Donald Trump im US-Wahlkampf Jahrmarkt der Eitelkeiten

Sieben gegen einen ist normalerweise unfair. Aber bei den TV-Debatten der Republikaner im US-Wahlkampf ist es anders. Denn es ist Donald Trump, der verspottet wird. Doch der kann punkten, obwohl er gar nicht dabei ist.

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„Wenn man schlecht behandelt wird, dann muss man sich wehren.“ Quelle: AFP

San Francisco Alle Kameras waren auf die Bühne gerichtet – und Donald Trump war nicht da. Doch Senator Ted Cruz, Nummer zwei la Umfragen bei den republikanischen Präsidentschaftskandidaten nach Donald Trump, beantwortete dafür direkt die erste Frage nach der Abwesenheit von Trump bei einer Podiumsdiskussion in Des Moines, Iowa: „Wir sind alle blöd, sehen schlecht aus und Du, Ben (Carson), bist ein schlechter Chirurg“, warf er in die überraschte Runde der sechs anderen Präsidentschaftskandidaten, die mit ihm auf der Bühne standen. Nur um dann unter Gejohle im Saal anzufügen „So, ich glaube wir haben damit jetzt den Donald Trump-Teil genügend abgearbeitet.“

Es war der Abend, an dem man froh war, zwei Fernseher im Haus zu haben. Der Gescholtete Trump hielt nur wenige Kilometer weiter auf einer Galaveranstaltung Hof und betonte in der auf mehreren Kabelsendern und im Internet übertragenen Rede seine Opferrolle. „Ich will gar nicht hier sein“, sagte er den anwesenden Kriegsveteranen offen ins Gesicht. „Da wollen wir ehrlich sein. Aber wenn man schlecht behandelt wird, dann muss man sich wehren.“ Applaus!

Er hatte sich vom Sender Fox News, Ausrichter der anderen Diskussion, schlecht behandelt gefühlt und seine Teilnahme kurzfristig abgesagt. Nun genoss er das Scheinwerferlicht einer Spendengala, die ansonsten wahrscheinlich nicht einmal den Reporter einer Lokalzeitung gesehen hätte. Aber für Politiker ist eine Veteranenveranstaltung eine sichere Bank. Da sind Sympathien garantiert und wenn Trump auftritt, dann drängen sich die Medien in den kleinsten Raum.

Trump gab sich joval, vermied weitestgehend direkte Attacken auf seine nicht anwesenden Gegner und sonnte sich im Applaus seiner One-Man-Show. Nur einmal musste er seine bekannten „low energy“-Sprüche über Jeb Bush anbringen, so als vermisste er seinen Lieblingsgegner. Die Präsidentschaftskandidaten Nick Santorum und Mike Huckabee waren Trump zu Hilfe gekommen. So sonnten sie sich in seinem Schein. Sie hatten aber ohnehin genug freie Zeit, denn sie wären wegen mangelnder Umfragewerte nie in der Debatte der großen acht, Trump mitgerechnet, aufgetreten. Der kokettierte mit seinem aufrichtigen Mut: „Ob es klug war da nicht teilzunehmen, ob ich dadurch gewinne oder verliere – ich weiß es nicht.“


Wenig Überraschungen

Und es interessierte an diesem Abend bei der Fox-Diskussion auch niemanden weiter. Es ging um Themen von Einwanderung bis Staatsverschuldung, und nur manchmal ging mit dem einen oder anderen Kandidaten das Pferd durch. Dann versuchte sich jemand mit ausfälligen Bemerkungen als besserer Trump zu profilieren. Einmal drohte Senator Ted Cruz aus Texas den gut vorbereiteten Moderatoren sogar „Noch so eine böse Frage und ich muss von der Bühne gehen.“ Doch die einsetzende heitere Reaktion im Saal machte ihm schnell klar, er sollte es lieber nicht machen. Er ist halt kein Donald Trump, der fern bleibt und der dann trotzdem die Diskussion beherrscht.

Zu den Überraschungsgewinnern des Abends gehörte Jeb Bush. Wenn es darum geht, Positionen zu vertreten, spielt er seine politische Praxis aus. Verbindlich und versöhnlich im Ton, ohne unsicher zu wirken, verkündete er seine allerdings leidlich bekannten Positionen. Zweimal musste er auch seinen „Freund“ Donald Trump bedenken. Einmal, um ihn scharf für seine rassistische Haltung in der Terrorpolitik zu brandmarken und generell ganze Religionsgruppen, in diesem Fall Muslime, unter Generalverdacht zu stellen. Einmal spitzfindig humorvoll. Er vermisse seinen „kleinen Teddybär“ Donald und dessen Tweets. Er wünschte, „er wäre hier“, grinste Bush.
Ansonsten machten beide Veranstaltungen klar, warum TV-Debatten ihren Zenit bei den Zuschauern überschritten haben.

Es sind Jahrmärkte der Eitelkeiten. Der Unterhaltungswert ist eher gering ohne einen zweifelhaften Aggressionskünstler wie Trump. Wer die politische Szene in den USA kennt, der kennt die Positionen der Kandidaten und die vorgefertigten Antworten. Alles schon hundertmal gesagt. Nur selten gab es Überraschungen.

Zum Beispiel, wenn Videoeinspielungen von alten Aussagen eingeblendet wurden und allmähliche Meinungsschwenks um 180 Grad dokumentierten. Da gerieten Cruz und Marco Rubio schon ins Schwitzen und es wurde klar, warum Trump diese Veranstaltung hatte meiden müssen: So etwas wäre Gift für ihn. Nicht nur, dass er immer gerne seine Aussagen aus dem Gedächtnis heraus neu interpretiert. Er verneint auch genug schlicht, dass er manche Sachen jemals gesagt hat. Solche Videos hätten ihn in die Enge getrieben.

Am Ende hatten aber alle was sie wollten. Alle hatten mehr Redezeit als sonst und konnten sich in den Medien präsentieren, Donald Trump einbegriffen. Was die Wähler in Iowa aber von dem ganzen Medienzirkus gehalten haben, wird erst am Montagabend klar werden, wenn sie ihre Favoriten gewählt haben.

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