Donald Trump in Mexiko Zu Besuch beim „gefährlichen“ Nachbarn

Donald Trump sorgte für viel Unmut, als er Mexikaner unter anderem Vergewaltiger nannte. Nun reiste der republikanische US-Präsidentschaftskandidat zu einem Blitzbesuch ins Nachbarland. Eine ungewöhnliche Stippvisite.

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Mexikos Präsident Peña Nieto betonte die großen Chancen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, für Donald Trump bedeutet Mexiko vor allem eine Gefahr. Quelle: Reuters

Mexiko-Stadt Seit Monaten schimpft Donald Trump auf mexikanische Einwanderer, jetzt hat der republikanische US-Präsidentschaftskandidat dem südlichen Nachbarland einen Überraschungsbesuch abgestattet. „Ich habe großen Respekt vor den Mexikanern in den Vereinigten Staaten, vor ihrem Glauben, ihren Familienwerten und ihrer Gemeinschaft“, schmeichelt er nach einem Treffen mit Mexikos Präsident Enrique Peña Nieto am Mittwoch. „Ich habe vielen von ihnen Arbeit gegeben. Das sind großartige Leute.“

Bei der Ankündigung seiner Kandidatur hatte er Mexikaner noch als Drogenhändler und Vergewaltiger verunglimpft. „Das hat viele Leute beleidigt“, sagt Peña Nieto. „Die Mexikaner haben Respekt verdient.“ Zwar reden die beiden Männer in der Präsidentenresidenz eingerahmt von Flaggen vor dem mächtigen Staatswappen von „offenen und konstruktiven“ Gesprächen, doch die Einschätzung der Beziehung könnte unterschiedlicher nicht sein.

Peña Nieto betont die großen Chancen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, spricht von einer Million Menschen, die täglich legal die verkehrsreichste Grenze der Welt überschreiten, beschwört die Dynamik des gemeinsamen nordamerikanischen Marktes.

Für Trump bedeutet Mexiko vor allem eine Gefahr: Illegale Einwanderer und Drogen würden über die Grenze geschmuggelt und das Freihandelsabkommen Nafta führe dazu, dass Industriearbeitsplätze von den Vereinigten Staaten nach Mexiko abwanderten, sagt der millionenschwere Unternehmer. Peña Nieto schaut etwas gequält in die Ferne.

An seinen Plänen zum Bau einer Mauer an der US-Südgrenze hält er deshalb auch eisern fest. „Wir haben über die Mauer gesprochen, aber nicht darüber, wer sie bezahlt“, erklärt er nach dem Treffen. Kaum ist Trump wieder abgeflogen, widerspricht Peña Nieto der Darstellung. „Gleich zu Beginn des Gesprächs habe ich Donald Trump klar gemacht, dass Mexiko nicht für die Mauer zahlen wird“, schreibt er bei Twitter. „Danach hat sich die Unterhaltung auf andere Themen zubewegt und sehr respektvoll entwickelt.

Auf beiden Seiten des Rio Grande spekulierten die Analysten, was sich Trump und Peña Nieto von der ungewöhnlichen Stippvisite versprechen. Die Zustimmungswerte des mexikanischen Präsidenten sind im Keller und für den Besuch des latino-feindlichen Populisten hat in Mexiko kaum jemand Verständnis. „Er droht uns mit Krieg und Mauern, aber wir öffnen ihm den Nationalpalast“, sagte Senatspräsident Roberto Gil.

Ende der vergangenen Woche hatte die mexikanische Regierung beide US-Präsidentschaftskandidaten eingeladen. Dem Vernehmen nach hatte Peña Nieto schlicht nicht damit gerechnet, dass ausgerechnet Trump als Erster zusagt. „Ich weiß nicht, wie Sie darauf gekommen sind, dass es eine gute Idee sein könnte, Donald Trump einzuladen“, sagt der mexikanische Politik-Analyst Alejandro Hope.

Peña Nietos Einladung an Donald Trump birgt nach Einschätzung von Mexikos Ex-Präsidenten Vicente Fox ein großes politisches Risiko. Sollte er zu freundschaftlich mit seinem Gast umgehen, werde ihm das schaden, sagt er im US-Fernsehsender CNN. „Er wird als Verräter gesehen, weil wir es nicht hinnehmen, beleidigt zu werden.“

Für Trump ist der Besuch eine Möglichkeit, mit Hinblick auf die Wahlen einen moderateren Kurs in Einwanderungsfragen einzuschlagen und sich den gemäßigten Konservativen in den USA anzudienen. „Er will sich staatsmännisch zeigen“, sagt Andrew Selee vom Forschungsinstitut Wilson Center. „Er versucht jetzt, eine breitere Wählerbasis anzusprechen, die weiß, wie wichtig die Beziehungen zwischen den USA und Mexiko sind.“

Robert Costa von der „Washington Post“ hatte noch eine einfachere Erklärung: „In seinem Wahlkampfteam haben sie sich gefragt: Wie können wir in dieser Woche die Schlagzeilen bestimmen?“ Spin-Doktor hinter der Idee sei Trumps neuer Kampagnenchef Stephen Bannon gewesen. „Er mag die Überraschung, er mag den politischen Kampf“, sagt Costa im US-Frühstücksfernsehen.

Latinos dürfte Trump aufgrund seiner zahlreichen Ausfälle vor der Präsidentschaftswahl kaum noch auf seine Seite ziehen. Der Kurztrip nach Mexiko und ein etwas moderaterer Ton könnten allerdings traditionelle Republikaner beruhigen, die sich vom populistischen Stil des Parteiaußenseiters bislang abgestoßen fühlen. Wenn Trump die Krallen einfährt, könnte das zudem Latino-Wähler demobilisieren, die ihre Stimme für Hillary Clinton vor allem als eine Stimme gegen Trump verstehen.

In Mexiko stieß der Besuch von Trump weitgehend auf Unverständnis. Politiker aller politischer Lager verurteilten das Treffen von Peña Nieto mit dem New Yorker Millionär. In der mexikanischen Hauptstadt protestierten Dutzende Menschen gegen den Besucher aus den USA. „Trump go home“, war auf einem der Transparente zu lesen.

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