Empörung in Deutschland Dänischer Politiker fordert Südschleswig zurück

Südschleswig zurück nach Dänemark: Der Vorsitzende des auswärtigen Ausschusses im dänischen Parlament, Søren Espersen, stellt eine heikle Forderung. Landespolitiker in Schleswig-Holstein reagieren empört.

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Teile von Schleswig-Holstein gehörten in der Vergangenheit zum Königreich Dänemark – ein hochrangiger dänischer Politiker will diesen Zustand nun wieder herstellen. Quelle: dpa

Flensburg Der Vize-Chef der Dänischen Volkspartei, Søren Espersen, hat die dänische Minderheit in Deutschland aufgefordert, an der Grenzziehung von 1920 zu rütteln. „Wir hätten gerne ein Dänemark bis zur Eider. (...) Natürlich. Das muss auch die Idee der dänischen Minderheit sein, sonst verstehe ich gar nichts“, sagte der rechtspopulistische Politiker in einem Interview des Senders dk4. Die Eider verläuft etwa in der Mitte Schleswig-Holsteins.

„Warum sollten wir das nicht wollen, das ist Hoffnung und Traum“, sagte Espersen auf Siegfried Matloks Frage nach territorialen Ansprüchen der Partei. „Die Geschichte ist nicht statisch“, sagte Espersen mit Blick auf die Grenzziehung bis 1864. Seine Dänische Volkspartei stellt die zweitstärkste Fraktion im Parlament in Kopenhagen und ist seit Jahren wichtiger Stützpartner der rechtsliberalen Minderheitsregierung.

„Dass es bald eine Panzerschlacht in Südschleswig gibt, daran glaube ich aber nicht“, sagte Espersen, der auch Vorsitzender des außenpolitischen Ausschusses im Folketing ist. „Und die will ich auch nicht haben.“ Dabei hätte Dänemark nach dem Zweiten Weltkrieg seinen Worten zufolge ganz Schleswig „mit einem Fingerschnipsen“ haben können. Kopenhagen hätte dazu nur aus Angst vor einer großen deutschen Minderheit nein gesagt.

Der politische Arm der dänischen Minderheit in Deutschland, der Südschleswigsche Wählerverband (SSW), wies die Forderungen als populistisch, unrealistisch und unzeitgemäß zurück. Sie sei „ein gefährliches Spiel mit dem jahrzehntelangen Grenzfrieden, den wir nach Jahrhunderten deutsch-dänischer Konflikte gemeinsam erreicht haben“, teilte der SSW-Fraktionschef im Kieler Landtag, Lars Harms, mit. Der Vorstoß sei „politische Selbstprofilierung“.

Harms kritisierte auch den CDU-Fraktionschef im Kieler Landtag, Hans-Jörn Arp, der zuvor vom SSW „auch aufgrund seiner finanziellen Abhängigkeit vom dänischen Staatshaushalt“ eine Distanzierung gefordert hatte. Dieses Argument zeige, „welch krudes Minderheitenbild entgegen aller Beteuerungen immer noch an den Stammtischen der Nord-CDU gezeichnet wird“. Deshalb lehne der SSW eine Koalition mit der CDU nach der Landtagswahl kategorisch ab.

Rasmus Andresen, stellvertretenden Fraktionschef der Grünen, rief die dänische Regierung dazu auf, sich von Espersens Äußerungen zu distanzieren. „Zu oft sind die dänischen Rechtspopulisten Taktgeber für die dänische Gesellschaft“, beklagte er. SSW-Sprecher Per Dittrich ergänzte: „Was wäre, wenn nun die AfD um die Ecke kommt und ihrerseits die Grenze von 1871 wieder haben will?“. Die Debatte könne die Minderheitenpolitik um Jahrzehnte zurückwerfen. Der SPD-Abgeordnete Kai Dolgner scherzte: „Warum so zaghaft? Ein anständiges Groß-Dänemark muss doch auch Holstein bis Altona umfassen.“

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