
US-Präsident Barack Obama verzichtet auf einen schnellen Militärschlag gegen Syrien. Stattdessen entschied er sich überraschend, das Parlament um Zustimmung für einen begrenzten Luftangriff zu bitten. Zwar sei er zu dem Schluss gekommen, dass die USA gegen die syrische Führung von Machthaber Baschar al-Assad vorgehen müssten, die für den "schwersten Chemiewaffen-Angriff des 21. Jahrhunderts" verantwortlich sei, sagte Obama am Samstag. Doch sei diese Frage zu wichtig, um dies ohne die Volksvertreter zu entscheiden. Damit ist ein Militäreinsatz zumindest für mehrere Tage aufgeschoben, denn der Kongress wird erst nach der parlamentarischen Sommerpause ab dem 9. September über den Antrag Obamas entscheiden. Eine Zustimmung ist zudem keineswegs sicher, denn vielen Abgeordneten und Senatoren bereitet eine Intervention in den syrischen Bürgerkrieg angesichts der großen Ablehnung in der Bevölkerung Unbehagen.
Fragen und Antworten zum giftigen Sarin-Gas
Das Nervengas Sarin zählt zu den giftigsten Kampfstoffen, die je hergestellt wurden. Die Phosphorverbindung wird durch Einatmen und über die Haut aufgenommen.
Schon ein Milligramm Sarin kann in Minuten zu Atemlähmung und Herzstillstand führen.
Das Gas wurde Ende der 1930er Jahre von deutschen Chemikern als Insektenvernichtungsmittel entwickelt und im Zweiten Weltkrieg als Kampfstoff produziert, aber nicht eingesetzt. Der Einsatz von Giftgas bei bewaffneten Konflikten gilt nach allen internationalen Konventionen als Kriegsverbrechen.
Das Institut für Strategische Studien in London geht davon aus, dass Syrien seit den 1970er Jahren große Mengen Chemiewaffen produziert hat, darunter auch Sarin. Sein Arsenal gilt als das größte der Region und das viertgrößte weltweit. Sicherheitsexperten befürchten, dass das Giftgas von dort in die Hände von Terroristen gelangen könnte.
Bereits 1995 war Sarin bei einem Anschlag eingesetzt worden. Die Aum-Sekte tötete damals mit dem Gas in Tokios U-Bahn zwölf Menschen, Tausende wurden verletzt.
"Wir können nicht die Augen davor verschließen, was in Damaskus passiert ist", sagte Obama. Er habe nun den Kongress gebeten, der Welt zu zeigen, dass die USA bereit seien, gemeinsam als eine Nation zu handeln. Er ermahnte die Abgeordneten, die Folgen ihrer Entscheidung gut zu bedenken. "Meine Frage an jedes einzelne Mitglied des Kongresses und jedes Mitglied der Weltgemeinschaft lautet: Welche Botschaft werden wir aussenden, wenn ein Diktator ganz offen Hunderte Kinder zu Tode vergasen kann und nicht dafür zur Rechenschaft gezogen wird?" Es stehe aber auch die nationale Sicherheit der USA und Verbündeter wie etwa Israel auf dem Spiel. Die US-Streitkräfte stünden jederzeit für einen Angriff bereit.
Der britische Premierminister David Cameron, der erst vor wenigen Tagen nach einer Abstimmungsniederlage im Parlament von Plänen für eine Beteiligung an einem Militärschlag abrückte, begrüßte die Entscheidung Obamas. Der französische Präsident Francois Hollande bekräftigte in einem Telefonat mit Obama seine Entschlossenheit Maßnahmen gegen Assad mitzutragen. Der einflussreiche republikanischer Senator John McCain sprach sich allerdings gegen isolierte Militärschläge ohne eine weitergehende Strategie zum Sturz von Assad und einem Ende des Bürgerkriegs aus.