Donald Trump und Mexiko Wer hat die Absicht, eine Mauer zu bauen?

Donald Trump will Millionen Migranten aus Mittel- und Südamerika abschieben und den Freihandel einschränken. Das richtet sich vor allem gegen ein Land: Mexiko. Entsprechend geschockt sind die Mexikaner. Am Ende würden sich die USA mit einer Politik der Abschottung gen Süden aber auch selbst schaden. Einblicke in den wohl größten wirtschaftspolitischen Kampf, den Trump entfesseln wird.

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Der Grenzzaun in der nähe von El Paso, New Mexico. Quelle: imago images

Die Erinnerung an den Abend des 8. November lässt Martín Salas noch immer nicht los. Sein Blick geht in die Ferne, dann knetet er seine Finger und ringt um Worte. Salas weiß, dass für die Familien in seinem Dorf Huamuxtitlán im Südwesten Mexikos nichts mehr so sein wird wie zuvor. „Das ist der Horrorfilm, der Realität geworden ist“, sagt der 43-Jährige. Als er mit seiner Familie am Wahlabend vor dem Fernseher saß, schalteten sie alle fünf Minuten auf andere Kanäle um in der Hoffnung, dass dort die Ergebnisse für Hillary Clinton besser seien.

Fast alle der 8500 Einwohner des Ortes in den rauen Bergen von Guerrero, gut 2000 Kilometer von der amerikanischen Grenze entfernt, klebten an diesem Abend vor dem Fernseher, so wie sonst nur, wenn die mexikanische Fußballnationalmannschaft spielt oder ein neuer Präsident in Mexiko gewählt wird. „Die US-Wahl hat ja für uns die gleiche Bedeutung“, sagt Salas. Denn rund die Hälfte der Einwohner des Dorfes von einst ist in die USA ausgewandert. „Die meisten leben in New York, arbeiten dort auf dem Bau, als Gärtner, Tellerwäscher, Teppichleger oder bauen Gartenbrunnen für die Reichen“, sagt Salas.

Kaum jemand von ihnen hat eine Arbeits- oder Aufenthaltserlaubnis. „Der Efecto Trump“, sagt Salas. „Wir haben Angst davor.“

3000 Kilometer entfernt steht Hector Mora in seiner Anwaltskanzlei für Migrationsrecht in Washington. Auf den Ledersitzen im Eingangsbereich, die an den Armlehnen und auf den Sitzflächen aufgerissen sind, warten vier Einwanderer auf ihren Termin. Mora ist Venezolaner, hat in den USA studiert und ist mit einer Amerikanerin verheiratet. Rund 200 „offene Fälle“ stapeln sich auf seinem Schreibtisch und in den Regalen, sagt Mora. Die Mehrzahl seiner Mandanten komme aus Mexiko. Sie sind mit ihren Eltern hierher gekommen oder alleine. Und sie hoffen auf die US-Staatsbürgerschaft oder eine Aufenthaltsgenehmigung.

Eltern etwa, die seit mehr als einem Jahrzehnt illegal in den USA leben und ihren Nachwuchs auf die Welt gebracht haben. Rechtlich sind die Kinder Amerikaner, den mexikanischen Eltern droht die Abschiebung. „Trump könnte diese Familien auseinanderreißen“, sagt Mora. „Die Leute haben Panik.“

Was ändert sich mit Trump im Weißen Haus?
Blick auf den Central Park Quelle: REUTERS
An diesem Schreibtisch wird bald Donald Trump sitzenFirst Lady Melania wird ihre Büros im Ostflügel haben. Präsident Trump wird im West Wing arbeiten, dort liegt auch das 1909 eingerichtete Präsidentenbüro, das „Oval Office“. Quelle: dpa
Blick in den "Yellow Oval Room" in den Privaträumen der Präsidentenfamilie Quelle: AP
Das Trump International Hotel in Washington Quelle: AP
Der Gemüsegarten des Weißen Hauses Quelle: AP
Barack und Michelle Obama Quelle: dpa
Donald und Melania Trump Quelle: AP

Und man weiß in diesen Tagen, da sich der Rest der Welt so langsam mit einem Präsidenten Donald Trump arrangiert, nicht, ob diese Panik womöglich berechtigt ist. Denn es gab da im Wahlkampf des Republikaners dieses eine Versprechen, das ihm die Sympathien der weißen Arbeiter-Mittelschicht zutrieb wie kein anderes: Er, Donald Trump, werde nach einem Wahlsieg eine Mauer entlang der Grenze zu Mexiko bauen, und Mexiko werde dafür zahlen.

Nie mehr würden so Drogendealer gen Norden gelangen, nie mehr billige Arbeitskräfte und nicht länger, das sagte Trump so nicht, aber das schwang in den Fantasien seiner Wähler mit, sollten so billige Produkte in die Vereinigten Staaten gelangen und wackeren, amerikanischen Arbeitern die Arbeit nehmen. Und da selbst Trumps Wähler ahnten, dass eine Mauer alleine nicht helfen wird, versprach der Republikaner die Kündigung und Neuverhandlung des nordamerikanischen Freihandelsabkommens Nafta zwischen den USA, Mexiko und Kanada gleich mit.

Trumps Wahlkampf war eine einzige Wirtschaftskriegserklärung gegen Mexiko.

Rückgrat der Landwirtschaft: Viele Branchen in den USA hängen an Arbeitskräften aus Lateinamerika. In der Landwirtschaft stellen sie ein Viertel der Arbeiter. Quelle: Getty Images

Ab 20. Januar nun wird aus diesen Plänen eines Kandidaten die Mitgift einer Präsidentschaft. Mexikos Zentralbankpräsident Agustín Carstens hat bereits einen „Hurrikan der Kategorie fünf“ prophezeit. Und tatsächlich ist die mexikanische Wirtschaft so abhängig von der amerikanischen – beim Warenexport, bei der Beschäftigung, aber auch als Land, aus dem Millionen Gastarbeiter jährlich Milliarden zurück in ihre Heimat überweisen. Abhängigkeit aber hat immer auch zwei Seiten: So wie Mexiko vom freien Waren- und Personenverkehr zwischen beiden Ländern lebt, haben es sich auch die Amerikaner sehr gemütlich gemacht in dieser Freihandelszone.

Elf Millionen Latinos, davon die Hälfte Mexikaner, arbeiten illegal in ihrem Land, stellen günstige Arbeitskräfte, erbringen Dienstleistungen im Leben von Millionen US-Bürgern und produzieren Güter, die die Amerikaner dann günstig kaufen. Und so stellt sich dieser Tage die Frage: Gibt es wirklich einen Gewinner, wenn Trump seine Pläne gegenüber Mexiko und Lateinamerika auch nur annähernd umsetzt?

Nur vier von zehn Erwachsenen haben ein Bankkonto

Martín Salas rechnet mit einer menschlichen Tragödie. Salas ist Chef der kleinen Finanzkooperative Red Eco, die in Gemeinden in Guerrero das Geld der Migranten verwaltet. Es ist so eine Art Raiffeisenbank, wie es sie auch in Deutschland gibt. In Mexiko haben nur vier von zehn Erwachsenen ein Bankkonto. „Auf dem Land so gut wie niemand“, sagt Salas. Und damit die Familien der schuftenden Verwandten in den USA die Pesos nicht nur in Kühlschränken, Plasmafernsehern und Tequila anlegen, bietet Red Eco Konten und Kredite für Hausbau und Aussaat.

Es lohnt sich, denn die Migranten schicken 400 bis 500 Dollar pro Monat an die Verwandten daheim in Huamuxtitlán – ein Viertel dessen, was sie im Schnitt in den USA verdienen.

„Von den 1500 Familien bei uns bekommen 1000 Remesas“, sagt Salas. Remesas nennt man in Mexiko die Auslandsüberweisungen, die so überlebenswichtig sind für Millionen von Menschen in dem Land. Viele Familien in Bundesstaaten wie Michoacán, Puebla, Guerrero, Oaxaca oder Chiapas, die zu den ärmsten Mexikos gehören, leben nur von den Überweisungen. In Guerrero tragen sie knapp acht Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Manche Dörfer Mexikos sind regelrecht entvölkert, weil die jungen Erwachsenen in den USA arbeiten.

Vergangenes Jahr überwiesen die im Ausland lebenden Mexikaner umgerechnet 23 Milliarden Euro an ihre Familien zu Hause – nach Erdöl und Tourismus die drittgrößte Devisenquelle des Landes.

Doch sie könnte bald versiegen, wenn Trump seine Drohungen wahr macht. Er will den Bau der Grenzmauer den Mexikanern in Rechnung stellen und kalkuliert die Kosten auf rund fünf bis neun Milliarden Euro. Da die Regierung in Mexiko-Stadt dafür nicht aufkommen wird, will Trump das Geld über die Remesas reinholen. „Die US-Regierung könnte die Überweisungen konfiszieren, was einer Enteignung gleichkäme, oder sie besteuern“, sagt Alfredo Coutiño, Lateinamerikadirektor bei der US-Ratingagentur Moody’s Analytics.

Erhöbe Trump Steuern von fünf Prozent nur auf die Überweisungen der Migranten ohne Papiere, würde er so pro Jahr 1,2 Milliarden Euro zurückstellen können. Geld, das den Familien daheim fehlt. Für die Menschen in Huamuxtitlán wäre das wie ein „Erdbeben“, sagt Salas. „Unser Ort und andere in der Umgebung sterben dann.“

Den Beginn der Massendeportation hat Trump bereits angekündigt. Zwei bis drei Millionen illegale Einwanderer „mit krimineller Vergangenheit“ wolle er zügig abschieben, sagte er in einem Fernsehinterview nach der Wahl. Abgesehen davon, dass es so viele kriminelle Einwanderer ohne Papiere laut offiziellen Statistiken gar nicht gibt, bleibt auch die Frage, was er mit den restlichen acht Millionen Immigranten vorhat. Dies entscheide er zu gegebener Zeit, wenn die Regierung „die Grenze gesichert“ habe. Zudem wolle Trump die Zahl der Grenzschutzbeamten aufstocken.

Barack Obama hatte in seiner Amtszeit 2,5 Millionen Illegale abgeschoben – mehr als jeder Präsident zuvor. Trump wird die Zahl locker toppen.

Auf der Columbia Road in Washington, D.C. herrscht wenige Tage nach der Wahl Hochbetrieb. Moras Anwaltskanzlei liegt mitten im Szeneviertel Adams Morgan mit zahlreichen Cafés und Restaurants in der Nähe. In der Imbissstube Super Tacos & Bakery sitzen zwei Bauarbeiter mit neongelben Westen. Sie essen Burritos und sprechen spanisch. Auf dem Fernseher an der Wand läuft Fußball aus Mexiko mit Originalton. Möglicherweise arbeiten die beiden illegal auf einer der vielen Baustellen der Hauptstadt. Vielleicht auch nicht. „Das wissen selbst die Arbeitgeber meist nicht“, sagt Mora.

Viele Immigranten besorgten sich Sozialversicherungsnummern von Freunden oder fälschten sie. „Viele Unternehmer wollen es gar nicht wissen.“ Und der Staat zwinge sie nicht dazu, die Dokumente auf Echtheit zu überprüfen.

Warum auch. Immigranten ohne gültiges Visum sind ein wichtiger Bestandteil des US-Arbeitsmarktes. Rund fünf Prozent der 160 Millionen Erwerbstätigen halten sich laut Forschern des Pew Research Center illegal in den USA auf. Allein in der Landwirtschaft arbeiten 26 Prozent der Beschäftigten ohne rechtmäßiges Visum, im Bausektor 15 Prozent. Eine aktuelle Studie der Ökonomen Ryan Edwards und Francesc Ortega von der Universität New York prognostiziert einen Einbruch der Produktion von bis zu neun Prozent in der Gastronomie, der Landwirtschaft und im Bau, sollte Trump sämtliche elf Millionen illegale Einwanderer aus Südamerika außer Landes werfen.

Das wirklich überraschende Ergebnis: „Wenn wir über illegale Einwanderer nachdenken, dann denken wir an arme mexikanische Arbeiter mit geringer Bildung in der Landwirtschaft“, sagt Studienautor Edwards. Die gibt es natürlich. Doch in einigen Bereichen „sind sie gut ausgebildet, werden gut bezahlt und sind schwer zu ersetzen“. So drohe allein dem Industriesektor ohne die Arbeitskraft der Illegalen ein Verlust von rund 70 Milliarden Euro.

50 Prozent der Haushalte von illegalen Einwanderern geben eine Steuererklärung ab

In einem Bericht des Instituts für Steuer- und Wirtschaftspolitik (ITEP) heißt es, dass „mindestens 50 Prozent der Haushalte von illegalen Einwanderern eine jährliche Steuererklärung abgeben“, sprich: ganz normal Steuern zahlen. Einwanderer besorgen sich bei den Finanzbehörden einfach eine Steuerzahleridentifikationsnummer (TIN). Die Beamten fragen nicht nach Visum oder Aufenthaltstitel. Der Staat kassiert umgerechnet elf Milliarden Euro pro Jahr, Kalifornien davon alleine drei Milliarden Euro. Hinzu kommen die Bundessteuern.

Make America Great Again?

Trump ist kein Ideologe, er ist Geschäftsmann; das zeichnet sich in den Tagen nach der Wahl jedenfalls ab. Und so hat er das Versprechen der großen Mauer andeutungsweise schon mal auf einen Zaun reduziert. Das ist immer noch unschön, aber ein solcher Zaun ist in großen Teilen ohnehin schon vorhanden. Man könnte dies als erstes Zugeständnis werten. Einerseits.

Andererseits hat dieser Geschäftsmann im Wahlkampf bei seiner Kundschaft, den Wählern, auch ein Produktversprechen abgegeben. Das darf nicht enttäuscht werden.

Trumps wirtschaftspolitische Pläne

Gerade ist ein Plan des Übergangsteams an die Öffentlichkeit gesickert. Gleich vom ersten Tag an wolle er Nafta neu verhandeln oder notfalls kündigen. Trump plane Verbesserungen etwa für die Holzindustrie, bei der Währung und bei Umwelt- und Sicherheitsstandards. Das Wirtschaftsministerium solle eine Studie über die Folgen erarbeiten. Danach wolle er die Partner in Kanada und Mexiko informieren. Das könnte auch deshalb sehr schnell gehen, weil der US-Präsident in der Handelspolitik sehr mächtig ist. Den Nafta-Vertrag etwa könnte Trump alleine kündigen, eine Übergangszeit von sechs Monaten würde aktiviert.

Das Nafta aber ist die Lebensader der zweitgrößten Volkswirtschaft Lateinamerikas. Mexiko hat sich dadurch zu einer Werkbank und Exportplattform entwickelt. 80 Prozent aller mexikanischen Exporte gehen in die USA. „Pro Minute werden Waren und Dienstleistungen im Wert von einer Million Dollar zwischen beiden Staaten gehandelt“, sagt Manuel Molano, Generaldirektor des Wirtschaftsforschungsinstituts Instituto Mexicano para la Competitividad (IMCO) in Mexiko-Stadt und einer der führenden Ökonomen im Land.

Alle US-Autobauer haben riesige Fertigungen südlich der Grenze. „In jedem Dollar, den Mexiko heute exportiert, stecken für 40 Cent Zulieferungen aus den USA“, sagt Molano. Die Volkswirtschaften sind so eng miteinander verflochten, dass eine Entflechtung schier unmöglich erscheint.

Handel zwischen den USA und Mexiko 2015

In der Hauptstadt Mexikos herrscht hektische Betriebsamkeit. Die Banken des Landes wurden einem Stresstest unterzogen, die Kreditlinien beim IWF flexibilisiert. Die Zentralbank Banxico ist jederzeit in der Lage, den Leitzins zu erhöhen, um den Peso zu stabilisieren. Der Unternehmerverband CCE sowie die Finanz,- Wirtschafts- und Innenminister Mexikos trafen sich dieser Tage zu einer Dringlichkeitssitzung. Molanos Denkfabrik hat sogar schon mal ausgerechnet, was eine achtjährige Amtszeit von Trump im schlimmsten Fall bedeuten könnte: ein Miniwachstum von 0,5 Prozent statt der ohnehin nur mageren zwei Prozent wie zuletzt.

Mexikos Wirtschaftsminister Ildefonso Guajardo erklärte: Man werde mit Trump über „die Zukunft des bilateralen Verhältnisses“ diskutieren. Allerdings, so fügt er hinzu: Die USA seien laut Welthandelsorganisation WTO „verpflichtet, Zölle mit Mitgliedsländern wie Mexiko niedrig zu halten“. Zölle von 45 Prozent seien inakzeptabel.

Amerikanischer Protektionismus wäre eine Katastrophe für knapp 2000 deutsche Unternehmen

Darauf hofft auch die deutsche Wirtschaft. Knapp 2000 deutsche Unternehmen fertigen in Mexiko für den Export in die USA. Amerikanischer Protektionismus wäre auch für sie eine Katastrophe. „Wer in Mexiko eine neue Fabrik aufbaut, hat immer den US-Markt im Blick“, sagt Johannes Hauser, Delegierter der Deutschen Wirtschaft für Mexiko. Das gelte insbesondere für die Automobilindustrie. Audi hat vor Kurzem ein Werk in Mexiko eröffnet, von wo es seinen Geländewagen Q5 vor allem nach Nordamerika verkaufen will. Daimler baut gemeinsam mit Nissan ein Werk, Eröffnung 2017. BMW will ab 2019 fertigen.

Und Volkswagen, schon mehr als ein halbes Jahrhundert in Mexiko ansässig, liefert fünf von zehn im Land gebauten Fahrzeugen in die USA aus.

Stefan Deuster vertritt den Würzburger Druckmaschinenhersteller Koenig & Bauer vor Ort. Das Unternehmen verkauft Maschinen für den Banknoten- und Dosendruck nach Mexiko. Die mexikanischen Mittelständler hielten Investitionsentscheidungen zurück, bis klar ist, was Trump wirklich in die Tat umsetzt. „Und wenn zwei bis drei Monate keine Investitionen getätigt werden, dann merken wir das auch“, sagt Deuster. Für sein Unternehmen gehört Mexiko zu den weltweit fünf wichtigsten Märkten.

Der X-Faktor für deutsche Konzerne
Der künftige US-Präsident Donald Trump Quelle: dpa
Der Sitz der Deutschen Bank in New York Quelle: REUTERS
Deutschen Bank Quelle: AP
Donald Trump Quelle: REUTERS
Die US-Fahne spiegelt sich im Logo und Kühlergrill eines Volkswagen-Fahrzeugs Quelle: dpa
Volkswagen-Verkaufszentrum in den USA Quelle: dpa
Donald Trump Quelle: dpa

Auch die Wirtschaft in den USA blickt skeptisch auf das Weiße Haus. Bei Marketa Lindt im Büro in Chicago klingeln bereits die ersten Firmen durch. Sie ist Anwältin und Vizepräsidentin des American Immigration Council (AIL), eines Lobbyverbands ihrer Zunft. Wenn Nafta gekündigt würde, könnten auch die Visaregelungen außer Kraft gesetzt werden. Hoch qualifizierte Kanadier und Mexikaner mit einem Bachelor-Abschluss bekommen in Mangelberufen wie IT-Spezialisten ein Arbeitsvisum von bis zu drei Jahren – vorausgesetzt, sie können einen Arbeitsvertrag vorweisen. „Viele Unternehmen sind besorgt, weil sie die Leute brauchen“, sagt sie.

Die Wirtschaftsvertreter senden deshalb bereits warnende Worte nach Washington. „Zwei Millionen Industriearbeiter hängen von den Handelsbeziehungen mit Kanada und Mexiko ab“, sagt Linda Dempsey, Vizepräsidentin der National Association of Manufacturers, eines Verbands der produzierenden Industrie. Trump wolle diese Arbeitsplätze „sicher nicht in Gefahr bringen“.

Der Autobauer Ford hält denn auch an seinen Plänen fest, die Produktion des Kleinwagens Focus nach Mexiko zu verlagern. „Wir haben unsere Konzernstrategie auf der Grundlage existierender Handelsabkommen entwickelt“, sagt Konzernchef Mark Fields. Natürlich könne sich Trump „alles anschauen“, aber er müsse wissen, „dass sowohl die Produktion als auch die Wertschöpfungskette über alle drei Länder hinweg eng miteinander verflochten sind und dass die Integration auch Jobs in Amerika sichert“.

Und wenn das alles nichts hilft? Vielleicht wird ja auch Mexiko in der Not erfinderisch. Das lateinamerikanische Land hat zwölf Freihandelsabkommen mit 44 Staaten in der Welt geschlossen. Von keinem Standort auf dem Globus kann man in so viele Länder zollfrei oder zollgünstig exportieren. Das gibt Mexiko fast ein Alleinstellungsmerkmal. Der Deutsche Hauser ist überzeugt: „Es ist an der Zeit, dieses Potenzial auszuschöpfen.“

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