




Der Moment, als Donald Trump entschieden hat, Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika zu werden, war an einem Abend im April 2011. US-Präsident Barack Obama hatte zum traditionellen Korrespondenten-Dinner nach Washington geladen – ein Abend mit vielen Prominenten aus Medien, Politik und Wirtschaft.
Auch Trump war unter den mehreren Hundert Gästen. Wochen zuvor hatte der Immobilien-Milliardär über die Medien eine Debatte um die angeblich gefälschte Geburtsurkunde von Obama losgetreten. Der Vorwurf: „Wenn Obama nicht in den USA geboren ist, darf er nicht Präsident sein. Das wäre der größte Skandal, den Amerika jemals hatte.“
Obama, der daraufhin seine Geburtsurkunde veröffentlichte, rächte sich an diesem Abend im April, indem er Trump vor den geladenen Gästen öffentlich zerlegte. „Niemand ist glücklicher, niemand ist stolzer, die Sache mit der Geburtsurkunde endlich geklärt zu haben, als Donald“, sagte Obama, während Trump ein Pokerface aufsetzte. „Nun kann er sich endlich wieder auf die bedeutenden Themen konzentrieren – etwa, ob wir die Mondlandung gefälscht haben.“
„Trump hasst es, erniedrigt zu werden“, sagt Michael D’Antonio über diesen Vorfall. D‘Antonio hat eine Biografie über Trump geschrieben. So eine öffentliche Bloßstellung sei für Trump nicht akzeptabel. Roger Stone, ein enger Berater von Trump, sagt: „Ich glaube, das war der Tag, als Trump entschlossen hat, Präsident zu werden. Der Moment, als Trump zu sich sagte: Ich werde es allen zeigen.“
Keine fünf Jahre später sitzen Donald Trump und Barack Obama auf einem Sofa im Weißen Haus und erklären den Vertretern der Hauptstadtpresse, wie sie die Übergabe der Regierungsgeschäfte bis zum 20. Januar organisieren werden. Kurz zuvor hatten sich die beiden 90 Minuten lang in einem Hintergrundgespräch ausgetauscht. „Ein exzellentes Gespräch“, lobte Obama. Man habe über Innen- und Außenpolitik gesprochen und darüber, wie man die Übergabe der Amtsgeschäfte „erleichtern“ könne. Obama fühle sich „ermutigt“, dass Trump mit seinem Team zusammenarbeiten wolle.
Darum hat Trump gewonnen
Clinton schnitt trotz Trumps frauenfeindlicher Äußerungen in der Wählergruppe deutlich schwächer ab als im Vorfeld erwartet. Zwar erhielt sie von Frauen zwischen 18 und 34 Jahren deutlich mehr Unterstützung als Trump, insgesamt aber betrug ihr Vorsprung bei Frauen mit 49 Prozent nur zwei Prozentpunkte. Zum Vergleich: Der scheidende Präsident Barack Obama schnitt 2012 bei Frauen sieben Prozentpunkte besser ab als sein damaliger Herausforderer.
Clinton kam Umfragen zufolge deutlich besser bei Amerikanern mit spanischen Wurzeln, Afroamerikanern, und Amerikanern mit asiatischen Wurzeln an. Allerdings erhielt sie nicht so viel Rückhalt wie Obama vor vier Jahren, der seine Wiederwahl besonders den Stimmen der Minderheiten verdankte.
Trump punktete besonders bei Wählern ohne College-Ausbildung. Insgesamt betrug sein Vorsprung auf Clinton in dieser Gruppe zwölf Prozentpunkte. Bei weißen Männern ohne höheren Bildungsabschluss schnitt er sogar um 31 Prozentpunkte besser ab, bei weißen Frauen ohne Abschluss waren es 27 Prozentpunkte.
Streng gläubige weiße Amerikaner haben Trump die Treue gehalten - trotz der sexuellen Missbrauchsvorwürfe, die gegen den Milliardär im Wahlkampf erhoben wurden. Etwa 76 Prozent der Evangelikalen gaben an, für Trump gestimmt zu haben.
Clinton tat sich in Ballungsräumen schwer, obwohl dort in der Regel viele Anhänger der Demokraten leben. Ihr Vorsprung auf Trump betrug dort gerade einmal sechs Prozentpunkte. In ländlichen Regionen schnitt Trump dagegen um 27 Prozentpunkte besser ab.
Trump sagte: Er habe „großen Respekt“ vor dem Präsidenten. „Er ist ein guter Mann.“ Er wolle Obama für „die Dinge, die er erreicht hat, danken“, so Trump. Und er werde mit dem Präsidenten zusammenarbeiten und dessen Beratung einholen, wen nötig.
Verbale Abrüstung im Weißen Haus
Amerika atmet auf. Der alte und neue Präsident der USA rüsten verbal ab. Sie tauschen freundliche Worte aus und verhalten sich professionell. Hier und da ist ein Anflug eines Lächelns auf Obamas Lippen zu erkennen. Das Verhalten der beiden Alpha-Tiere ist ein wichtiges Signal an das Volk, wieder in den Normalzustand zurückzukehren.
Leicht wird das nicht. Denn in zahlreichen Städten der USA protestieren vor allem junge Leute gegen die Wahl von Donald Trump. Er sei „nicht mein Präsident“, steht auf ihren Plakaten. Bislang sind die Demonstranten weitestgehend friedlich. Umso wichtiger ist, dass die Übergangszeit bis zum 20. Januar in geordneten Bahnen läuft.





Es wird eine schwierige Zeit. Denn Trump will so ziemlich alles ändern, was dieses Land ausgezeichnet hat. Doch das erste Treffen zwischen Obama und Trump ist zunächst ein gutes Omen für die schwierige Zeit, die vor ihnen liegt. Die Übergangszeit zwischen zwei Präsidenten, die aus unterschiedlichen Parteien kommen, ist traditionell eine Zeit der kollektiven Anspannung. Sie ist eine psychologisch wichtige Etappe im Verhältnis der politischen Parteien und eine Botschaft ans Volk.
Immer wieder kam es in der Vergangenheit zu kruden Auseinandersetzung, etwa beim Übergang von Bill Clinton zu George W. Bush. Mitarbeiter Clintons sollen auf den Tastaturen im Weißen Haus den Buchstaben W entfernt haben. Solche Eskapaden scheint es trotz der Feindseligkeiten dieses Mal nicht zu geben. Trump und Obama werden nie Freunde werden, aber sie bemühen sich, die aufgeheizte Stimmung im Land zu besänftigen und eine reibungslose Übergabe zu organisieren. Das Treffen war Balsam für die ramponierte amerikanische Seele.
Doch wie geht es nun weiter? Trump zeigte sich bereits an Tag eins nach seinem historischen Triumph von einer anderen Seite. Er wolle Präsident für alle Amerikaner sein. Er wolle das Land „zusammenführen“. Trump trat präsidialer auf. Doch kann man ihm seine Rolle abnehmen? Amerika rätselt: „Wer ist dieser Mann“, fragt Elaine Kamarck von der Denkfabrik Bookings. „Wie viel Trump ist echt?“ Wie viel sei gespielt. Man wisse es nicht.