Donald Trump Keine Freunde, noch nicht einmal bei Fox

Trumps Äußerungen zu den Ausschreitungen in Charlottesville lösen selbst bei seinen Stammmedien Empörung und Widerspruch aus. Nur ultrarechte Medien wie Breitbart halten dem US-Präsidenten noch die Treue.

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Selbst Trumps Lieblingssendung „Fox and Friends“ will am nächsten Tag nicht unbedingt mit ihm befreundet sein. Er habe einen „gigantischen Fehler“ auf der Pressekonferenz gemacht, als er wieder über die Vorfälle in Charlottesville sprach und „beide Seiten“ verurteilte, beobachtet Moderator Steve Doocy. Abby Huntsman geht sogar noch weiter und spricht von einer „verfehlten Gelegenheit, sich stärker gegen sich Hassgruppen zu stellen“.

Die Moderatoren wissen, dass der US-Präsident die Frühstücksfernseh-Show fast täglich guckt. Manchmal schalten sie zum Weißen Haus, um am Licht im Fenster zu erkennen, ob er schon wach ist. Und er gibt im Gegenzug den amerikanischen Bürgern schon mal eine Einschaltempfehlung oder verbreitet gerade gesehene Ansichten und Fakten weiter. Die schnurgerade Kausallinie zwischen dem Bild auf „Fox“ und den Tweets von Trump konnte man schon öfter nachverfolgen.

Doch bei Fragen zu den sogenannten „identity politics“ spaltet sich das republikanische Lager – sowohl bei den Politikern wie auch in den Medien. Gemeint sind mit dem Begriff vor allem Themen, bei denen es um Sexismus, Rassismus oder Geschichtsrevisionismus geht. Darf man sich über die Eltern des dekorierten, muslimischen Kriegshelden Humayun Khan lächerlich machen? Wo sind die Grenzen des Männerwitzes? Und gerade aktuell: Gibt es unter den Neonazis und Ku-Klux-Klan-Anhängern auch „sehr feine Menschen“?

Bei den Antworten stimmen die meisten nicht mit Trumps Aussagen überein. Veteranen sind zu respektieren, Frauen greife man nicht zwischen die Beine – die breite Mehrheit ist sich da einig, auch im rechten Lager. Auch bei der konsequenten Verurteilung von Rassisten und Neonazis gibt es keine Grauzonen, finden die Journalisten. Ben Shapiro vom „The Daily Wire“ benutzt drastische Worte, um die Pressekonferenz zu beschreiben: „Sie war ein brennender Katerstrophen-Müllhaufen auf einem Berg von Elefantenscheiße, das wiederum auf Satans Kotze ist“. Die New York Post, die Trump schon früh als Präsidentschaftsanwärter unterstützt hatte, schreibt ironisch: „Trump macht’s mal wieder: Hey, manche der weißen Nationalisten sind ‚sehr feine Menschen‘. SIE SIND NICHT ALLE NAZIS.“.

Nur wenige Bastionen des Trumpschen Medienuniversums halten ihm auch bei solchen Fragen die Treue. Sean Hannity, der schon ganz früh im letzten Wahlkampf seine Unterstützung für Trump verkündet hatte, verteidigt den US-Präsidenten in zwanzigminütigen Monologen. Breitbart beschimpft Republikaner wie Marco Rubio, Mitt Romney und John McCain, die Trump verurteilt haben, als Mitglieder des „Antifa Club“ und setzt damit einen der beliebtesten Artikel des Tages ab. Was auch mehr als 22.000 Mal kommentiert wird: ein Post, auf dem die Online-Zeitung titelt: „Donald Trump vernichtet die Charlottesville-Berichterstattung: Schaut euch die Fakten an“.

Als ob fehlende Fakten Trump jemals vom voreiligen Sprechen abgehalten hätten, spöttelt eine andere Fox Moderatorin. Sie ist offensichtlich wütend: „Ich finde es irrwitzig, dass ich das alles kommentieren soll. Momentan frage ich mich gerade noch, ob das, was ich gesehen habe, wirklich passiert ist. […] Das waren alles schlechte Menschen, Punkt. Und die Tatsache, dass diese Aussage kontrovers ist, macht mich… Ich weiß nicht, ob ich lachen soll, oder… ich habe zu viel Augen Make-up drauf, als dass ich losheulen könnte. Es ist ekelhaft.“ Ihre dunkelhäutige Kollegin, die ähnlich kritisch war, erhält nach ihrem Kommentar mehr als 150 E-Mails, in denen ihr teilweise mit Mord gedroht wird.

Der unverhohlenen Empörung versuchen einige Kollegen beschwichtigend oder gar ablenkend entgegenzutreten. Zu viel Dissens mit Trump könnte ihren wichtigsten Zuschauer vertreiben. Statt die moralisch fragwürdigen Aussagen des US-Präsidenten noch weiter zu diskutieren, dreht man die Geschichte weiter und nickt sich wieder gegenseitig ab – mit einem anderen „identity politics“-Thema.

Inzwischen sind Fox, Breitbart und der Daily Wire voll mit Artikeln über Statuen und Monumente, die gerade entfernt wurden und demnächst entfernt werden, weil sie nach heutigen Maßstäben als problematisch gelten. Denn nichts eint das rechte Lager so stark wie die Angst, dass das Vaterland und die eigene Geschichte angegriffen werden.

Während fallende Statuen die Print- und Fernsehaufmacher dominieren, berichten die Medien verhältnismäßig leise über den schwindenden Rückhalt für Trump aus dem privaten Sektor. Zuerst hatten sich die Chefs von Merck, Intel und Under Armour aus Protest gegen Trumps Charlottesville-Äußerungen aus dem Industrie-Rat zurückgezogen. Dann löste der Präsident das Strategie-und-Politikforum selbst auf.

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