Drohende Verfassungskrise Italiens Populisten wollen Staatspräsident Mattarella absetzen - Demos geplant

Italien droht eine Verfassungskrise: Nach dem Scheitern der eurokritischen Koalition rufen die Populisten zu Demonstrationen gegen den Präsidenten auf.

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Der italienische Staatspräsident hat mit seinem Widerstand gegen eine eurokritische Regierung den Zorn von Lega und Fünf-Sterne-Bewegung auf sich gezogen. Quelle: dpa

Rom Nach dem Scheitern der Regierungsbildung in Italien zieht nun eine handfeste institutionelle Krise herauf. Die populistischen Parteien blasen zum Kampf gegen Staatspräsident Sergio Mattarella.

Der Chef der Fünf-Sterne-Bewegung, Luigi Di Maio, kündigte an, er wolle sicherstellen, dass bei der nächsten Wahl „nicht derselbe Präsident“ an der Macht sei, der eine „Regierung des Wandels“ verhindern wolle.

Ein Amtsenthebungsverfahren sei durchaus möglich. Den nächsten Präsidenten müssten die Bürger wählen, „nicht die Ratingagenturen, die Banken oder die Deutschen“, so Di Maio.

Die geplante europakritische Koalition zwischen den Sternen und der rechtspopulistischen Lega war am Sonntag geplatzt, weil Präsident Mattarella angesichts der Unruhe an den Finanzmärkten den Euro- und Deutschland-kritischen Finanzminister des Bündnisses nicht absegnen wollte.

Die Lega und die Sterne, die eine Mehrheit im Parlament haben, nennen das undemokratisch. Vor allem teure Wahlversprechen wie Steuersenkungen in dem hoch verschuldeten Land und die Anti-EU-Haltung der Lega und der Sterne hatten Anleger und EU-Partner verunsichert.

Di Maio rief für kommenden Samstag zu einer großen Demonstration in Rom auf. Er will nach eigenen Worten damit ein Zeichen für die Demokratie setzen. Der 2. Juni ist der Tag der Republik, der Nationalfeiertag Italiens, der mit einer großen Militärparade gefeiert wird.

Für Freitag riefen unterdessen die Sozialdemokraten, die bei der Wahl am 4. März eine schwere Niederlage einstecken mussten, zu einer Demonstration in Rom und Mailand auf. Sie wollen damit die Institutionen und den Präsidenten verteidigen.

Mattarella hatte dem parteilosen Finanzexperten Carlo Cottarelli den Regierungsauftrag gegeben. Es wird erwartet, dass der am Dienstag ein verschlanktes Kabinett vorschlägt. Anschließend muss dieses vereidigt werden und sich im Parlament einer Vertrauensabstimmung stellen.

Es wird erwartet, dass Cottarelli das Vertrauen im Parlament nicht bekommt, da die Lega und die Sterne dort die Mehrheit haben. Für diesen Fall hatte er angekündigt, dass Land bis zu einer Neuwahl ab September zu führen.

Die Entscheidung des Präsidenten dürfte die Rhetorik der populistischen Parteien noch verschärfen. Es stehe ein „rücksichtsloser Kampf Establishment versus Anti-Establishment bevor, mit Italiens Staatschef als Verkörperung des Establishments und als angeblicher Handlanger der Deutschen“, sagte Politanalyst Francesco Galietti.

Vor allem Kommentare in Medien und von Politikern aus Deutschland hatten in Italien Unmut hervorgerufen, weil sie als Einmischung angesehen wurden. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Norbert Röttgen (CDU), mahnte nun zur Zurückhaltung des Auslandes. „Im Moment ist die Gefahr, dass wir es gut meinen, aber die Sache verschlimmern, zu groß“, sagte Röttgen der „Rheinischen Post“

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