Entsendung ausländischer Fachkräfte Deutsche Firmen fordern Bürokratieabbau in Österreich

Für deutsche Firmen wird es wegen eines österreichischen Gesetzes immer schwieriger, ausländische Fachkräfte in das Land zu schicken.

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Wien Die deutsche Wirtschaft ist mit dem von der Regierung versprochenen Abbau der Bürokratie in Österreich unzufrieden. „Das Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz macht uns Sorgen“, sagte Thomas Birtel, CEO des Baukonzerns Strabag, am Dienstag in Wien. Die neuen Anforderungen, des im vergangenen Jahr in Kraft getretenen Gesetzes verhindern die unkomplizierten Entsendung von Spezialkräften in dem EU-Land, kritisierte der Vertraute des Strabag-Gründer und –Großaktionärs sebas. Von der konservativ-rechtspopulistischen Regierung fordert Birtel einen Ausnahmepassus, ein sogenanntes Konzernprivileg, um ohne großen Papierkrieg Fachkräfte nach Österreich schicken zu können.

Thomas Gindele. Hauptgeschäftsführer der Deutschen Handelskammer in Österreich, übte zudem Kritik an der handwerklichen Qualität des Gesetzes, das in jeden Bundesland unterschiedlich interpretiert werde. „Jede Behörde legt das anders aus. „Das sorgt für Verunsicherung bei den Unternehmen und erhöht den bürokratischen Aufwand“, sagte Gindele an die Adresse der Regierung in Wien.

Der Stuttgarter Konzern Bosch hat auf die bürokratischen Hindernisse in Österreich bereits reagiert. „Frrüher haben wir 100 indische Spezialisten zur Ausbildung nach Österreich geholt. Damit haben wir aufgehört“, sagt Klaus-Peter Fouquet, Alleinvorstand der Robert Bosch AG, der das Geschäft in Österreich und Mittelosteuropa verantwortet. Der in Wien ansässige Manager sprach von einer „Schädigung des Technologiestandorts“ durch das „Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz“.

Bosch beschäftigt in Mittel- und Osteuropa rund 50.000 Mitarbeiter und erzielt nach Unternehmensangaben dort rund zehn Milliarden Euro Umsatz. Allein an den österreichischen Standorten Wien, Linz und Hallein beschäftigt Bosch rund 700 Ingenieure. 2016 hat Bosch nach eigenen Angaben über 100 Millionen Euro in Forschung und Entwicklung in dem Alpenland investiert. Bosch ist ein führender Anbieter des Internets der Dinge und bietet vernetzte Lösungen im privaten und gewerblichen Bereich an.

Die Kritik an der Bürokratie bei der Entsendung ausländischer Fachkräfte nach Österreich kommt für die Regierung unter Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Denn die rechtskonservative Koalition in Wien will für den Wirtschaftsstandort in die PR-Offensive gehen. Kanzler Kurz und sein rechtspopulistischer Stellvertreter Heinz-Christian Strache werden am Mittwoch den Wiener Standort des deutschen Pharmakonzern Boehringer Ingelheim besuchen. Das Familienunternehmen zählt zu den wichtigsten Investoren bei Forschung und Entwicklung in Österreich.

Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und der Alpenrepublik haben unterdessen ein neues Rekordniveau erreicht. Erstmals hat das Außenhandelsvolumen zwischen beiden Ländern die Grenze von 100 Milliarden Euro im vergangenen Jahr übersprungen. Deutschland hat für 62,83 Milliarden Euro nach Österreich exportiert. Das ist Plus von über fünf Prozent. Die Warenimporte steigerten sich um sieben Prozent auf 41,24 Milliarden Euro. Das entspricht einem Außenhandelsvolumen von 104,07 Milliarden Euro. Österreich liegt somit auf Platz sieben der wichtigsten Exportländer Deutschlands. Nummer eins sind die USA.

Nach Österreich werden vor allem Maschinen, Autos, chemische Erzeugnisse und elektrische Ausrüstungen exportiert. „Die Autoindustrie und die Zulieferbetriebe sind ein wesentlicher Faktor für das hohe Handelsvolumen zwischen den beiden Ländern“, sagte Gindele am Mittwoch. Eine wichtige Rolle spielen aber auch Nahrungs- und Futtermittel sowie Metalle.

Die Zuversicht für das laufende Jahr ist groß. „Wir erwarten für 2018 in Österreich eine positive Entwicklung angesichts des wachsenden Marktes“, sagte Bosch-Manager Fouquet. Der langjährige Handelskammer-Chef Gindele lobte grundsätzlich die stärkere Wirtschaftsorientierung der seit Dezember im Amt befindlichen Regierung in Österreich. Insbesondere der Versuche, die hohen Steuern und Abgaben zu senken, findet den Beifall des deutschen Wirtschaftsvertreters in Wien. Mit 43 Prozent liegt die Abgabenquote in der Alpenrepublik in der Spitzengruppe in Europa. Die hohe Besteuerung von Gehältern ist auch ein entscheidender Nachteil wenn es darum geht, Spitzenkräfte nach Österreich zu locken. Topverdiener ziehen nämlich eine Tätigkeit in einem Niedrigsteuerland wie der Schweiz und selbst in Deutschland wegen der geringeren Abgabenlast vor.

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