Donald Trump in Asien Eine ungewöhnliche Partnerschaft

Der pragmatische Kuschelkurs von Japans Ministerpräsident Abe zahlt sich aus. Trump erwähnt zwar den Handelsstreit, aber in ungewohnt sanften Tönen. Dafür unterstützt Abe seine Nordkorea-Politik widerspruchslos.

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Shinzo Abe ist Trumps liebster Golfpartner. Quelle: Reuters

Japan hat in den vergangenen zwei Tagen einen freundlichen Donald Trump erlebt. Auf der ersten Station seiner Asien-Reise verbeugte der amerikanische Präsident sich anders als sein Vorgänger Barack Obama zwar beim Treffen mit Kaiser Hirohito nicht wie es sich eigentlich in Japan gehört. Er schüttelte nur dessen Hand. Außerdem erneuerte Trump seine Kritik am hohen Defizit der USA im Handel mit Japan. Aber das tat er in einem freundlichen Ton. Zudem überschüttete er seine Gastgeber mit Lob.

In einer Rede vor japanischen Firmenchefs begrüßte er nicht nur die neuesten Milliardeninvestitionen japanischer Konzerne in den USA. Er feierte auch die Managerelite: „Ihr seid die Rockstars der Geschäftswelt.“ Aber dabei vergaß er seine handelspolitische Agenda nie. Und die heißt weiterhin „America First“ wie er in der abschließenden Pressekonferenz deutlich machte. Die USA seien stärker, und das wolle er so beibehalten, ok?, sagte Trump zu Japans Ministerpräsident Shinzo Abe. „Und Japan wird Zweiter sein.“

In Japan war damit klar, dass Trump das Land nicht ganz aus seinem handelspolitischen Schwitzkasten lassen würde. Allerdings war es aus japanischer Sicht schon ein Erfolg, dass Trump die hohen Investitionen japanischer Firmen in den USA anerkannte. „Aber wir müssen mehr tun“, mahnte er die Herren der Japan AG. Die USA wollten fairen und offenen Handel. „Aber der Handel ist nicht fair – und er ist nicht offen, wird es aber bald sein“, so Trump. Seine Vorhersage: „Ich habe keinen Zweifel, dass dies schnell und in freundlicher Weise geregelt wird.“

Die relativ freundliche Behandlung ist das Resultat eines Kuschelkurses von Japans Ministerpräsident Abe, der sich in seiner Reaktion auf Trump deutlich von denen europäischer Staatschefs unterscheidet. Zwar wurde Japan genauso wie viele andere Staaten vom Wahlsieg Trumps überrascht. Zudem befand sich das Land mit Deutschland, China, Mexiko und Südkorea als handelspolitische Missetäter im Bannstrahl der Tweets des kommenden Präsidenten. Aber anders als Angela Merkel ging Abe nicht auf Distanz.

Im Gegenteil, Japans Regierung entschied sich aus strategischen Gründen, dass man sich beim künftigen Präsidenten als wahrer Freund verankern wolle. Denn in einer immer angespannteren Region hängt nach Ansicht der Japaner das Überleben von ihrem einzigen Sicherheitspartner ab, den USA. Die Strategen glauben daher, sich keine schlechten Beziehungen zu US-Präsidenten jedweder Couleur leisten zu können.

Also reiste Abe als erster Regierungschef nur etwa eine Woche nach den US-Wahlen im November 2016 zum Trump Tower in New York. Trump könne vertraut werden, sagte er danach über den neuen Oberkommandeur der amerikanischen Streitkräfte, die Japan unter ihrem atomaren Schirm schützen. Seither hat sich eine enge Beziehung zwischen den beiden Führungskräften entwickelt. Mit keinem Regierungschef redet und golft der US-Präsident lieber als mit Abe. Auch am Sonntag spielten die beiden als ersten gemeinsamen Programmpunkt eine Partie.

Dafür haben die Japaner auch jetzt wieder Kröten geschluckt. Erneut kritisierte Trump, dass Japans Autobauer so viele Autos in den USA herstellten, aber die US-Hersteller keine nach Japan exportierten. Dabei übersah er allerdings geflissentlich, dass Toyota, Nissan und Honda bereits ein Großteil der in Trumps Heimat verkauften Kraftwagen vor Ort herstellen und nicht importieren.

Außerdem ist es zu billig, die Japaner für das unternehmerische Versagen der amerikanischen Großen Drei GM, Ford und Chrysler verantwortlich zu machen. Die deutschen Hersteller zeigen, dass Japan kein hermetischer geschlossener Markt ist. Unternehmen müssen eben Produkte liefern, die die Japaner auch kaufen wollen.


Es lebe das Trump-Management


Stattdessen versuchen die Japaner Trump pragmatisch zu managen und sich ansonsten durch eigene multilaterale Vorstöße abzusichern. Die konfliktträchtigen Verhandlungen über den bilateralen Handel haben die Japaner erfolgreich an Trumps Vizepräsident Mike Pence delegieren lassen können.

Bei dem erhoffen sie sich mehr Verständnis für Japans Position. Schließlich haben gerade die Autohersteller massiv in seiner politischen Heimat Indiana investiert, schon als Pence dort Gouverneur war. Trump blieb daher zahm. „In Freundschaft werden wir einen Erfolg haben, den es bisher selten zwischen zwei Ländern gab“, sagte er auf der Pressekonferenz zu Abe.

Gleichzeitig versucht Abe, das transpazifische Partnerschaftsabkommen (TPP) auch nach dem Austritt von Trumps USA mit den verbliebenen elf Staaten zu retten. Denn für Japan ist der Deal noch immer strategisch wichtig, um in Asien ein Gegenwicht gegen Chinas wachsendes Gewicht zu schaffen. Dies könnte sogar gelingen.

Darüber hinaus hofft Japan, die USA in bilateralen Verhandlungen auf die Zugeständnisse festzunageln, die Japan schon in der TPP gemacht hat. Außerdem hat die Regierung die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass die USA es sich vielleicht später doch noch anders überlegen und beitreten.

Trump ließ zwar keinerlei Gesinnungswandel erkennen. „TPP war nicht die richtige Idee“, sagte Trump zu Japans Firmenbossen. Einige mögen zwar anderer Meinung sein. „Aber letztlich werde ich recht behalten“, so Trump. „Wir werden viel mehr Handel führen als jetzt, und es eine weit weniger komplexe Lage sein.“

Aber die Japaner denken langfristig und multilateral. So einigten sich beide Seiten, gemeinsam neue Strukturen für eine freie und offene indopazifische Region zu schaffen. Als Gerüst schwebt Japan eine Annäherung von Australien, Neuseeland, Indien, Japan und den USA vor. Sicherheitspolitik steht da wohl im Vordergrund, aber die Stoßrichtung ist wie von Japan bevorzugt multilateral.

Das Managen von Trump in Handelsfragen flankierte Abe überdies dadurch, Trumps viel kritisiertes Säbelrassen gegenüber Nordkorea massiv zu unterstützen. Selbst die härtesten Drohungen des US-Präsidenten, Nordkoreas Atom- und Raketenprogramm möglicherweise sogar militärisch auszuschalten, hat Abe nie öffentlich kritisiert. Nicht einmal mögliche Kritik oder Meinungsunterschiede in Telefonaten sickerten durch.

Im Gegenteil: Trump ließ sich zwar am Montag nicht zu neuen Steigerungen seiner Drohungen hinreißen. Aber Abe ließ auf abschließenden Pressekonferenz keinen Spalt zwischen sich und dem martialischen Trump der vergangenen Monate frei. Trump und er hätten die „unerschütterlichen Beziehungen der japanisch-amerikanischen Allianz gezeigt“, sagte Japans Regierungschef. „Wir unterstützen vollsten die Position von Trumps Regierung, dass alle Optionen auf dem Tisch liegen.“

Das bedeutet, dass er auch militärische Schläge der USA gegen Nordkoreas Atom- und Raketenprogramm nicht rundheraus ablehnen würde. Dabei wäre Japan als Hauptbasis der USA in Asien eines der wichtigsten Ziele von Nordkoreas möglicherweise mit atomaren, bakteriologischen oder chemischen Sprengköpfen bestückten Mittelstreckenraketen. So kann Trump nun gut gelaunt zu den schwierigeren Stationen seiner Reise weiterfliegen. Am Dienstag wird er in Südkorea erwartet. Kenner des Landes würden sich allerdings nicht wundern, wenn er dort anders als in Japan auch von Demonstranten begrüßt wird. Denn in Südkorea wird viel lauter Kritik an Trumps Nordkorea-Politik geübt.

Danach wird Trump nach China reisen, bevor es auf die Philippinen und nach Vietnam weitergeht. Und in Peking geht es nicht nur um Handel, sondern auch um Nordkorea. Trump will erreichen, dass China noch deutlich schärfere Sanktionen gegen seinen Schützling umsetzt, um dessen Atom- und Raketenprogramm zu stoppen. Ob ihm gelingt, woran bisher noch jeder seiner Vorgänger gescheitert ist, wird spannend. Aber Trump freut sich anscheinend schon auf ein Wiedersehen mit Chinas Staatschef Xi Jinping. „Ich mag ihn sehr“, sagte Trump auf der Pressekonferenz in Japan. „Ich sehe ihn als Freund an.“

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