Energiewende in den USA Das Rennen um erneuerbare Energien läuft wieder

Joe Biden will etwas gegen die Inflation tun und stärkt die amerikanische Energiewende Quelle: imago images

Lange schienen die USA im Rennen um erneuerbare Energien abgehängt. Der sogenannte Inflation Reduction Act könnte das nun ändern.

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Die Vereinigten Staaten sind ins Rennen um erneuerbare Energien gestartet und geben mit dem Inflation Reduction Act (IRA) 2022 direkt Vollgas. Das Gesetz soll in den nächsten zehn Jahren nicht nur Produzenten und Konsumenten von erneuerbarer Energie in den USA in Höhe von 369 Milliarden US-Dollar subventionieren, sondern auch das Department of Energy (DOE) ermächtigen, bis zu 250 Milliarden US-Dollar an Unternehmen zu verleihen, die in die Energiewende investieren. Zwischen IRA und dem neusten 52-Millarden-Paket für die amerikanische Halbleiterproduktion wird klar, dass die Industriepolitik in Washington D.C. wieder en vogue ist.

Klar, diese Zahlen klingen bescheiden. Laut Bloomberg wurden im letzten Jahr weltweit über 750 Milliarden US-Dollar in die Energiewende investiert, wobei allein China 266 Milliarden US-Dollar ausgegeben hat. In Deutschland waren es 47 Milliarden, in den USA 114 Milliarden. McKinsey & Company rechnet sogar noch großzügiger und beziffert die derzeitigen Gesamtinvestitionen in saubere Energie und die dazugehörige Infrastruktur auf zwei Billionen Dollar.

Aber diese Zahlen beziehen sich auf die gesamten Neuinvestitionen weltweit. Sie kommen in erster Linie aus dem privaten Sektor, der noch weit von dem entfernt ist, was gebraucht wird. Obwohl der weltweite Ausbau von erneuerbaren Energien, Elektrofahrzeugen und anderen CO2-armen Infrastrukturen rasch voranschreitet, wird die Kluft zwischen dem, was getan wird, und dem, was zur Bewältigung der Klimakrise getan werden muss, immer größer. Die Analysten von Bloomberg gehen daher davon aus, dass sich die weltweiten Investitionen in grüne Energie bis 2025 verdreifachen und bis zum Ende des Jahrzehnts noch einmal verdoppeln müssen. McKinsey rechnet damit, dass bis 2050 jährliche Gesamtinvestitionen von mehr als neun Billionen Dollar erforderlich sein werden, um den Nettonullpunkt zu erreichen. Dabei würden jedes Jahr etwa 2,7 Billionen Dollar von schmutzigen auf saubere Energiequellen umgeschichtet.

Hier kommen die zusätzlichen Mittel und Anreize der US-Regierung ins Spiel. Es geht nicht darum, private Investitionen zu ersetzen oder einfach zu ergänzen. Vielmehr versprechen staatliche Subventionen – wenn sie richtig konzipiert sind – ein viel größeres Volumen an privaten Investitionsgeldern zu mobilisieren. Nehmen wir die zusätzlichen Kredite des DOE: Das Programm wird nur fünf Milliarden Dollar an Steuergeldern verwenden, um bis zu 250 Milliarden Dollar an Krediten für Unternehmen zu gewähren, die wiederum Hunderte von Milliarden an zusätzlichem privatem Kapital aufbringen werden, das für die Reduzierung der Treibhausgasverschmutzung ausgegeben wird.

Der IRA rückt zudem Fragen in den Fokus, die sonst nur selten beleuchtet werden, wie die nach „gebundenem Kohlenstoff“. Aktuell werden Konsumenten meist im Dunkeln darüber gelassen, wie viel Verschmutzung durch die Herstellung eines bestimmten Produkts entsteht. Der IRA sieht daher 350 Millionen US-Dollar dafür vor, Produzenten beim Messen des gebundenen Kohlenstoffs zu unterstützen und ein Programm zur Kennzeichnung von Materialien zu schaffen, die in staatlichen Bauprojekten genutzt werden.

Außerdem kommen diese Mittel zu den mehr als vier Milliarden Dollar hinzu, die die US-Regierung für den Kauf solcher Materialien ausgibt. Die Dekarbonisierung des eigenen Betriebs ist für Washington von entscheidender Bedeutung, sowohl um ihrer selbst Willen als auch um den Übergang zu kohlenstoffarmen Gebäuden und Verkehrsinfrastrukturen in der gesamten Wirtschaft voranzutreiben.

Aufgrund der Wechselwirkung von „Grünflation“ und „Fossilflation“ stehen wichtige Kompromisse an. Es steht außer Frage, dass die steigenden Preise für fossile Brennstoffe im letzten Jahr einen starken inflationären Druck auf die USA und andere Staaten ausgeübt haben. Energie allein ist für schätzungsweise 33 Prozent der US-Inflation verantwortlich und es ist anzunehmen, dass die gestiegenen Preise für Lebensmittel und andere Posten auch auf den größeren Energiebedarf sowie höhere Transportkosten zurückgehen.

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