Erster Öl-Export der USA seit 40 Jahren Amerikas neue Freiheit

Der Irak versinkt im Krieg, die Ölproduktion gerät ins Stocken. Die größten Umwälzungen auf dem Ölmarkt finden jedoch 10000 Kilometer weiter westlich statt: in den USA.

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Die wichtigsten Export- und Importländer von Erdöl
Nigerianische Arbeiter an einer Öl-Leitung Quelle: dpa
Rang 5: Vereinigte Arabische EmirateExport: 120,6 Millionen Tonnen Anteil an Gesamtexporten: 5,8 Prozent Quelle: AP
Rang 4: IrakExport: 120,7 Millionen Tonnen Anteil an den Gesamtexporten: 5,8 Prozent Quelle: dapd
Rang 3: KanadaExport: 128,0 Millionen Tonnen Anteil am Gesamtexport: 6,1 Prozent Quelle: REUTERS
Rang 2: RusslandExport: 239,4 Millionen Tonnen Anteil an Gesamtexporten: 11,4 Prozent Quelle: dpa
Rang 1: Saudi-ArabienExport: 375,5 Millionen Tonnen Anteil am Gesamtexport: 17,9 Prozent Quelle: dpa
Die größten ÖlimporteureRang 6: DeutschlandImport: 93,4 Millionen Tonnen Anteil an den globalen Importen: 4,3 Prozent Quelle: dpa

Besorgt blicken in diesen Tagen Energieexperten auf den Irak und Syrien, wo die Terrorgruppe ISIS ein Ölfeld nach dem anderem unter ihre Kontrolle bringt. Durch das Chaos, das die islamistischen Krieger verbreiten, könnte das irakische Öl über Jahre nicht den Weg auf den Weltmarkt finden – der Ölpreis könnte, so befürchten die Experten, spürbar steigen.

Über 10.000 Kilometer entfernt von den irakischen Turbulenzen spielt sich eine ganz andere, eine viel größere Umwälzung am Öl-Markt ab: Die USA produziert heute bereits über 11 Millionen Barrel Öl pro Tag und liegt fast gleich auf mit Top-Produzent Saudi-Arabien. Russland rangiert hinter Saudi-Arabien und den USA mit gut 10 Millionen Barrel auf Platz drei. Der Irak erreicht derzeit nicht einmal ein Drittel der US-Produktion.

Fracking-Boom in den USA

Während jedoch in Saudi-Arabien die Öl-Vorräte zur Neige gehen, wird in den USA mit dem weltweit stärksten Förderanstieg gerechnet. In nur drei Jahren verdreifachte sich die Öl-Menge, die in den USA aus Wüstenböden, aus arktischem Permafrostboden und vom Meeresgrund gepumpt wird. In diesem Tempo soll  es weitergehen: Schon 2015 wird die USA laut einer Studie der Internationalen Energie-Agentur Saudi-Arabien als größten Öl-Produzenten der Welt ablösen.

Fakten zum Terror im Irak

Möglich macht das Wachstum eine neue Fördertechnik. Wie bei der Förderung von Gas kann auch Öl durch das unterirdische Aufbrechen von Gestein (Fracking) gewonnen werden. Das Verfahren macht Öl verfügbar, das früher als unerreichbar galt. Die fünf ölreichsten US-Bundesstaaten sind Texas, North Dakota, Alaska, Kalifornien und New Mexiko. Als eigenständiges Land wäre Texas der sechstgrößte Ölproduzent der Welt. Das zweitplatzierte North Dakota ist der Inbegriff des Fracking-Booms: In den vergangenen zehn Jahren verzehnfachte sich dort die Öl-Produktion.

Durch den starken Anstieg der Ölproduktion kann sich die USA wieder etwas erlauben, was jahrzehntelang lang verboten war: Öl zu exportieren. In den 70er-Jahren hat die US-Regierung den Export von heimischem Öl verboten, um die Abhängigkeit der USA von ausländischem Öl zu verringern. In der vergangenen Woche begann mit dem ersten Ölexport seit 40 Jahren womöglich ein neues Kapitel für die US-Öl-Industrie. In Texas machte sich der Öltanker „BW Zambesi“ mit Öl im Wert von 40 Millionen Dollar auf den Weg nach Südkorea.

Nebenwirkungen sind weiterhin unklar

Das generelle Exportverbot ist zwar immer noch in Kraft. Doch dieses Verbot gilt nur für Rohöl. Die exportierende Ölfirma aus Texas fand einen Weg, den Export mit bearbeitetem Öl durchzuführen. Andere Ölfirmen könnten nachziehen und mit ähnlichen Tricks das Exportverbot umgehen.

Die geostrategischen Auswirkungen der neuen Lage am Ölmarkt sind immens. Durch die stark steigende eigene Öl- und Gasproduktion, durch die zusätzliche Erzeugung erneuerbarer Energie und Energiesparmaßnahmen könnte die USA in 15 Jahren unabhängig von Energieexporten sein. Das Land wäre dann nicht mehr darauf angewiesen, sich mit tendenziell amerikafeindlichen Öllieferanten wie Russland, Venezuela oder Iran gutzustellen. Die USA könnte diese Länder durch ihre Energieexporte sogar schwächen.

Allerdings muss Amerika für die neue Freiheit womöglich einen hohen Preis bezahlen. Laut eines neuen Gutachtens des Umweltbundesamtes ist Fracking aufgrund der eingesetzten Chemikalien mit großen Risiken für die Umwelt und die Gesundheit von Anwohnern verbunden. Bis Klarheit über die tatsächlichen Auswirkungen besteht sollte laut Umweltbundesamt auf Fracking in Deutschland verzichtet werden.

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