben vorgezogen, es deutet aber wenig auf nachhaltig höhere Investitionen hin, die das Potenzialwachstum der US-Wirtschaft steigern. Eine erhöhte Unsicherheit um die US-Politik dürfte bleiben. Zum einen steigt mit einem gespaltenen Kongress die Wahrscheinlichkeit für hitzige Budgetverhandlungen und die Gefahr eines Regierungsstillstands. Zum anderen ändert sich die Handels- und Außenpolitik der USA nicht, da diese allein vom Präsidenten gestaltet wird."
"Trump dürfte von nun an das Regieren deutlich schwerer gemacht werden. Seine fiskalpolitische Agenda mit Steuersenkungen und erhöhten Ausgaben für Rüstung und eine Mauer gegenüber Mexiko wird kaum in der gesehenen Form weiterlaufen können. Im Gegenteil: Es droht für die kommenden zwei Jahre durchaus einmal mehr Stillstand, nicht nur im übertragenen Sinn, sondern auch ganz wörtlich. Ein 'Government Shutdown' könnte wieder Wirklichkeit werden, wenn die Demokraten bei den anstehenden Haushaltsberatungen auf stur stellen. Die Republikaner im Parlament wiederum könnten entweder versuchen, sich von Trump abzusetzen oder sich noch enger um ihn scharen."
"Die Börsen sollten mit diesem Wahlergebnis ganz gut leben können. Eine weitere Steuerreform dürfte damit zwar vom Tisch sein. Dafür wird Donald Trump zumindest innenpolitisch berechenbarer. Auf den Handelsstreit mit China hat das Ergebnis keine unmittelbaren Auswirkungen. Hier kann Donald Trump ohne den Kongress handeln und verhandeln."
"Das Ergebnis ist ein klares Unentschieden ohne große Folgen für die amerikanische Wirtschaftspolitik oder für Finanzmärkte. Da die beiden Häuser des Kongresses sich gegenseitig blockieren, läuft es auf eine Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners hinaus. Große Initiativen dürfte es nicht geben. Die großen Probleme des Landes - Gesundheitswesen, Medicare und das ausufernde Staatsdefizit - wird dieser Kongress kaum angehen. Harte Entscheidungen wird es nicht geben. Höchstens kann es einige Initiativen von Trump gemeinsam mit den Demokraten geben, die über ein Infrastrukturprogramm auf ein noch höheres Staatsdefizit hinauslaufen.
In der Außen- und Handelspolitik ändert sich nichts. Trump rechtfertigt seinen Protektionismus mit sicherheitspolitischen Argumenten. Dort kann ihn der Kongress kaum einhegen. In der Politik gegenüber Europa ändert sich wohl nichts. Das Unentschieden erlaubt keine Rückschlüsse auf die Präsidentenwahl 2021. Trump kann seine Wirtschaftspolitik fortführen mit einigen weiteren Deregulierungen."
"Für uns bedeutet das Wahlergebnis kein Aufatmen im Handelskonflikt mit den USA. Wenn Trump künftig innenpolitisch weniger frei agieren kann, dann ist es nicht ausgeschlossen, dass er im Bereich der Außenwirtschaftspolitik - wo er weitgehend freie Hand hat - umso entschiedener auftritt. So kann er die geringer gewordenen Handlungsoptionen in der Innenpolitik ausgleichen. Die Risiken für Deutschland und Europa im Handelskonflikt haben nicht abgenommen, sie sind sogar eher etwas gestiegen.
Ich rate dazu, Trump den Wind aus den Segeln zu nehmen. Dazu muss die EU bereit sein, Zölle deutlich zu senken. So könnten die Autozölle auf das niedrige amerikanische Niveau gedrückt werden. Auch könnten die Nato-Verpflichtungen, wonach zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung ausgegeben werden sollten, erfüllt werden. Das wäre ein wichtiges Signal, um Trump den Wind aus den Segeln zu nehmen."
Ähnlich wie die Republikaner hatten es offenbar auch die Demokraten verstanden, große Teile ihrer Wählerschaft erfolgreich zu mobilisieren. Nicht zuletzt Trumps Amtsvorgänger Barack Obama hatte in den letzten Wahlkampftagen für die Kandidaten seiner Partei geworben. Die Wahlbeteiligung, bei den sogenannten „Midterms“ traditionell gering, lag höher als vor vier Jahren. Genaue Zahlen standen jedoch zunächst aus.
Der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber, geht davon aus, dass das Regieren für Trump schwieriger wird. „Die beiden Lager müssen sich einen, sie müssen zusammenfinden“, sagte der CSU-Vize dem Bayerischen Rundfunk. „Das ist vielleicht die gute Botschaft des Tages.“ Die Gesetzgebung werde für Trump schwieriger.
Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen rechnet nicht mit einer Entspannung der „trumpschen Außenpolitik“. „Es wird keine Kurskorrektur geben, eher eine Intensivierung, eine weitere Polarisierung“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag m Deutschlandfunk. Die jetzige „Wahlniederlage“ werde Präsident Donald Trump innen- sowie außenpolitisch anfeuern.