




Die Herausforderungen, vor denen Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft Tag für Tag stehen, sind in den vergangenen Jahrzehnten - auch und gerade auf Grund der Globalisierung - stetig gewachsen. Die Weichen für eine gute Zukunft eines Unternehmens, eines Landes oder gar ganzer Volkswirtschaften richtig zu stellen, ist nicht mehr so einfach wie es früher einmal war. Ganz im Gegenteil: Gerade die Wirtschaft hat an Komplexität zugenommen und schon so manches Mal haben sich Rezepte der Volkswirtschaftslehre, von denen man meinte, sie hätten bereits Gesetzescharakter, als untauglich erwiesen, einer Krise Herr zu werden. Auch Bernanke musste das erfahren.
Als Experte für die schreckliche Zeit der großen Depression, die in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts Millionen Amerikaner arbeitslos machte und deren Ausbruch Wirtschaftshistoriker heute auf die damalige, rigide Geldpolitik der Notenbank zurückführen, stand Bernanke in den Jahren 2008 und 2009 vor ähnlichen Herausforderungen wie seine Vorgänger.
Viele Grundsatzfragen
Das Platzen der Blase am heimischen Immobilienmarkt und die auf sie folgenden, spektakulären Bankenpleiten wie die von Bear Stearns und Lehman Brothers sowie die schwere Krise des Versicherers American International Group (AIG) stellten Bernanke gleich vor mehrere Grundsatzfragen: Sollte die Federal Reserve den kollabierenden Immobilienmarkt und die mit ihm einbrechende Wirtschaft durch eine Politik des billigen Geldes unterstützen, einer Politik, durch die - wie manche Kritiker hervorheben - die Krise ja überhaupt erst entstanden war? Sollte er also Feuer mit Feuer bekämpfen? Oder den Geldhahn zudrehen, so wie es die Notenbank in den 30er Jahren gemacht hatte? Und dabei eine Weltwirtschaftskrise riskieren? Bernanke entschied sich, Greenspans Linie zu folgen und diese später sogar noch durch das sogenannte "Quantative Easing" in bis dato nie da gewesenem Maße auszubauen!
Auch in Bezug auf die Banken stand Bernanke vor einer Grundsatzfrage: Sollte man gescheiterte Institute Bankrott gehen lassen oder riskierte man damit einen "systemischen Schock", der das gesamte Finanzsystem bedrohen würde? Bernanke beantwortete die Frage, indem er sich der Rettung "systemrelevanter" Banken nicht entgegenstellte, kleinere Institute aber reihenweise Pleite gehen ließ.
Geldpolitische Büchse der Pandora
Wie wird die Öffentlichkeit, wie die Wissenschaft, über Ben Bernanke's Amtszeit urteilen, wenn er demnächst "in Rente geht"? Das Bild dürfte ähnlich gemischt ausfallen wie bei seinem Vorgänger. Die einen werden Bernanke für sein beherztes Eingreifen in der Finanzkrise loben, die anderen werden das "Quantative Easing" als Einstieg in die Staatsfinanzierung durch die Notenpresse geißeln. Ich denke, man sollte über aller Kritik an den Maßnahmen, die unter der Ägide Bernankes beschlossen wurden und der ich mich in weiten Teilen auch anschließen würde, eines nicht vergessen: Ben Bernanke ist ein hoch intelligenter und gebildeter Mann.