Ein Jahr Donald Trump Licht und Schatten

Seit einem Jahr regiert Donald Trump – und mit ihm das Chaos. Doch trotz der täglichen Irrsinnsmeldungen gelingt es dem Präsidenten, eine klassisch republikanische Agenda umzusetzen. Welche Erfolge Trump vorweisen kann und welche seiner Vorhaben auf Eis liegen.

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Washington Glaubt man Präsident Donald Trump, dann liegt ein wahrhaft historisches Jahr hinter den Vereinigten Staaten von Amerika. Er und seine Regierung hätten in seiner bisherigen Amtszeit „monumentale Erfolge“ erzielt, so Trump kürzlich am Rande einer Kabinettssitzung. Bereits in den Monaten zuvor hatte er für sich beansprucht, der produktivste Präsident der jüngeren US-Geschichte zu sein. Aber stimmt das wirklich?

Trotz der täglichen Chaos-Meldungen aus dem Weißen Haus ist es der Trump-Regierung tatsächlich gelungen, zahlreiche Ziele der republikanischen Agenda durchzusetzen. Trump, der in der öffentlichen Wahrnehmung von einem Fettnäpfchen ins nächste stolpert, hat schon vieles von der Wunschliste seiner konservativen Anhänger abgearbeitet. Daran ändert auch nichts, dass pünktlich zu Trumps erstem Jahrestag im Amt die US-Bundesbehörden still stehen.

Besonders erfolgreich ist der Präsident, wenn er allein handeln kann. Trump nahm etwa zahlreiche Verordnungen seines Amtsvorgängers Barack Obama zurück und setzte viele Regulierungen außer Kraft, die aus arbeitsrechtlichen und Umweltschutzgründen verhängt worden waren. Diese Veränderungen bedurften nicht der Zustimmung des Kongresses. Der Präsident hat hier große Spielräume – und nutzt diese auch.

Auch gelang es Trump, durch eigene Verordnungen Akzente zu setzen. So verhängte seine Regierung ein Einreiseverbot für Staatsbürger aus mehreren Ländern, der Großteil von ihnen mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit. Zwar bremsten die Gerichte das Vorhaben mehrfach aus, nach einigen Überarbeitungen ist derzeit allerdings eine abgespeckte Form des Verbots in Kraft.

Trump nutzte seine Möglichkeiten zudem, um die Politik der Vereinigten Staaten auf der Weltbühne zu ändern. Er sorgte dafür, dass sich die USA aus dem Freihandelsabkommen TPP und dem Pariser Klimaabkommen zurückzogen. Beide Schritte hatte er im Wahlkampf angekündigt. Zudem weigerte er sich, das Abkommen über das iranische Atomprogramm weiter zu bestätigen. Vollständig aufgekündigt hat er es bislang allerdings auch nicht.

Der Umbau der USA mit Hilfe von Verordnungen ist also in vollem Gange. Allerdings: Trump hat im Wahlkampf und auch in seiner bisherigen Regierungszeit deutlich mehr versprochen. Alles sollte schöner, größer, besser oder billiger werden. Doch für tiefgreifende Reformen braucht der Präsident die Zustimmung des Kongresses. Und dort kommt Trump deutlich weniger vorwärts.

Trotz Mehrheit bremst der Kongress Trump aus

Zwar verfügen die Republikaner in Repräsentantenhaus und Senat über die Mehrheit, in der oberen Kammer ist diese mit 51 zu 49 Abgeordneten jedoch denkbar knapp. Da die meisten Gesetzesvorhaben sogar 60 Stimmen brauchen, um zur Abstimmung zu kommen, schaffen es viele Vorhaben der Regierung nicht einmal bis ins Plenum.

Deshalb mussten sich die Republikaner einer Sonderregel bedienen, um ihren größten Erfolg des abgelaufenen Jahres durch den Kongress zu bekommen: Die Steuerreform. Sie senkte unter anderem die Unternehmenssteuer von 35 auf 21 Prozent und reduzierte den Spitzensteuersatz.

Zwar weisen überparteiliche Experten darauf hin, dass die Reform anders als von Trump versprochen keine niedrigeren Steuern für alle Amerikaner bedeutet, trotzdem wertet das Weiße Haus sie als großen Erfolg. Tatsächlich wurde mit dem Gesetz der größte Umbau des US-Steuersystems seit den 80er Jahren umgesetzt. Die Republikaner konnten damit eines ihrer zentralen Wahlversprechen der vergangenen Jahrzehnte einlösen. Trump hat geliefert.

Mit Hilfe des Senats gelang es dem Präsidenten zudem, zahlreiche Richterposten in den USA neu zu besetzen. Er berief den Erzkonservativen Neil Gorsuch an den Obersten Gerichtshof und nominierte mehr Richter für niedrigere Bundesgerichte, als alle seine Vorgänger. Diese Kandidaten werden die US-Rechtsprechung über Jahrzehnte beeinflussen. Deshalb ist das Thema gerade für Trumps konservative Basis besonders wichtig.

Diese unvollständige Liste zeigt: Trump hat durchaus einiges erreicht. Auch wenn seine Erfolge nicht das historische Ausmaß haben, das er ihnen gern zuschreibt – hinter der unorganisierten Fassade gelingt es seiner Regierung, eine recht traditionell republikanische Politik zu betreiben.

Kaum Fortschritte bei Trumps großen Vorhaben

Allerdings kann dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass Trumps groß angekündigte Ziele – etwa die Mauer an der Grenze zu Mexiko oder die Rücknahme des Krankenversicherungsgesetzes Obamacare – bislang kaum Fortschritte machen. Und in den kommenden Monaten dürfte es für den Präsidenten noch schwerer werden, große Erfolge für seine Basis zu erzielen.

Das hängt vor allem mit dem Kongress zusammen. Die Sonderregel, die es den Republikanern erlaubte, ihre Steuerreform ohne eine Stimme der Demokraten zu verabschieden, steht der Partei in diesem Jahr nicht mehr zu Verfügung.

Das heißt: Trump muss ab sofort mindestens neun Senatoren der Oppositionspartei auf seine Seite ziehen, um große Gesetze durch den Kongress zu bringen. Reine republikanische Lehre ist so nicht zu bekommen. Und Kompromisse schätzt Trumps Basis überhaupt nicht.

Hinzu kommt, dass die Aussicht auf die Wahlen im Herbst den Kongress weiter lähmen dürfte. In aktuellen Umfragen liegen die Demokraten zumindest mit Blick auf das Repräsentantenhaus deutlich vorn. Das macht mutige Abstimmungen durch die Republikaner unwahrscheinlicher. Denn in einem Jahr, in dem der politische Trend gegen die Partei zu sein scheint, möchten sich die wenigsten Kandidaten Maßnahmen eines unbeliebten Präsidenten zu eigen machen.

Für Trumps große Ziele ist das keine gute Nachricht. Zwar hat die Regierung bereits angekündigt, ein Infrastrukturpaket vorzulegen und auch über eine Reform der Sozialversicherung nachgedacht, angesichts der politischen Gemengelage dürfte es für den Präsidenten jedoch enorm schwer werden, ein weiteres Gesetzespaket dieses Umfangs durch den Kongress zu bekommen.

Damit bleibt dem Präsidenten auch in seinem zweiten Amtsjahr vor allem das Mittel der Verordnung, um seine Ziele umzusetzen. Schlecht gefahren ist er damit bisher nicht. Doch für die ganz großen Vorhaben ist dieses Instrument nun einmal zu klein.

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