Donald Trumps Schwiegersohn Jared Kushner, der Ikarus im Weißen Haus

Jared Kushner ist wegen dubioser Russlandkontakte im Visier des FBI. Dem politischen Emporkömmling, Schwiegersohn und Sonderberater von Trump könnte ein jäher Absturz drohen. Das ist auch gefährlich für den Präsidenten.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Der Trump-Berater soll mehr Kontakte nach Moskau gehabt haben, als bisher bekannt war. Quelle: Reuters

Jared Kushner hat seinem Vater viel zu verdanken, sein Luxusleben im allgemeinen und sein Luxusstudium in Harvard im speziellen. Charles Kushner, ein Baumagnat aus New Jersey, ebnete seinem eher mittelmäßig begabten Sohn mit großzügigen Spenden den Weg an die vielleicht beste Universität der Welt – ein Vorgang, den der US-Autor Daniel Golden in seinem Buch „The Price of Admission“ detailliert beschreibt.

Ein paar Jahre später aber brachte das Spendengebaren großes Unglück über die Familie Kushner. Charles geriet wegen illegaler Zuwendungen an Politiker ins Visier der Strafverfolger, 2005 wurde er zu zwei Jahren Haft verurteilt.

Das Urteil traf auch Jared hart, er besuchte seinen Vater im Gefängnis so oft er konnte. Es war eine demütigende Erfahrung – und sie weckte in dem jungen Harvard-Absolventen den Eifer, seine Familie zu rehabilitieren. Zehn Jahre später hat Jared viel erreicht. Mit 35 Jahren verfügt er über eine Machtfülle, von der sein Vater mit seiner Spendenmasche nur träumen konnte.

Als Ehemann von Ivanka Trump, der Lieblingstochter des US-Präsidenten, zählt er zu den wichtigsten Beratern im Weißen Haus. Schweigsam in der Öffentlichkeit, gilt er intern als Stimme der Vernunft. Der Name Kushner wird nicht mehr mit illegalen Spenden assoziiert, er steht für Einfluss und Raffinesse.

Im April führte das Time Magazine Jared Kushner in der Galerie der 100 einflussreichsten Menschen auf. Niemand geringerer als Henry Kissinger schrieb die Würdigung – und warnte den politischen Emporkömmling vor der „gefährlichen Aufgabe, nah an der Sonne zu fliegen“. Jared Kushner, ein moderner Ikarus?

Kissingers Warnung ist heute noch ernster zu nehmen als damals. US-Medien verbreiten die Nachricht, dass der Traumprinz der Trump-Familie im Mittelpunkt von FBI-Ermittlungen steht. Jared könnte ein jäher Absturz drohen, noch tiefer als der Fall seines Vaters Charles.

Es geht um die Russlandverbindungen des Präsidenten und seines Wahlkampfteams. Während Kushner Trump auf seiner ersten Auslandsreise begleitete, wurden wichtige Details aus den Ermittlungen bekannt. Vor dem Amtsantritt der Trump-Regierung soll er dem russischen Botschafter in den USA, Sergej Kisljak, vorgeschlagen haben, einen geheimen Kontakt zum Kreml aufzubauen.

Kushner erkundigte sich bei einem Treffen im New Yorker Trump Tower, ob es möglich sei, russische Kommunikationskanäle zu nutzen – offenbar, weil er fürchtete, dass die angestrebte Verständigung mit Moskau von Mitgliedern der damals noch amtierenden Obama-Administration torpediert werden könnte. Kisljak informierte die Kreml-Führung über Kushners ungewöhnlichen Vorschlag. Die US-Geheimdienste fingen die Botschaft ab. Erst dadurch kamen sie den konspirativen Plänen auf die Schliche.

Kushner hat noch kein Strafverfahren am Hals

Kushner hielt das Treffen mit Kisljak geheim. Auch auf dem Formular, mit dem er seine Sicherheitsberechtigung beantragte, führte er sie nicht auf – obwohl dies mit bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft werden kann. Ein weiteres Treffen mit einem einflussreichen Russen unterschlug er ebenfalls.

Kurz nach seinem Gespräch mit Kisljak empfing Kushner Sergej Gorkow, Chef der russischen Staatsbank VEB, die wegen der Krim-Annexion mit Sanktionen belegt wurde. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete am Freitag zudem über zwei Telefonate zwischen Kushner und Kisljak.

Über den Inhalt all dieser Gespräche ist nichts oder nur sehr wenig bekannt. Die New York Times berichtet, Kushner und Kisljak hätten eine gemeinsame Syrien-Strategie erarbeiten wollen. Es kann also durchaus harmlose Erklärungen für die dubiosen Russlandkontakte geben. Nur: warum dann die Verschleierungsversuche? Angesichts der Bedeutung der Treffen erscheint die Erklärung des Weißen Haues, Kushner habe die Treffen einfach vergessen, wenig glaubwürdig.

Es ist wichtig zu betonen: Kushner hat zum jetzigen Zeitpunkt kein Strafverfahren am Hals. Er wird vom FBI auch nicht als Verdächtiger behandelt, sondern als „Person of Interest“, eine für die Ermittlungen bedeutsame Person. Aber auch das scheint den talentierten Mister Kushner nervös zu machen.

Er war es, der sich vehement für die Entlassung von FBI-Direktor James Comey einsetzte. Und er war es auch, der seinem Schwiegervater nach der für die Regierung äußerst unangenehmen Berufung von Comeys Vorgänger und Mentor Robert Mueller zum Sonderermittler riet, mit aller Macht zurückzuschlagen.

Warum diese Aggressivität von einem, dem sonst nachgesagt wird, mäßigenden Einfluss auszuüben? Inzwischen werden im Weißen Haus Medienanfragen zur Causa Kushner an die Rechtabteilung durchgestellt. Kushner ist damit beschäftigt eine Kommandozentrale einrichten, um der Russland-Affäre Herr zu werden. Einen „War Room“. Kushner denkt nicht daran, seinen Regierungsposten aufzugeben. Er will kämpfen, seine Ehre verteidigen.

Bisher war die Strategie des Weißen Hauses einfach: Trump ließ die Rolle seiner in die Russland-Affäre verwickelten Vertrauten kleinreden. Selbst den zwischenzeitigen Wahlkampfmanager Paul Manafort erklärte die Regierung zur Randfigur. Das dürfte im Falle Kushners nicht gelingen. Kushner ist Trumps Mann für alles. Er soll Frieden im Nahen Osten schaffen, die Beziehungen zu Mexiko und Kanada regeln, den Welthandel neu austarieren, die Verwaltung modernisieren und die Heroinepidemie in den USA bekämpfen. Für das Weiße Haus ist er schon deshalb kaum zu ersetzen, weil er zu den wenigen Menschen zählt, denen der Präsident vertraut.

Die Schlinge des Skandals umschließt die Regierung immer enger, schon nach vier Monaten im Amt kämpft sie um ihr politisches Überleben. Der bekannte Jurist Richard Painter, Rechtsberater von Ex-Präsident George W. Bush, twitterte am Samstag einen Link zu einer Bundeshaftanstalt in Alabama und schrieb dazu: „Das nächste Winter White House?“

Die Frage war nicht nur eine sarkastische Anspielung auf Trumps Neigung, seinen Golfclub in Florida als inoffiziellen Regierungssitz zu vermarkten, sondern auch ein bitterböser Verweis auf das dunkelste Kapitel in der Saga des Kushner-Clans. Das Federal Prison Camp Montgomery ist das Gefängnis, in dem Jareds Vater einsaß.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%