Drakonische Maßnahmen Kampf gegen Corona: China macht dicht

China verfolgt einen der strengsten Corona-Kurse der Welt Quelle: imago images

Rund um die Welt lockern Regierungen trotz steigender Infektionszahlen die Corona-Maßnahmen. Nur China will seinen Kurs nicht ändern und hält an einer „Null-Covid-Strategie“ fest. Der Aufwand ist gewaltig.

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Die Welt hat sich entschieden, mit dem Coronavirus zu leben. So gut wie sämtliche Nationen, die bisher eine Null-Covid-Strategie gefahren sind, haben aufgegeben. Australien und Neuseeland schicken nicht mehr ganze Städte in den Lockdown, sollten auch nur wenige Corona-Fälle auftreten. Auch Singapur lässt nach mehr als eineinhalb Jahren wieder Besucher ohne Quarantäne einreisen. Taiwan, Südkorea und Japan lockerten trotz steigender Infektionszahlen ebenfalls zuletzt ihre Maßnahmen. Reihenweise haben die „vorsichtigen Asiaten“ ihre Strategie geändert. Die letzte große Ausnahme ist China.

Die politische Führung in Peking ist weiterhin nicht bereit, dem Coronavirus Raum zu lassen. Deutsche Expats haben sich daran gewöhnen müssen, dass sie das Land nur verlassen können, wenn sie nach ihrer Rückkehr bereit sind, eine mindestens zweiwöchige Quarantäne im Hotel über sich ergehen zu lassen. In den meisten Fällen wird man mittlerweile trotz doppelter Impfung und mehrfacher Corona-Tests sogar für drei Wochen weggesperrt. Groß ist die Freude, wenn das Zimmer dann wenigstens einen Balkon hat.

Der Erfolg der strengen Maßnahmen war lange Zeit sichtbar: Von einigen lokalen Ausbrüchen abgesehen war China in den vergangenen eineinhalb Jahren nach dem ursprünglichen Ausbruch in Wuhan tatsächlich weitgehend frei von Corona. Doch durch die ansteckendere Delta-Variante haben sich die Spielregeln geändert. Die Abstände zwischen den Wellen werden immer kürzer. Den jüngsten Ausbruch hatte die Volksrepublik erst Ende September für beendet erklärt.

Vor einem Jahr startete der „Lockdown light“, nun beginnt die vierte Corona-Welle: Die Zahl der Infektionen steigt, es gibt immer mehr Impfdurchbrüche. Was bedeutet das für die Wirksamkeit der Impfungen? 
von Sonja Álvarez

Doch den Menschen blieben nur wenige Wochen Zeit, um durchzuatmen. Am 16. Oktober folgte bereits der nächste Ausbruch, der sich nun bereits auf 19 der 31 Provinzen ausgeweitet hat. Dass die Zahl der Infektionen erneut bislang auf lediglich rund 600 begrenzt werden konnte, hängt mit den drakonischen Maßnahmen der Behörden zusammen. Sobald auch nur ein einziger Fall auftritt, werden ganze Stadtteile in den Lockdown geschickt.

So geschehen etwa in der Vier-Millionen-Metropole Lanzhou, in der die Menschen nun eine strenge Ausgangssperre über sich ergehen lassen müssen. Nicht nur dürfen sie nicht mehr vor die Tür. Jeder wurde mittlerweile fünf Mal auf das Virus getestet. Einen Schock erlebten zuletzt auch die Besucher des Disneylands in Shanghai. Zehntausende wurden fast den gesamten Tag auf dem Gelände festgehalten, weil es unter den Besuchern einen Verdachtsfall gab. Erst, nachdem alle getestet waren, wurden die Tore wieder geöffnet. Zum Abschied gab es dann immerhin ein Feuerwerk.

Kritik an den harten Maßnahmen trotz einer Impfquote von 76 Prozent findet in den streng zensierten Staatsmedien nicht statt. Stattdessen wird die Führung überschwänglich gelobt: „Unter der starken Führung des Zentralkomitees der Partei mit Genossen Xi Jinping als Kern hat unser Land die Auswirkungen der Pandemie überwunden“, kommentierte etwa am Dienstag die Volkszeitung auf ihrer Titelseite. Der Artikel fügte hinzu, dass China die einzige große Volkswirtschaft sei, die im Jahr 2020 ein Wirtschaftswachstum verzeichnen konnte. Die strikten Maßnahmen zu beenden, würde in „eine Katastrophe führen“, schrieb die ebenfalls parteinahe Zeitung Global Times nur einen Tag später.

Immer mehr Beobachter halten es für wahrscheinlich, dass China selbst nach den olympischen Winterspielen in Peking und dem wichtigen Parteikongress im kommenden Herbst seine Grenzen nicht wieder vollständig öffnen wird. Befeuert werden diese Spekulationen von den jüngsten Aussagen des chinesischen Top-Virologen Zhong Nanshan, einem wichtigen Corona-Berater der Regierung.

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Auf die Frage, wie lange China die Reisebeschränkungen noch aufrecht erhalten wird, antwortete Zhong kürzlich in einem Fernsehinterview: „ziemlich lange“. Die genaue Dauer würde davon abhängen, wie gut andere Länder bei der Eindämmung des Virus abschneiden. „Egal wie gut China abschneidet, sobald es sich öffnet und Fälle importiert, wird die Übertragung definitiv im Land erfolgen“, argumentiert Zhong. Eine Zero-Covid-Strategie sei auch für die Wirtschaft weniger kostspielig, als sich zu öffnen und einen wirklich großen Ausbruch zuzulassen.

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