Einstimmiges Ergebnis Guterres soll der neue Uno-Chef werden

Kein Osteuropäer und keine Frau: Der Portugiese António Guterres soll die Nachfolge für Uno-Chef-Ban antreten. Er gilt als Hoffnungsträger in der Flüchtlingskrise. Doch auf ihn warten noch weitere Herausforderungen.

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Die 15 Mitgliedsstaaten sind sich in der Wahl des Nachfolgers für Ban Ki Moon einig: António Guterres soll der neue Chef der Vereinten Nationen werden. Quelle: dpa

New York Überraschend schnell und überraschend einig präsentieren sich die Mitglieder des Sicherheitsrats den Journalisten im Uno-Hauptquartier in New York. Seite an Seite stellen sich die 15 Ländervertreter auf, Russlands Botschafter Witali Tschurkin neben US-Botschafterin Samantha Power. Zuletzt zerstritten und blockiert wirkten die 15 nun, „als seien sie selbst auch überrascht von ihrer Einigkeit“, schreibt die „New York Times“. Tschurkin sagt: „Nach unserer sechsten Probeabstimmung haben wir heute einen klaren Favoriten, und sein Name ist António Guterres.“

Guterres soll Nachfolger des derzeitigen Uno-Generalsekretärs Ban Ki Moon werden, dessen zweite Amtszeit Ende des Jahres ausläuft. Noch am Donnerstag wollte der Sicherheitsrat nach einer letzten formellen Abstimmung den Portugiesen offiziell nominieren. Dann muss die Vollversammlung die Personalie noch abnicken, aber das gilt als sicher. „Am Ende gab es einen Kandidaten, dessen Erfahrung, Vision und Vielseitigkeit auf einer Reihe von Feldern überzeugend waren, und das Ganze war erstaunlich friedfertig und unumstritten“, sagt US-Botschafterin Power.

Beobachter hatten erwartet, dass sich der Auswahlprozess noch länger hinzieht. Einerseits, weil der Graben zwischen Russland und den USA derzeit so groß ist wie lange nicht. Und andererseits, weil mit der Bulgarin Kristalina Georgiewa gerade erst eine von vielen als aussichtsreich bewertete Kandidatin zusätzlich ins Rennen geschickt worden war. Aber Russland wollte wohl auch ein Zeichen setzen: Am Wochenende erst hatte das Land die monatlich rotierende Präsidentschaft des Sicherheitsrats übernommen, schon bei der ersten Probeabstimmung danach kam dann sofort das mit demonstrativer Einigkeit präsentierte Ergebnis.

Guterres hatte sich in den Probeabstimmungen von Anfang an als Favorit herauskristallisiert. Und das, obwohl der frühere Chef des UN-Flüchtlingshilfswerks und ehemalige portugiesische Ministerpräsident nicht aus Osteuropa stammt - wie es nach den ungeschriebenen Verteilungsprinzipien der UN eigentlich vorgesehen gewesen wäre - und keine Frau ist, wie viele gefordert hatten.


„Der beste Mann im Rennen“

Nach mehr als 70 Jahren mit einem Mann an der Spitze werden die Vereinten Nationen damit wohl mindestens weitere fünf Jahre von einem Mann geleitet werden, obwohl rund die Hälfte der Kandidaten Frauen waren. Es sei tragisch, dass keine Frau nominiert worden sei, schrieb die frühere Chefin des UN-Klimasekretariats, Christiana Figueres aus Costa Rica, beim Kurznachrichtendienst Twitter. Aber Guterres sei immerhin eindeutig der „beste Mann im Rennen“. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini bezeichnete ihn als „guten Freund, einen Mann mit Vision, Herz und Taten“.

Wenn schon kein Signal in Sachen Gleichberechtigung, dann kann Guterres' Kür vielleicht zumindest auf einem anderem Gebiet als Symbol verstanden werden: der Flüchtlingskrise. Zehn Jahre lang, zwischen 2005 und 2015, war Guterres UN-Flüchtlingskommissar und bekam für seine Arbeit viel Lob. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch begrüßte denn auch seine Nominierung: Guterres sei ein „direkter und effektiver Fürsprecher für Flüchtlinge“, er habe „das Potenzial, einen radikal neuen Ton in Hinblick auf Menschenrechte in einer Zeit der großen Herausforderungen zu treffen“.

Guterres gilt als erfahren, weltgewandt, sprachbegabt - und hemdsärmelig. Schon in vergangenen Wochen waren seine langjährige UN-Erfahrung und seine Leistungen in einer Reihe von Uno-Debatten gelobt worden. Anders als der äußerst diplomatische und bisweilen arg zurückhaltende Südkoreaner Ban ist zu hoffen, dass Guterres in den drängendsten Konflikten der Welt die Ärmel etwas entschiedener hochkrempelt und seine Gegenüber auch rhetorisch härter anpackt.

Aber ihn werden auf dem neuen Posten auch riesige Herausforderungen erwarten, von denen der Syrien-Konflikt und der darüber zerstrittene Sicherheitsrat nur die Spitze des Eisbergs sind. „Jeden Tag, an dem wir in den Sicherheitsrat gehen, streben wir eine Einigkeit an, wie wir sie heute gesehen haben“, sagt US-Botschafterin Power. „Und bei einer Krise mit einem Massensterben so schrecklich wie in Syrien, ist die Dringlichkeit des Erreichens dieser Einheit kein Geheimnis.“

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